Kampf der Kulturen
Samuel P. Huntingtons Paradigma vom Kampf der Kulturen, bzw. genauer Zusammenprall
der Zivilisationen/Kulturkreise ("Clash of Cultures") postuliert,
dass sich Konflikte weltweit in Zukunft zwischen großen Kulturbereichen
(bzw. Religionsblöcken) statt zwischen politischen Lagern abspielen werden;
er sieht eine westliche
Kernkultur,
die durch Individualismus, Pluralismus, Christentum und Rechtsstaatlichkeit
charakterisiert ist. Diese Kernkultur ist nach dem Ende des Ost-West-Gegensatzes
durch die Kulturen/Zivilisationen des Ostens (vor allem der Muslime) gefährdet.
Huntington argumentiert: "Für Menschen, die ihre Identität suchen
und ihre Ethnizität neu erfinden, sind Feinde unabdingbar, und die potentiell
gefährlichsten Feindschaften begegnen uns an den Bruchlinien zwischen den
großen Kulturen der Welt" (
Huntington
2002: 18).
Kultur definiert Huntington als "die Gesamtheit der Werte, Einstellungen,
Glaubensüberzeugungen, Orientierungen und Grundvoraussetzungen, die Menschen
in einer Gesellschaft prägen." Er ist damit auch in Entwicklungskreisen
der einflussreichste Promoter der essentialistisch argumentierenden Entwicklungstheoretiker,
die
"Kultur
als potentielles Entwicklungshemmnis" verstehen. Nach 2000 wendet
sich Huntington weg vom Feindbild Islam und hin zur hispanischen Herausforderung
und damit den Fragen der Integration von ethnischen Minderheiten in den USA,
in deren kultureller Rückständigkeit er ein wachsendes
Problem sieht (
Huntington
2004).
Kulturalismus;
Kulturkreis
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Kapital, kulturelles
Kulturelles Kapital ist salopp gesprochen der durch Kulturkenntnis und
Kulturkompetenz
erworbene Teil sozialer Macht, und damit ein wichtiger Schmierstoff sozialer
Netzwerke. Der Soziologe Bourdieu unterscheidet grundlegend drei Formen kulturellen
Kapitals:
1. Unter objektiviertem kulturellem Kapital fasst Bourdieu alle
Kulturgegenstände (Bilder, Bücher, Skulpturen, usw.) zusammen.
2. Institutionalisiertes kulturelles Kapital bezeichnet die vom
Individuum erworbenen Bildungszertifikate oder Titel.
3. Unter inkorporiertem kulturellem Kapital werden alle Denk- und Handlungsschemata,
alle Wertorientierungen sowie sämtliche durch Sozialisation erworbenen
Verhaltensmerkmale verstanden.
Habitus;
Sozialkapital
(vgl.
Wikipedia
2004:
Internetquelle
und
Bourdieu
1993).
Gerade in Zeiten der Globalisierung wird das Ansammeln von kulturellem Kapital,
und damit die Etablierung einer eigenen kulturellen Identität über
transnationale Grenzen hinweg, wichtig, um als strategische Gruppe im globalisierten
Markt erfolgreich zu agieren. Dies kann entlang ethno-kultureller Zugehörigkeit
erfolgen (z. B. das Netz der Auslandschinesen), aber auch entlang religiöser
transnationaler Gruppen (z. B. Pfingstkirchen).
Transnationalisierung
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Kernkultur
Der Begriff der Kernkultur (core culture) geht zurück auf eine
Unterscheidung zwischen Kernkultur und kultureller Stil,
die die Sozialwissenschaftler Kroeber und Parsons 1958 vorgenommen haben. Während
die Kernkultur die lang dauernde kulturelle Struktur einer Gesellschaft erfasst,
bestimmt der kulturelle Stil die nicht essentiellen Bereiche und damit die Handlungsspielräume
einer Gesellschaft. Kultur bestimmen Kroeber und Parsons als "transmitted
and created content and patterns of values, ideas and other symbolic meaningful
systems" (
1958:
583). In der sozialwissenschaftlichen Diskussion schon seit den 1960er Jahren
als zu essentialistisch, statisch, zu einseitig wertebezogen und evolutionistisch
diskreditiert, wurde das Konzept vom Ethnologen Müller aus Zürich
in den 1990er Jahren zur Beschreibung des kulturellen Erbes bzw. des kulturellen
"Entwicklungsstandes" von Entwicklungsländern wieder aufgenommen
(vgl.
Müller
1996;
Kulturindikatoren).
Müller und Kolleginnen haben dieses Konzept im Rahmen einer Beratungsstudie
für das
Soziokulturelle
Faktoren-Konzept des BMZ entwickelt. Es kam aber in der Praxis nie zur
Anwendung (
Müller
et al. 1991).
Im Jahr 2002 wurde das Kernkulturkonzept von der Ethnosoziologin Verena Tobler-
Linder im Anschluss an die deutsche
Leitkultur-Debatte
in der Schweizer entwicklungspolitischen Öffentlichkeit lanciert. Kernkultur
beschreibe, welche Teilmenge an kollektiven Codes wie Fähigkeiten, Werte
und Regeln auf die Erfüllung menschlicher Grundbedürfnisse zielen
und deshalb als verbindlich gelten (sie nennt als kollektiv zu erfüllende
Kernaufgaben z. B. Produktion und Kooperation, Verteilung und Solidarität,
Schutz und Sicherheit), welche anderen hingegen beliebig sind (
Linder
2002). Andere Autoren halten diesem strukturellen und mit statischen Kollektivbegriffen
verbundenen Kulturbegriff einen akteurs- und handlungsorientierten Kulturbegriff
entgegen (vgl.
Sutter
2002).
Auch die Organisationswissenschaft benutzt den Begriff der Kernkultur in leicht
veränderter Form im Rahmen der Organisationskulturdebatte. Sie unterscheidet
kulturelle
Prägungen primärer Art (ethnische Herkunft, Nationalität,
Religion, Schichtzugehörigkeit ... = cultural blueprints) und
sekundärer Art (funktionale Gruppen, Hierarchieebenen =
Subkulturen).
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KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau)
Die Kreditanstalt hat in den letzten Jahren in verschiedenen Papieren zu frauenrelevanten
Fragestellungen, zu soziokulturellen Fragestellungen und zur Zielgruppenanalyse
die Vorgaben des
Soziokulturellen
Schlüsselfaktorenkonzepts des BMZ eingearbeitet. 2003 wurden diese
Arbeitshilfen in einer praxisnah gestalteten Arbeitshilfe Zielgruppenanalyse
(ZGA) zusammengeführt und durch dieses ersetzt. Die Arbeitshilfe stellt
Basiswissen zur ZGA zur Verfügung und legt Mindeststandards vor, die bei
allen FZ-Vorhaben sowie projektübergreifenden Aufgaben zu berücksichtigen
sind. In ihnen sind die Schlüsselfaktoren eingearbeitet (vgl.
Bliss/König
2003;
Internetquelle).
Inwieweit sich diese Operationalisierung in der Praxis bewährt, bleibt
abzuwarten.
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Kommunikation, interkulturelle
Interkulturelle Kommunikation geschieht, wenn im interkulturellen Umgang miteinander
kommuniziert wird. Die überzeugendste Faustregel, die der Autor bisher
als Voraussetzung für gelingende interkulturelle Kommunikation finden konnte,
heißt: "Expect the Unexpected. Be quick to observe but slow to judge"
(
Draganis
2004: 17).
Dialog,
interkultureller;
Interkulturalität;
Training,
interkulturelles
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Kommunikationsstil
In der Kommunikationsforschung wird zwischen einem expliziten (d. h. eher nicht
vom Kulturwissen abhängigen unzweideutigen, klaren) direkten Kommunikationsstil
auf der einen Seite und einem impliziten (d. h. eher ein gemeinsames Kulturverständnis
voraussetzenden, Mit-Gemeintes oder Nicht- Gesagtes
beinhaltenden) indirekten Kommunikationsstil auf der anderen Seite unterschieden.
Zwar gilt dies in erster Linie für die Kommunikation von Individuen, jedoch
werden die unterschiedlichen Kommunikationsstile von etlichen Kulturforschern
(Hofstede, Alexander Thomas,
Kulturdimensionen;
Kulturstandards)
auch auf ganze sog. Nationalkulturen übertragen.
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Kompatibilität (soziokulturelle)
Einer der drei
soziokulturellen
Schlüsselfaktoren des BMZ-Konzepts aus den 1990ern. Löste
den Begriff Entwicklungsstand wegen dessen eindeutigen Bezugs zu
veralteten Vorstellungen einer nachholenden Entwicklung ab (vgl.
Bliss
et al. 1997). Kompatibilität bezieht sich auf die organisatorischen,
technischen, normativen und wissensmäßigen Aspekte des soziokulturellen
Systems. Ausgangspunkt für Kompatibilität sind die Wünsche und
Möglichkeiten der Zielgruppe und damit vereinbare externe Lösungsvorschläge.
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Kompetenz, interkulturelle
Kompetenz allgemein ist "eine Disposition, die Personen befähigt,
bestimmte Arten von Problemen erfolgreich zu lösen, also konkrete Anforderungssituationen
eines bestimmten Typs zu bewältigen" (
BMBF
2003: 72;
Internetquelle).
Der Begriff der "interkulturellen Kompetenz" wird seit Jahrzehnten
mit den unterschiedlichsten Terminologien verbunden. Er umfasst im Englischen
Konzepte wie intercultural competence, cross-cultural competence,
international competence, seit einigen Jahren auch global
competence, oder global citizenship. Je nach Schwerpunktsetzung
auf Kommunikations- oder Handlungsaspekte, werden mehr die kommunikativen und
kognitiven (z. B.
Gudykunst
1994) oder die interaktiven Komponenten (z. B.
Hinz-Rommel
1994) interkultureller Kompetenz betont. Eine Person zeigt nach einer gängigen
Definition dann interkulturelle Kompetenz, wenn sie in der Lage ist, in der
interkulturellen Begegnung angemessen Kontakt aufzunehmen, die Rahmenbedingungen
für eine für beide Seiten befriedigende Verständigung auszuhandeln
und sich mit dem Betreffenden effektiv auszutauschen. Zur interkulturellen Kompetenz
gehört also das konkrete (kulturspezifische) Wissen über andere, aber
auch Bewusstsein für die eigene Kultur und deren Relativität sowie
die grundsätzliche Wertschätzung der Werte, Anschauungen und Verhaltensweisen
des Gegenübers (vgl.
Deardorff
2004;
Internetquelle).
Sie ist das Resultat eines Lern- und Entwicklungsprozesses, der auf mehreren
Ebenen relevant wird:
1. Kenntnisse (knowledge),
2. Verhaltensweisen (skills),
3. Bewusstheit (awareness),
4. Einstellungen (attitudes),
5. fremdsprachliche Kompetenzen (language proficiency).
Lernerfolge auf allen fünf Ebenen sollen, zusammengenommen, zu effektiver
und angemessener interkultureller Interaktion führen. In den externen Kriterien
"Effektivität" (bezeichnet das Erreichen der Interaktionsziele
des Akteurs) und "Angemessenheit" (bezeichnet die Achtung der Ziele
des Gegenübers sowie dessen soziokulturelle Normen) soll auch der Schlüssel
für die Messbarkeit von interkultureller Kompetenz liegen (vgl.
Müller/Gelbrich
2001: 247 f.). Am einfachsten ist die Indikatorenbildung noch für "language
proficiency". Auch Indikatoren auf der Ebene "knowledge" und
"skills" scheinen noch ableitbar. Für "awareness" und
"attitudes" gibt es bis heute keine validen Operationalisierungen.
Dowd et al. 1999 fügen ihren fünf praxisbezogenen Strategien für
den interkulturellen Umgang in Geschäftssituationen (1. self assessment;
2. practicing flexibility; 3. developing tolerance to differences; 4. accepting
differences with creativity and style; 5. meeting personal needs) noch eine
sechste sonst in keiner anderen Zusammenstellung zu findende hinzu: "using
humor to cope with cultural differences" (vgl. Dowd et al. 1999: 26 f.;
cit. in
Zülch
2004: 18).
Auch für die EZ ist interkulturelle Kompetenz ein zentrales Thema. So sagt
die DSE 1999: "Entwicklungszusammenarbeit findet nicht in einem sozialen
Vakuum statt: Vielmehr ist Beratung, Verhandlungsführung oder Know-how-Transfer
immer eine Begegnung von Menschen, deren Denken und Verhalten kulturellen Mustern
folgt. Interkulturelle Handlungskompetenz ist ein Schlüsselfaktor zu nachhaltigem
Projekterfolg" (
Internetquelle).
Interkulturell kompetente Personen in der internationalen Zusammenarbeit sollen
fähig sein, die beteiligten Kulturen so zu verstehen, dass sich eine für
alle Beteiligten zufrieden stellende und angenehme Zusammenarbeit entwickeln
kann, damit die vorhandene Diversität (
Vielfalt,
kulturelle) optimal für die Erreichung gemeinsamer Ziele genutzt
werden kann. Dabei wird vorausgesetzt, dass Wissen, soziale und kulturelle Sensibilität
(
Kultursensibilität)
sowie ein erweitertes Handlungsrepertoire in drei Zielkontexten umgesetzt werden
können: der eigenen Kultur, der oder den spezifischen Partnerkulturen und
im interkulturellen Feld, also dort, wo, wie z. B. in internationalen Teams,
keine vorgegebenen Standards per se dominieren und es um das Aushandeln angemessener
und effizienter gemeinsamer Orientierungen geht (nach
Dahlen
1997; vgl.
Hüsken
2003).
Strittig ist die Frage, ob interkulturelle Kompetenz nur in Bezug auf bestimmte
Kulturen erreichbar, also kulturspezifisch ist, oder als allgemeine Fähigkeit
("cultural awareness") erlernt werden kann. Dies hat z. B. Auswirkungen
auf die Form und Ausgestaltung
interkultureller
Trainings. Darüber hinaus besetzen die unterschiedlichen Disziplinen,
die sich mit Interkultureller Kompetenz befassen (vor allem Psychologie, Erziehungswissenschaften,
Politologie, Soziolinguistik, Ethnologie; Wirtschaftswissenschaften) den Begriff
mit jeweils eigenen, teilweise sich ausschließenden Konnotationen, und
haben zudem nur wenig interdisziplinäre Schnittstellen. Es gibt bis heute
keine Einigkeit in der Identifikation spezifischer Komponenten des Konzepts
und kaum Methoden zur Darstellung oder "Messung"
interkultureller Kompetenz (vgl.
Deardorff
2004;
Internetquelle;
Baumer 2004
für einen möglichen Ansatz zur Messung).
Der Linguist und interkulturelle Kompetenzforscher Michael Byram fasste die
Definition von interkultureller Kompetenz in den einfachen Satz: "See yourself
as others see you, respond to them in the light of that, and interact with them
in the light of that" (vgl.
Byram
2003).
Dialog,
interkultureller
Faktoren, Strukturdimensionen und Außenkriterien, die
interkulturelle Trainings beeinflussen (Zülch
2004: 23).
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Konditionalisierung der EZ (die 5 Kriterien
des BMZ)
"Die [deutsche] Bundesregierung, genauer BMZ-Minister Carl-Dieter Spranger,
stellte im Oktober 1991 fünf Kriterien für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit
mit den Entwicklungsländern vor. Die Kriterien sind: Beachtung der
Menschenrechte;
Beteiligung der Bevölkerung an politischen Entscheidungen; Rechtsstaatlichkeit
und Rechtssicherheit; marktwirtschaftlich orientierte und soziale Wirtschaftsordnung;
Entwicklungsorientierung staatlichen Handelns. Die Vergabekriterien, die keine
starren Messgrößen bilden, dienen laut der deutschen Bundesregierung
vor allem der Entscheidungsfindung, ob und in welchem Umfang, mit welchen Instrumenten
und in welchen Bereichen mit einem Land zusammengearbeitet werden soll. Damit
wurde die Bedeutung positiver Rahmenbedingungen in den Entwicklungsländern
als Voraussetzung für den Erfolg von Entwicklungshilfe anerkannt. (...)
Diese Kriterien, die aus Beschlüssen des Deutschen Bundestages seit 1982,
aus einem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim BMZ aus dem Jahre 1990
sowie der internationalen Diskussion und internationalen Vereinbarungen schöpfen
und insbesondere das Ende des Ost-West-Konflikts widerspiegeln, haben in Deutschland
und OECD-Ländern weitgehend Zustimmung gefunden. (...)
Einige Entwicklungsländer, wie z. B. Malaysia, kritisieren grundsätzlich
jede Konditionalisierung der Entwicklungshilfe (vor allem Verknüpfung der
Gewährung von öffentlicher Entwicklungshilfe (ODA) an die Beachtung
der
Menschenrechte)
als eine unzulässige Einmischung in die inneren Angelegenheiten" (
Holtz/Karsten
2003: 34;
Internetquelle).
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Konflikte
Konflikte sind "eine spezifische Form von sozialen Beziehungen" (
Görlitz
1972: 194), zwischen Individuen, Gruppen, Organisationen und Staaten. Sie
entstehen, sobald Interessengegensätze von mindestens einer der beteiligten
Parteien als nicht mehr hinnehmbar wahrgenommen werden.
Die Konfliktthematik ist in der EZ eines der Themen, in denen eine kulturelle
Perspektive in Zukunft eine immer größere Rolle spielen wird. Dabei
geht es nicht um ethnische Konflikte oder Stammeskriege.
Die ethnische Karte wird in machtpolitisch und wirtschaftlich motivierten Konflikten
zur Mobilisierung von Gefolgs- und Gewaltbereitschaft als Joker eingesetzt.
Sie ist aber kein Beleg für eine Ursprünglichkeit oder Unwandelbarkeit
unvereinbarer oder gar unversöhnlicher Gruppenidentitäten. Konflikte
entstehen zwar aus Interessengegensätzen. Wann jedoch ein Interessengegensatz
als Konflikt wahrgenommen, wie der Konflikt interpretiert wird und welche legitimen
Handlungsoptionen den Konfliktparteien zur Verfügung stehen, das hängt
auch mit kulturspezifischen Zielen, Werten, Normen, Idealen und Sozialisationspraktiken
zusammen (vgl.
Antweiler
2003b).
Einer kulturellen Perspektive auf Konflikt geht es darum, die Konstanten wie
die kulturell-historisch bedingten Variationen der Entstehung und Regelung menschlicher
Konflikte sichtbar und erklärbar zu machen, ohne dabei die strukturellen
Ursachen wie z. B. Gewaltmärkte, Staatszerfall oder globale Abhängigkeiten
aus den Augen zu verlieren (vgl.
Elwert
2003).
Auf der Beratungsebene der EZ liegt ein möglicher Beitrag in der Untersuchung
nicht-intendierter Wirkungsweisen von Interventionen, wie z. B. die unfreiwillige
Unterstützung von Kontroll- und Unterdrückungsstrukturen, oder die
Verstärkung ethnischer Disparitäten. Dazu ist eine genaue Kenntnis
der Konfliktarenen nötig, aber auch die Identifikation von Friedensinteressen
und relevanter Friedensakteure (vgl.
Heinrich
1998). Der Beitrag einer kulturellen Forschungs- und Beratungsperspektive
auf die EZ-Praxis ist in einem 2003 erschienenen Sammelband zur Thematik ausführlich
dargestellt (vgl.
Kievelitz/Poeschke
2003).
Konflikte
ethnische;
Konflikte,
ethnisierte;
Projektarena
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Konflikte, ethnische
Ethnische Konflikte werden als Auseinandersetzungen auf subnationaler Ebene
gesehen, bei denen mindestens eine Konfliktpartei sich durch einen
Mythos
gemeinsamer Ahnenschaft ("myth of collective ancestry", Horowitz)
definiert (
Antweiler
2003b).
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Konflikte, ethnisierte
Nach Antweiler (
2003b)
sind ethnisierte Konflikte eigentlich politische, soziale oder ökonomische
Konflikte, die von politischen Eliten bzw. mächtigen strategischen Interessengruppen
in unsicheren politischen Situationen ethnisch umgedeutet und als Karte im Machtpoker
benutzt werden, um Ressourcen bzw. Gefolgschaft zu binden. In der Hand von herrschenden
Eliten werden sie Teil einer ethnonationalistischen Politik. Konflikte werden,
besonders wenn sie außerhalb Europas sind, gern als ethnische Konflikte
etikettiert und mit Irrationalität bzw. Stammesdenken assoziiert.
Sie erscheinen so als besonders gewaltsam und damit besonders abstoßend
oder illegitim (vgl.
Wimmer
& Schetter 2002). Viele Konflikte werden auch von interessierten Dritten
im Westen (Medien, Politikern) als ethnisch bedingt bezeichnet, obwohl sie ganz
andere Ursachen haben (z. B. Ruandakonflikt in den 1990ern, Darfur heute).
Schon ab Mitte der 1970er Jahre wurden in den USA ethnische Unterschiede als
Konfliktursache gesehen (sog. ethnic revival bzw. new ethnicity).
Mit Beginn der 1990er Jahre stieg Ethnizität zur beherrschenden Interpretationsformel
für Konflikte auf. Ethnische Konflikte gelten nun als Inbegriff der neuen
ungeordneten Welt, der Fragmentierung als Komplement der Globalisierung. Statistiken
weisen aus, dass 2/3 bis 3/4 der weltweit zwischen 1985 und 1992 geführten
Kriege eine überwiegend ethnonationale Komponente haben (vgl.
Scherrer
1994,
Menzel
1998: 45,
Gurr
2000,
Schmidt
2001: 12 f.). Dies bedeutet besonders in der (ehemaligen) Zweiten und sog.
Dritten Welt eine Krise der Nationalstaaten, in der um die Frage gekämpft
wird, welchem Volk der Staat gehören soll (vgl.
Nagengast
1994,
Wimmer
1995: 466).
Nach Antweiler vernachlässigt die Konzentration der Medien und der Politik,
auch der Entwicklungszusammenarbeit, auf Nationalstaaten, dass es ein breiteres
Spektrum möglicher Konfliktparteien gibt, seien diese politische oder kulturelle
Einheiten. Grob lassen sich unterscheiden (a) Konflikte zwischen einzelnen Personen,
(b) Konflikte zwischen Sub-Gruppen innerhalb von Gesellschaften oder Staaten
und (c) Konflikte zwischen Gesellschaften oder Staaten. Im Unterschied zu den
Massenmedien unterscheiden einige engagierte Organisationen immerhin Machtkonflikte,
Territorialkonflikte, Minderheitenkonflikte und separatistische
Konflikte (z. B.
Ärzte
ohne Grenzen 1995: 167, 172 f.). Aber auch diese differenziertere Sicht
unterstellt vorschnell klare Fronten und eindeutige Ursachen. (vgl.
Antweiler
2003b: 2673). Der Anthropologe Johan Pottier zeigt in einer faszinierenden
Studie, wie Information und Desinformation im Ruandakonflikt Hand in Hand gingen,
und wie die daraus entstandenen Täter-Opferbilder von Konfliktparteien
und Hilfsorganisationen für ihre Zwecke instrumentalisiert wurden (
Pottier
2002).
Ethnizität;
Ethnisierung;
ethnische Konflikte
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Kontakthypothese
"Die Kontakthypothese als umstrittenes Instrument der Austauschforschung
besagt, dass die Interaktion zwischen Angehörigen zweier Kulturen zu vermehrten
und differenzierten Kenntnissen über die jeweils andere Kultur führt.
Dies erhöht die erlebte Ähnlichkeit und intensiviert Gefühle
gegenseitiger Sympathie, die wiederum den Abbau bestehender Vorurteile ermöglichen"
(
Wille 2003;
Internetquelle).
Empirische Untersuchungen zeigen allerdings, dass dieser Vorurteilsabbau an
ganz bestimmte Bedingungen gekoppelt ist. Sind diese nicht vorhanden, kann ein
Intergruppenkontakt auch zur Verstärkung und Festigung von Vorurteilen
führen (vgl.
Wille
2003; Kontakthypothese;
Internetquelle).
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Konvergenz, (kulturelle)
Divergenz
vs. Konvergenz
zum
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Kosmovision
Cosmovisión ist im lateinamerikanischen Kontext ein gebräuchlicher
Begriff für
Weltanschauung,
die auch religiöse, gesellschaftliche und ökologische Aspekte mit
einschließt und die kleinsten wie die größten Dinge auf einer
materiellen, gedanklichen wie spirituellen Ebene miteinander verknüpft.
Der Begriff geht auf das Welterklärungskonzept der Maya zurück.
Weltbild
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Kreolisierung
Inhalte und Formen einer Fremdkultur werden in Teilen angenommen und an die
lokalen Gegebenheiten angepasst. Die dabei entstehende Kreolkultur gleicht weder
der alten Lokalkultur noch der Fremdkultur, sondern formt eine eigene Kultur.
Wurde dieses Phänomen früher vor allem für sprachliche Mischungsphänomene
mit den westlichen Kolonialsprachen beschrieben (
Kreolsprachen:
z. B. Afrikaans, Pidginsprachen), wird das Phänomen seit Ende des 2. Weltkriegs
im Rahmen von Verwestlichung und Globalisierung zunehmend als gesamtkulturelles
Phänomen interpretiert. Der Übergang zu Lebensstilkategorien bzw.
soziokulturellen
Milieus
ist dabei fließend.
Breidenbach/Zukrigl erläutern dazu 2002: "Im Globalisierungsprozess
entstehen unendlich viele neue Kulturformen und Lebensweisen. Durch die weltweite
Verfügbarkeit bestimmter Waren und Ideen verändern sich lokale Kulturen
und gehen ungewohnte Kombinationen miteinander ein. Die Grenzen zwischen dem
Eigenen und dem Fremden verwischen sich. Diese Kulturmelange lässt sich
an Individuen beobachten, kennzeichnet zunehmend aber auch ganze Gesellschaften.
Tiger Woods, der Shootingstar des internationalen Golfsports [in den 1990ern],
bezeichnet sich selbst als Cablinasian, um auf seine kaukasischen,
schwarzen, indianischen und asiatischen Vorfahren hinzuweisen. (...)
Auch in Deutschland werden in wenigen Jahren 40 bis 50 Prozent aller Kinder
und Jugendlichen in den Großstädten aus Zuwandererfamilien kommen,
und heute schon entstammt jedes neunte Neugeborene einer interkulturellen Partnerschaft.
Die neu entstehenden Gemeinschaften, wie die der Latinos oder der Afro-Deutschen,
verändern das Deutsche auf unspektakuläre, aber nachhaltige Weise.
(...)
Teile der
Kulturindustrie
(z. B. im Bereich [Ethno-]Literatur oder [Ethno-]Musik) haben sich auf diese
Kreolisierung eingestellt und leben von den neuen Mischungen. Mit ihren Schilderungen
kreolisierter Lebenswelten gewinnen Michael Ondaatje oder Salman Rushdie renommierte
Literaturpreise, und immer mehr Musiker bedienen sich der Stile und Rhythmen
aus aller Welt. Die südafrikanische Kwaito-Musik, ein Amalgam aus Rap,
Hip-Hop und afrikanischem Pop, wird als Ausdruck des Lebensgefühls der
jungen Regenbogennation zelebriert, und Peter Gabriel oder das Kronos-Quartett
haben durch die afrikanische Einfärbung ihrer Musik Millionenbeträge
eingespielt" (
Breidenbach/Zukrigl
2002b;
Internetquelle).
Zusammen mit der Kreolisierung nach innen findet auch eine
Transnationalisierung
bestimmter Lebensformen und Lebensstile statt.
Glokalisierung
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Kreolsprachen
Kreolsprachen sind nach einer Wikipedia-Definition "Sprachen, die in einer
Sprachkontaktsituation von mehreren Sprachen entstanden sind, wobei oft ein
Großteil des Wortschatzes der neuen Sprache auf eine der beteiligten Kontaktsprachen
zurückgeht. Manche Kreolsprachen entwickeln sich im Laufe der Zeit aus
Pidgin-Sprachen. Der Unterschied zwischen einem Pidgin und einer Kreolsprache
besteht darin, dass letztere als Erstsprache (Muttersprache) erworben wird.
(...)
In den meisten Kreolsprachen, die während der Kolonialisierung durch Europäer
entstanden sind, basiert der Wortschatz auf dem Englischen, Französischen,
Portugiesischen oder dem Niederländischen. Der Ausbau einer Pidginsprache
zu einer Kreolsprache erfolgt oft durch die Kinder der Pidgin sprechenden Eltern.
Sie sind mittels ihrer inneren Universalgrammatik in der Lage, Regelmäßigkeiten
aufzuspüren bzw. zu erzeugen und damit eine neue Grammatik zu bilden. Der
Wortschatz wird dabei ebenfalls erweitert, besonders, wenn die ursprüngliche
Pidginsprache zu ihrer Muttersprache wird und bestimmte Begriffe fehlen. Kreolsprachen
können durch einen Prozess des Sprachausbaus zu modernen Standardsprachen
werden. Die Kreolistik erforscht die Entstehung und die Eigenschaften von Kreol
und Pidginsprachen" (
Wikipedia
2004: Kreolsprachen;
Internetquelle).
zum
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Kugelmodell der Kulturen
Der Begriff geht auf J. G. von Herder (1744-1803) zurück. Kennzeichnend
für seinen Kulturbegriff ist ein Kugelmodell der Kulturen:
"Jede Nation hat ihren Mittelpunkt der Glückseligkeit wie jede Kugel
ihren Schwerpunkt". Kultur erscheint hier im Sinne der Totalität einer
Lebensweise, in sich geschlossen und nach außen durch eindeutige Differenz
zu anderen Kollektiven gekennzeichnet (vgl.
Reckwitz
2001: 185). Im Prinzip gehen alle Ansätze, die
Kultur
als geschlossenes System betrachten, auf das Herdersche Kugelmodell
zurück.
zum
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Kultur
Kultur ist ein mehrdeutiger Begriff. Dem Wortsinn nach kontrastiert er mit dem
Naturbegriff: Natürlich vorgegeben ist z. B., dass der Mensch essen muss.
Wie er isst, kann er frei gestalten. Kultur in diesem Sinne meint das Produkt
solchen Gestaltens ("culture is not where you get things, but how you put
them together") und bezieht sich immer auf Gelerntes und Geschaffenes,
nie Biotisches (Kultur = die Gesamtheit der Ergebnisse menschlicher Innovationen,
Rudolph 1983).
Wenn von einzelnen Kulturen die Rede ist, sind damit Handlungs- und Denkweisen,
aber auch materielle Hervorbringungen gemeint, in denen bestimmte menschliche
Gemeinschaften übereinstimmen. Dabei bleibt der Grad der Übereinstimmung
bei Kulturdefinitionen immer offen (
Lang
1999).
Drei Kulturansätze lassen sich nach Wille (
2003;
Kultur;
Internetquelle)
grundsätzlich unterscheiden:
1. Materiale Ansätze orientieren sich an der Gesamtheit von
Artefakten
als hervorgebrachte sinnrepräsentierende Leistungen einer Gesellschaft.
2. Mentalistische Ansätze fassen Kultur konsequent immateriell auf. Im
Fokus stehen kollektiv geteilte Werte, Einstellungen und Normen, die als Handlungsund
Verhaltensursachen nicht unmittelbar beschrieben werden können.
3. Funktionalistische Ansätze rücken handlungstheoretische Aspekte
von Kultur in den Mittelpunkt. Kultur wird hier als Orientierungssystem verstanden,
das für die soziale Praxis einer Gesellschaft, Organisation oder (Berufs-)
Gruppe notwendig ist. Kultur in funktionalistischer Perspektive stellt ein Regelwerk
von Konventionen und Interaktionsmustern dar, das kollektiv geteilt wird und
an dem die Mitglieder einer Gruppe ihr alltagsweltliches Handeln unbewusst und
nicht hinterfragend ausrichten.
Die klassisch für eine Definition von Kulturen herangezogenen Bedingungen
(gemeinsamer Lebensraum, Kultur als stabil und von einer Generation an die nächste
weitergegeben; Kultur als von allen Gruppenmitgliedern gleichermaßen und
gemeinsam getragen) sind heute obsolet, auch wenn ihr noch alle gängigen
Definitionen von Weltbank bis UNESCO folgen (
Kultur
als abgeschlossenes System). Menschen werden heute als mehreren
Kulturfeldern
zugehörig angesehen, z. B. Nationalität, Organisation, Religion, Geschlecht,
Generation, Familie (multiple and often conflicting identities).
Mediale Vernetzung und globale Mobilität lassen Raumkonstanz schwinden.
Traditionelle Werte unterliegen einem immer rascheren Wandel. Kulturelle Randzonen
werden wichtiger als Kulturkerne oder -zentren.
Hybridität,
Transnationalisierung,
Transkulturalität,
erfinderischer Synkretismus, Flexibilität und Pragmatik (
Wimmer
1997) bilden die Grundformen des Prozesses, den wir heute Kultur nennen.
Dieses Verständnis von Kultur als work in progress (vgl.
Hannerz
1996) und
Kultur
als Fluxus stellt die Handlungskompetenz ihrer Produzenten und
Akteure in den Mittelpunkt. Diese verfügen über die Fähigkeit
zur individuellen Stellungnahme, Reflexion und Distanzierung gegenüber
kulturellen Bedeutungsmustern. Die damit verbundenen Phänomene gehören
zur globalen Herausforderung einer verwobenen Moderne (vgl.
Randeria
1999).
Eine solche Herangehensweise an Kultur impliziert nicht ein vorgegebenes Set
von verdinglichten, ursprünglich gegebenen, in nationale, religiöse
oder andere Wir-Gruppen eingebetteten Phänomenen, sondern ein dynamisches,
endogenes, umkämpftes und in die Zukunft gerichtetes Set von Konzepten,
Strategien und Prozessen, die mit ökonomischen und sozialen Verhaltenssets
interagieren (vgl.
Identität,
hybride). Die Offenheit der Kulturelemente für verschiedene Deutungen
machen sie v. a. in Umbruchssituationen zum Feld des Kampfes um Bedeutungen
(Kampf um kulturelle Hegemonie;
Gramsci
1967;
Macht).
Meinungsmacher, Intellektuelle, Machtträger bestimmen dann das Diskursfeld
Kultur (vgl.
Schiffauer
1999).
Die vier Kulturebenen. Quelle: IKO
2004; Internetquelle
Antweilers Einwand gegenüber einem postmodernen Kulturbegriff ist, dass
das Feiern der Wählbarkeit von Identität (vgl. Kritik am Begriff der
Hybridität) diese mit Rolle verwechsle. Identität sei nicht gleichbedeutend
mit Identifikation. Das Rollen-Set ist in nachmodernen Gesellschaften breiter
geworden, aber Identitäten werden nicht gewechselt wie Hemden.
Auch sind individuelle Zugehörigkeiten oft nicht freiwillig (vgl.
Eckert
1998: 274). Die postmoderne Sicht übersehe auch die langfristigen Wirkungen
des Lernens und der Sozialisation sowie die Tatsache, dass trotz weltweiter
Mobilität und Migration die meisten Menschen nach wie vor nicht als Global
Player durch die Welt jetten, sondern aus verschiedensten Gründen
einen starken Bezug zum (Herkunfts-)Raum haben (
Heimat).
Kulturen haben zwar eine heterogene Binnenstruktur und durchlässige Grenzen,
Pluralität hebt aber Grenzen nicht auf (
Antweiler
2003b).
Auch für Autoren wie Marshall Sahlins ist es fraglich, wie Gesellschaften
funktionieren könnten, wenn es keine sinnvolle Ordnung innerhalb der Differenzen
gibt. Die kulturelle Macht des Einbeziehens oder Umfassens
innerhalb einer immer wieder kohärent konstruierten kosmologischen Ordnung
stehe jeder Gesellschaft, historisch oder modern, zur Verfügung. Menschen
äußern sich innerhalb der dominanten kulturellen Ordnung, auch wenn
sie sich davon distanzieren: "Still, not all that was solid now melts into
air, as a certain postmodernist has prematurely supposed. There remain the distinctive
differences, the cultural differences" (Sahlins, cit. nach
Kreff
2002). Er betont damit eine Funktion von Kultur, die die Kultursoziologen
Schütz/Luckmann schon 1979 hervorhoben: Kultur als diejenige Lebenswelt,
die jemand als eigene definiert, weil sie Normalität und Plausibilität
bietet und soziales Routinehandeln ermöglicht (vgl.
Bolten
2001).
Für die entwicklungspolitische Diskussion ist die Unterscheidung zwischen
einem engen (auf Kunst und Geisteskultur bezogenen) und einem weiten (auf die
Lebenswelt bezogenen) Kulturbegriff hilfreich. Der enge Kulturbegriff steht
gesellschaftspolitisch im Zusammenhang mit der
Kulturpolitik.
Der weite Kulturbegriff bezieht sich auf die
Lebenswelt,
in der wir uns bewegen. Die EZ versucht dies zu reflektieren, wenn sie Kultur
im Entwicklungsprozess in erster Linie als vorgegebene Rahmenbedingung auffasst,
mit der in allen Entwicklungsaktivitäten gerechnet werden muss, nicht als
steuerbare Variable im Entwicklungsprozess. Dem
soziokulturellen
Rahmenkonzept des BMZ, das in das Partizipationskonzept von 1999 eingegangen
ist, liegt dieses Kulturverständnis zu Grunde. Dagegen steht eine instrumentelle
Sicht, die Kultur als steuerbare Variable im Entwicklungsprozess versteht.
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Kultur (eine Arbeitsdefinition für
den Entwicklungskontext)
Kultur allgemein bezieht sich auf das Produkt menschlichen Gestaltens und stellt
- im Gegensatz zum natürlich Vorgegebenen - die Gesamtheit der Ergebnisse
menschlicher Innovationen dar. Eine Kultur ist ein Sinn gebendes Orientierungssystem,
das für die soziale Praxis einer Gesellschaft, Organisation oder (Berufs-)
Gruppe ein kohärentes Regelwerk von Konventionen, Bedeutungs- und Interaktionsmustern
bereitstellt, an dem die Mitglieder ihr alltagsweltliches Handeln ausrichten
können. Sie definiert Normalität und Plausibilität, d.h. ein
Set von Verhaltenserwartungen, das den Mitgliedern vertraut ist und soziales
Routinehandeln ermöglicht. Kultur erlaubt einen gemeinsamen Entwurf vom
"Guten Leben", die eigene Verortung in der Welt (Cosmovision) und
damit eine gemeinsame
Heimats-
und
Identitätserfahrung.
Stabilisiert wird Kultur durch Normen und Werte begründende Institutionen;
greifbar wird sie in hervorgebrachten
Artefakten
und gelebten wie inszenierten Traditionen als Sinn repräsentierende Leistungen
dieser Kultur. Aus der Grenzbedingung des kulturell Selbstverständlichen
- der Frage also, was als zugehörig empfunden und was als kulturfremd definiert
wird - entsteht
kulturelle
Differenz.
Kulturmitglieder verfügen über die Fähigkeit zur individuellen
Stellungnahme, Reflexion und Distanzierung gegenüber diesem Orientierungssystem.
Deshalb ist der Versuch, kulturelle Kohärenz herzustellen, ein Prozess,
der unter den Beteiligten immer wieder neu verhandelt und von außen beeinflusst
wird. Die prinzipielle Offenheit der Kulturelemente für verschiedene Deutungen
macht sie in Umbruchssituationen zum Feld des Kampfes um Bedeutungen. Meinungsmacher,
Intellektuelle, Machtträger bestimmen dann das Diskursfeld Kultur.
Macht
Entwicklungszusammenarbeit vollzieht sich im Spannungsfeld zwischen differenten
Kulturentwürfen, in denen Kohärenz zwischen unterschiedlichen Vorstellungen
zu Weg und Ziel von Entwicklung zwischen den Partnern in einem dialogischen
Prozess erst hergestellt werden muss. Sie bewegt sich auch in einem Feld umkämpfter
Kulturentwürfe innerhalb von Gesellschaften, in die sie sich als Gesprächspartner
auf Augenhöhe einbringen kann. Im günstigsten Fall kann daraus ein
Kulturdialog entstehen, der auch zu einer produktiven Verunsicherung der eigenen,
selbstverständlichen Kulturentwürfe führt. In Frage gestellt
wird dieser Dialog durch den strukturell im Entwicklungskontext vorhandenen
Bias zwischen "Geber-" und "Nehmerkultur", in der im Zweifelsfall
die erstere den Diskurs und die Regeln für das Aushandeln festlegt (wer
zahlt, bestimmt).
Accountability;
Aushandlungsraum;
Dialog
auf Augenhöhe;
Differenz,
kulturelle;
Projektarena;
Schnittstellenanalyse.
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Kultur als abgeschlossenes System
("shared culture"; "bounded culture")
Das Modell der in sich abgeschlossenen Kultur (bounded culture;
Kulturcontainer) bezieht sich auf die klassische, ethnologische
Definition einer weitgehend homogen und statisch vorgestellten Kultur (
Kugelmodell
von Kultur). Die Abgrenzung einer Kultur von anderen Kulturen besteht
danach einerseits in der Lebensweise (z. B. Wohngebiet, Endogamie, Wirtschaft,
Religion etc.), andererseits im Bewusstsein (durch Ethnonyme, also Eigennamen,
und Symbole wie Kleidung). Es wird die interne Kohärenz betont, die sich
besonders in geteilten Normen, Werten und Gewohnheiten (shared culture)
zeigen soll.
Diese essentialistische Vorstellung homogener, geschlossener Kultur (
Kultur-Essentialismus)
prägt nicht nur weitgehend das herrschende Laienverständnis (dazu
gehören auch z. B. Auslandsentsandte; vgl.
Jammal
2003). Es war bis vor wenigen Jahren auch in der kulturvergleichenden Psychologie
und damit für zahlreiche interkulturelle Managementmodelle maßgebend
(z. B. Geert Hofstede oder Alexander Thomas;
Kulturstandards).
Dieser Diktion folgt auch die auf der Weltkonferenz für Kulturpolitik
Mondiacult
1982 geprägte Kulturdefinition, die im Kern bis heute gültig ist und
von vielen großen EZ-Organisationen so auch dem BMZ in seinem Partizipationskonzept
(
BMZ 1999b)
unverändert übernommenen wurde. Gegen die Annahme einer änderungsresistenten,
homogenen Kernkultur wurden in den letzten Jahren gewichtige Argumente ins Feld
geführt:
- die Grenzen und Unterschiede zwischen Kulturen sowie ihre Kohärenz
werden im Shared Culture-Modell überbetont, die Interaktion
zwischen Kulturen sowie die Grenzen der Stabilität dagegen vernachlässigt.
Dabei wird übersehen, dass wir täglich Grenzen überschreiten
und dass vermeintlich scharfe Grenzen de facto doch unscharf sind;
- die Konstruktion abgeschlossener Kulturkreise negiert auch die
intrakulturelle
Vielfalt,
Überschneidung
und binnenkulturelle Ausdifferenzierung im Zeichen weltweiter Wanderungsbewegungen
(
Diaspora);
- Kulturwandel würde tendenziell rassisierend verwendet, oder ganz
vernachlässigt. Auch Unordnung und Konflikt bleiben in diesem Modell
unberücksichtigt bzw. werden nur als Gefahr oder Bedrohung für
eine gesunde Kultur wahrgenommen;
- das Individuum werde nur als Epiphänomen seiner Kultur gesehen;
- die Betonung der Gruppenhaftigkeit und der persönlichen Face-to-face-Beziehungen
blendet die vorhandene Möglichkeit unpersönlicher Netzwerke aus.
Kultur;
Kultur
als Fluxus;
Kugelmodell
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Kultur als Fluxus
Der Kulturanthropologe Hannerz beschreibt 1990, was mit Kultur als Fluss (Fluxus)
im Rahmen globalisierter Austauschprozesse von Waren, Bedeutungen und Menschen
gemeint ist: "There is now a world culture, but we had better make sure
that we understand what this means. It is marked by an organization of diversity
rather than by a replication of uniformity. No total homogenization of systems
of meaning and expression has occured, nor does it appear likely that there
will be one anytime soon. But the world has become one network of social relationships,
and between its different regions there is a flow of meanings as well as of
people and goods" (
Hannerz
1990: 237).
Im "World Culture Report 2000" der UNESCO bildet das Verständnis
vom Entstehen und der Entwicklung von Kultur durch den ständigen kulturellen
Austausch den Ausgangspunkt der Untersuchung der gegenwärtigen kulturellen
Situation. Danach besteht"... die Welt nicht aus einem Mosaik der Kulturen,
sondern ist ein sich ständig wandelnder Fluss der Kulturen, dessen verschiedene
Strömungen sich dauerhaft mischen" (
Wagner
2002).
Für Vertreter einer institutionellen Wohlfahrtsökonomie wie den Nobelpreisträger
Amartya Sen hängt Entwicklung mit dem Abbau von Unfreiheiten zusammen,
die die Handlungs- und Lebensmöglichkeiten des Einzelnen einschränken.
Sen wendet sich gegen eine normative Ökonomik, die die Wohlfahrt zur alleinigen
Wertbasis macht. Stattdessen stellt er die Entfaltung individueller Fähigkeiten
("capabilities") in den Mittelpunkt gesellschaftlicher Entwicklung.
Er wendet sich auch gegen die simplifizierenden culture matters-Aussagen
Huntingtons, indem er zeigt, dass sich Gesellschaften mit ganz unterschiedlichem
kulturellem Hintergrund erfolgreich an die neuen Erfordernisse des Globalisierungsprozesses
angepasst haben.
Mit zunehmend ortsungebundenen ethnischen und kulturellen Prozessen befassen
sich Vertreter einer an translokalen und transnationalen Beziehungen (global
cultural flows) orientierten Kulturtheorie wie der Indoamerikaner Arjun
Appadurai. Seine Beiträge öffneten die ökonomischen Globalisierungstheorien
für weltweite Austauschprozesse sich ethnisch definierender Gruppen von
Ideologien und sozialen Bewegungen (z. B. die weltweit agierenden Pfingstkirchen
oder die Globalisierungskritiker von Attac), aber auch von Technologien und
global ausgestrahlten Medieninhalten (CNN, amerikanische Soaps).
Appadurai prägte für diese zunehmend ortsungebundenen, teils auch
nur imaginierten Identitäten den Begriff der Landschaften (idioscapes,
socioscapes, technoscapes, mediascapes,
ethnoscapes).
Orte, mit denen sich Menschen identifizieren, fallen dabei immer weniger mit
den aktuellen Lebensräumen zusammen. Lokalität realisiert sich zunehmend
in der Nachbarschaft (situated communities), die vor allem in Kontrast und in
Absetzung gegenüber anderen Nachbarschaften entsteht (vgl.
Appadurai
1996).
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Kultur als Interventionsfeld
von EZ
Dieser Ansatz sieht Kultur als steuerbare Variable im Entwicklungsprozess. Mit
dem Paradigmenwechsel zur Kultur als Interventionsfeld der EZ in
den 1990ern, entdeckte die EZ auch die vermarktbare Seite von Kultur
(
Kultur
als Produktionsfaktor).
Richtungweisend für diesen kulturpolitischen Ansatz war der Aktionsplan
Kulturpolitik für Entwicklung der zwischenstaatlichen Konferenz der
UNESCO
1998 in Stockholm (
Mondiacult).
Dieses von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnete Dokument formuliert
zwar in erster Linie Leitsätze für die nationalen Kulturpolitiken,
es beeinflusste aber auch die Politik der nationalen und internationalen Entwicklungshilfegeber.
Diese fanden im
Kultursektor
ein Medium für den
interkulturellen
Dialog (Kunst, Kulturaustauschprogramme, Aufbau und Unterstützung
elektronischer Medien, Förderung lokaler Kulturinitiativen, Kulturhäuser)
und für den Aufbau eines eigenständigen Wirtschaftssektors (wettbewerbsfähige
lokale und nationale
Kulturindustrien).
Kultur als Interventionsfeld versteht Kultur also entweder als Wirtschaftssektor
in den entwicklungsfördernd investiert werden kann, oder als Rahmenbedingung,
die entwicklungsfördernd verändert werden muss, sei dies nun durch
Konditionalisierung
von Entwicklungshilfe,
Good
Governance oder im auf Überzeugungskraft setzenden
interkulturellen
Dialog
auf Augenhöhe.
Kultur
als Rahmenbedingung von EZ;
Kulturbegriff,
eng
zum
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Kultur als Konstrukt
Der Konstruktionscharakter von Kultur und die damit verbundene Aufgabe an die
Sozialwissenschaften lässt sich nach Flechsig folgendermaßen beschreiben.
"Kulturen sind keine Wirklichkeit, sondern werden als gesellschaftliche
Rekonstruktionen der Wirklichkeit erzeugt, ebenso wie andere Rekonstruktionen
auch, und sie werden wie diese sozial vermittelt, im Besonderen (sic!) durch
Erziehung und Enkulturation. Ebenso wie andere Konstrukte, z. B. Intelligenz,
Sozialschicht oder Identität, handelt es sich dabei
zunächst um Vorstellungen (Schemata) in den Köpfen von Menschen, die
sich auf individuelle und kollektive Merkmale anderer beziehen. Wie weit diese
Vorstellungen dann mehr der Realität oder der eigenen Vorstellungswelt
entsprechen, bedarf im Einzelfall einer empirischen Überprüfung. Aufgabe
sozialwissenschaftlicher Forschung ist es dann, solche Konstrukte mit beobachtbaren
Sachverhalten zu verbinden, sie zu operationalisieren." (
Flechsig
2001;
Internetquelle)
Orientierungen,
kulturelle;
Skripte,
kulturelle
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Kultur als potentielles
Entwicklungshemmnis
Die von Samuel Huntington (
Clash
of Cultures) und anderen vertretene These lautet: Es gibt Kulturen bzw.
Werte, Einstellungen, die die menschliche Entwicklung hemmen, und andere, die
die menschliche Entwicklung fördern. Armut und "Unterentwicklung"
sind eine Frage der Kultur. Wegen ihrer Verharrung in "entwicklungsresistenten"
Wertvorstellungen seien viele Entwicklungsgesellschaften grundsätzlich
behindert in ihren Wachstumsanstrengungen. Eine Hauptaufgabe sei es deshalb,
diese Kulturen zu reformieren, indem ihnen mehr wachstums- und mobilitätsorientierte
Perspektiven eröffnet werden, z. B. über die Reform des Bildungssystems.
Diese Perspektive rekurriert auf Max Webers allerdings unvollständig
rezipierter These von der protestantischen Ethik und dem Geist des Kapitalismus.
Sie entspricht auch weitgehend der noch Anfang der 1990er Jahre vertretenen
Position im BMZ und bestimmt damit den Geist des maßgeblich vom BMZ-Referenten
Uwe Simson in den 1980ern lancierten
soziokulturellen
Schlüsselfaktorenkonzepts (vgl.
Simson
1998). Der Paradigmenwechsel zu einem Verständnis von Kultur als Voraussetzung
und Motor von Entwicklung vollzog sich erst mit dem Partizipationskonzept des
BMZ (vgl.
BMZ
1999b).
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Kultur als Produktionsfaktor
Die lange Konjunkturphase nach dem 2. Weltkrieg hat Kultur als Produktionsfaktor
für die westlichen Industriegesellschaften bedeutsam gemacht. Dies lässt
sich nicht nur im nahe liegenden Bereich der Medien, der Produktion und Dissemination
von Information, der Konsumgüterindustrie und der Dienstleistungen nachweisen,
sondern auch im Bereich der Institutionen bis hin zu den Wirtschaftsunternehmen.
Nicht umsonst spricht man von Unternehmenskultur, von Dienstleistungskultur,
von Organisationskultur und von Managementkultur.
Dazu kommt noch der weite Bereich der Kunst, Kultur und Unterhaltungsindustrie
(Museen, Theater, Konzertbetrieb, Film, Tonträger, audiovisuelle Medien
usw.). Bildung und Wissenschaft fungieren dabei als ein wichtiges Antriebsmittel
der Kulturproduktion und -konsumption: sie verändern nicht nur die symbolischen
Umwelten der Industriegesellschaften, sondern initiieren auch neue Konsum- und
Verhaltensweisen, die der Sphäre der Zeichen und Symbole eine ebenso wichtige
Rolle einräumen wie der materiellen Sphäre (vgl.
Bohnet
2001).
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Kultur als Rahmenbedingung von
EZ
Kultur wird in diesem Konzept in erster Linie als vorgegebene Rahmenbedingung
betrachtet, die berücksichtigt werden muss, nicht als steuerbare Variable
im Entwicklungsprozess. Dem soziokulturellen Rahmenkonzept des BMZ, das in das
Partizipationskonzept
von 1999 eingegangen ist, liegt dieses Kulturverständnis zu Grunde.
Kultur
als Interventionsfeld;
Kulturbegriff,
weit;
Armutsorientierung
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Kultur als Restkategorie
Der prominenteste Vertreter dieser Richtung, die die homogenisierende Wirkung
der Globalisierung uneingeschränkt befürwortet, und die eine Weltgesellschaft
mit einheitlichem Wertesystem für zwangsläufig und unaufhaltbar hält,
ist Francis Fukuyama. Seine These vom Ende der Geschichte das Zusammenfallen
der verschiedensten Denkrichtungen in einem modernistischen, kapitalistischen,
individualistischen und demokratischen institutionellen Modell, sorgte Anfang
der 90er Jahre für Furore.
In der Form, wie sie jüngst von dem Wirtschaftsprofessor Timur Kuran (
2004)
dargelegt wurde, ist diese Position wahrscheinlich sogar die dominante bei Entwicklungsökonomen.
Für Kuran dient das Kulturargument der "cultural diversity"-
Verfechter häufig der Maskierung ökonomischer Ineffizienz. Die Forderung
nach Bewahrung tradierter Kulturbezüge (old cultural traits)
sieht er vorwiegend bei global orientierten kulturellen Bildungseliten
(Meinungsmacher, Journalisten, Schriftsteller, Politiker), nicht jedoch bei
der einfachen Bevölkerung in Entwicklungsländern, die Modernisierung
meist begrüße.
Diese Perspektive spiegelt nach wie vor die praktische Politik der meisten Durchführungsabteilungen
von EZ wider.
Wirtschaft
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Kultur als System ideologischer
Kontrolle
Arturo Escobar steht für eine Richtung poststrukturalistischer Entwicklungskritiker,
die Kultur in erster Linie als ein System ideologischer Kontrolle verstehen,
mit dessen Hilfe die seit der Kolonialzeit bestehenden Ungleichheiten zwischen
reichen und armen Ländern aufrechterhalten werden. Sie fordern unter anderem
eine Untersuchung der Kultur der Entwicklungsbürokratien und deren world-ordering
knowledge (vgl.
Hobart
1993).
Wegen ihres simplifizierten Machtbegriffes (Macht ist nie nur einseitig von
hegemonialen Institutionen ausgeübte Herrschaft, und auch nicht nur negativ),
wurde Escobars Position inzwischen zu Recht kritisiert (vgl.
Agrawal
1996). Sie war andererseits maßgeblich daran beteiligt, den Machtdiskurs
in der EZ und seine Beziehung zur Erkenntnisproduktion zu thematisieren und
die in den eigenen Organisationsstrukturen wirksamen Kulturmechanismen und den
über sie transportierten westlich geimpften Begriffsapparat
(Armut; Partizipation; Entwicklung; Good
Governance ...) zu hinterfragen.
Dieser Richtung geht es weniger um die Kultur der Prozesse, die EZ auslösen
soll, sondern um die kulturelle Dimension der Aushandlungsprozesse der EZ als
solche (vgl.
Rottenburg
2001). In Deutschland haben vor allem die Entwicklungsethnologen Bierschenk
und Elwert (
1993)
sowie die Bielefelder Entwicklungssoziologie um Evers und Lachenmann (Bielefelder
Verflechtungsansatz; strategischer Gruppenansatz) die Entwicklungskritik theoretisch
aufgenommen und an einer Vielzahl von Gegenständen empirisch überprüft.
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Kultur und Entwicklung (Culture and Development)
Das Begriffspaar taucht erstmals in den 1960er Jahren in der Diskussion um eigenständige
Entwicklungswege der jungen Staaten in Afrika und Asien auf (
UNESCO).
Das Konzept selbst ist schon älter und wird vielfach diffus gebraucht.
Je nach dem verwendeten Kulturbegriff umfasst es sowohl Entwicklungsansätze
in der Kulturarbeit als auch Kulturansätze in der Entwicklungszusammenarbeit.
Verwendet man einen engen
Kulturbegriff,
so verbinden sich mit dem Konzept künstlerische Aktivitäten seit den
1930er Jahren bis heute im Dienste der Entwicklung lokaler Gemeinschaften. Künstler
verstehen sich dabei je nach (politischem) Selbstverständnis und Kontext
als Agitatoren, Kulturbotschafter, Kulturarbeiter oder Change Agent.
Über diese Form von "Community Culture and Development" schreibt
CCD, eine auf diesem Feld tätige australische Organisation:" Unlike
other forms of enjoying the arts, CCD provides communities with the chance to
express themselves, and to create and manage the projects in which they participate"
(
CCD 2006;
Internetquelle).
In der Praxis umfasst dieser Ansatz eine große Bandbreite von Aktivitäten:
"theatre, music, dance, creative writing, story telling, photography, radio
and television, video, puppetry, craft/textiles - in a variety of fields: health,
human rights, governance, gender, environment, conflict/post-conflict, community
development/inclusion, children/young people's issues. It also includes associated
activities in development communications and development education." (
Creative
Exchange 2006).
Verwendet man einen weiten
Kulturbegriff,
so sind mit dem Konzept die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft,
bzw. von Entwicklungsagenturen seit den 1980er Jahren verbunden, die Berücksichtigung
von kultureller Identität und kultureller
Vielfalt
("our creative
diversity";
vgl. auch
UNESCO
1996) zur Voraussetzung für interkulturellen
Dialog
und nachhaltige Entwicklung zu machen (
Kultur
als Rahmenbedingung von EZ). Dahinter steht die Einsicht, dass Entwicklungszusammenarbeit
immer auch im Spannungsfeld unterschiedlicher Kulturentwürfe stattfindet.
Diesen umfassenden Kultur- und Entwicklungsbegriff verwendet z.B. die
UNESCO;
explizit auch die skandinavischen Entwicklungsagenturen (z.B. Finnida in ihrer
Road
Map to Culture and Development), die Schweizer DEZA (
2003b)
oder das deutsche Entwicklungsministerium, BMZ (
Soziokulturelles
Rahmenkonzept;
Bliss
et al. 1997;
Schönhuth
2004b. Wichtige, teils kontrovers diskutierte Themen beziehen sich derzeit
auf:
In den letzten Jahren beginnen sich beide Konzepte zu überlappen: Zum einen
investieren die klassischen Kulturabteilungen zunehmend in den Entwicklungssektor.
Zum anderen erkennt die Entwicklungspolitik inzwischen die Rolle von Kunst,
Kunstproduktion und künstlerischer Kreativität bei ihren Zielgruppen,
sei dies aus ökonomischen Gründen oder mit dem politischen Anspruch
des kulturellen
Pluralismus
(vgl. z.B.
DEZA
2003b; "Kultur ist kein Luxus"). Beiden Konzepten gemeinsam ist,
dass sie Kultur als ein Menschenrecht und als eine Voraussetzung für menschliche
Entwicklung begreifen (
Rechte,
kulturelle). Diese zweifache Verwendung des Konzepts spiegelt sich auch
in den verschiedenen UN-Resolutionen in den letzten Jahren wider (vgl.
UNESCO
und
Mondiacult).
Angelehnt an Evaluierungsergebnisse von
Marsh/Gould
2003 (
Internetquelle;
vgl. auch
Gould/Marsh
2005) lassen sich für die Praxis von Kulturansätzen bei Entwicklungsorganisationen
folgende Zugangsweisen unterscheiden:
- Kultur als Kontext und Rahmenbedingung von Entwicklung: beinhaltet die
Erkenntnis, dass EZ sich in einem Spannungsfeld differenter Kulturentwürfe
vollzieht, in denen Kohärenz zwischen unterschiedlichen Vorstellungen
zu Weg und Ziel von Entwicklung zwischen den Partnern in einem dialogischen
Prozess erst hergestellt werden muss. Manchmal bedeutet dies, kulturelle
Praktiken herauszufordern (z.B. im Kontext von Klitorisbeschneidung oder
traditionellen Geschlechterrollen), manchmal genau auf solche Praktiken
zu bauen (
indigenes
Wissen, lokale Problemlösungsstrategien, geachtete Persönlichkeiten;
living
human treasures).
- Kultur als Inhalt: bei dieser Strategie wird überlegt, wie lokale
Praktiken, Objekte oder Traditionen für Transformationsprozesse eingesetzt
werden können. Dies setzt das Erkennen der Bedeutung und Identifikationsfähigkeit
kultureller Artefakte wie Denkmäler, medizinische Rituale, traditionelle
Erntetechniken, Zeremonien, kollektiver Geschichten usw. für lokale
Gruppen voraus.
- Kultur als Methode: bedeutet den instrumentellen Einsatz (traditioneller
oder anderer) kultureller Kommunikationsformen (Gesang, Drama, Tanz, Poesie,
Video, Radio, Fotografie) für das Übermitteln von Entwicklungsbotschaften
durch diejenigen, die den Entwicklungsprozess kontrollieren.
- Kultur als Ausdruck selbst gesteuerter Entwicklung: Dabei geht es explizit
um das Recht von Menschen und Kultur-Gemeinschaften, sich selbst auszudrücken
und die Kontrolle über ihre eigene Entwicklung oder Produkte zu übernehmen.
Dieser Prozess beginnt mit dem Wissen, der Kreativität und der Erfahrung
der beteiligten Menschen. Er verläuft soweit wie möglich selbst
gesteuert und fordert damit auch bestehende internationale und nationale
Machtstrukturen heraus. Unterstützt wird dieser Ansatz durch die letzte
UN-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller
Ausdrucksformen von 2005 (
UNESCO).
Das Konzept Kultur & Entwicklung sollte in jedem Fall unterschieden werden
vom Begriff der
Kulturentwicklung
oder kulturellen Entwicklung ("cultural development") das Aktivitäten
der Kunstproduktion im klassischen
Kultursektor
bzw. der
Kulturpolitik
umschreibt.
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Kulturabkommen
Staatliche Kulturabkommen gibt es auf bilateraler und multilateraler Ebene.
Auf europäischer Ebene ist das bedeutendste das Kulturabkommen des Europarats
(vgl.
Europarat
2005:
Internetquelle;
Aufruf am 07.07.2006). Es wurde im Dezember 1948 unterzeichnet. Mit der Unterzeichnung
des Abkommens hat sich jede Regierung zur Einhaltung einiger grundlegender Prinzipien
verpflichtet. Diese betreffen vor allem den Schutz, die Entwicklung und den
Zugang zum gemeinsamen kulturellen Erbe Europas; die Förderung des Studiums
der Sprachen, der Geschichte und Zivilisation der anderen Mitgliedsländer;
die Erleichterung der Bewegungsfreiheit und den Austausch von Personen und Gütern
von kulturellem Wert und das gemeinsam Tätigwerden hinsichtlich der Förderung
von kulturellen Aktivitäten von europäischem Interesse. Jenseits der
Bereiche Denkmalschutz, Bildung und Kultur, Jugend und Sport verabschiedete
der Europarat inzwischen auch eine Reihe praktischer Empfehlungen zum Schutz
nationaler Minderheiten sowie eine Charta der Regional- oder Minderheitensprachen
für seine inzwischen 48 Mitgliedstaaten.
Der operative Teil des Übereinkommens besteht nur aus fünf kurzen
Artikeln mit einem Gesamtumfang von etwa 300 Worten, hat aber nach der Einschätzung
der Generaldirektorin der zuständigen Direktion des Europarats "in
der relativ kurzen Zeit seiner Geltung in Europa dazu beigetragen, dass ein
Gefühl der Zugehörigkeit zu einer gemeinsamen Kultur entstanden ist,
die auf gemeinsamen Werten und Bedingungen für eine umfassende Beteiligung
am demokratischen Leben beruht" (
Battaini-Dragoni
2005).
Europäische
Union
Im Dezember 2004 wurde das Abkommen durch die für Kultur, Bildung, Jugend
und Sport zuständigen Minister der 48 Mitgliedsländer in einem veränderten
Europa bekräftigt. Es steht nun einerseits vor dem Hintergrund eines umfassenderen
Zugangs zu Bildung und kulturellen Rechten, andererseits aber auch einer fortgesetzten
Ausgrenzung von Minderheiten und Armen; größeren persönlichen
Freiheiten, aber gleichzeitig auch großer sozialer Trennung; größerem
Schutz des Erbes und der Umwelt, die aber gleichzeitig Ziel von ethnopolitischen
Konflikten zu werden drohen (vgl.
Battaini-Dragoni
2005).
Neben dem europäischen Kulturabkommen gibt es zahlreiche bilaterale Abkommen.
Deutschland hat derzeit mit 94 Ländern Kulturabkommen abgeschlossen. Verantwortlich
für den Abschluss ist das Auswärtige Amt.
kulturelle
Demokratie;
Europäische
Union
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Kulturalisierung
Kulturalisierung bedeutet die Instrumentalisierung des Bezugsrahmens Kultur
bzw. kultureller Argumente für die Durchsetzung eigener Interessen
bzw. im Dienste einer kulturellen
Identitätspolitik
(vgl. auch
Ethnisierung;
Kulturalismus).
Breidenbach/Zukrigl führen dazu aus: "Das Konzept Kultur
ist in den letzten Jahrzehnten zu einem wichtigen Bezugsrahmen für Gruppen
weltweit geworden.
Indigene
Völker, ethnische Minderheiten, von den indischen Dalit bis zu
den japanischen Ainu, aber auch transnationale Zusammenschlüsse wie die
der Schwarzen, Homosexuellen oder Native Americans, nutzen das neue kulturelle
Selbstbewusstsein, um ihr kulturelles Überleben zu sichern, Würde
und Anerkennung zu erlangen, Rechte im nationalen Raum durchzusetzen und Förderungen
zu erhalten. Um außerhalb Gehör zu finden, artikulieren sie ihre
kulturellen Besonderheiten nicht selten auf eine standardisierte Art und Weise.
Die Instrumentalisierung und Essentialisierung von Kultur birgt aber auch die
Gefahr der Verabsolutierung kultureller Unterschiede und eines von Hass und
Rassismus geprägten Ethnozentrismus. Dabei liegen die Ursachen ethnischer
oder ethnischreligiöser Gewalt zwischen ehemals friedlich koexistierenden
Bevölkerungsgruppen (z. B. in Burundi, Nordirland und Jugoslawien) eng
mit einer existenziellen Unsicherheit bezüglich der eigenen Identität
zusammen (...).
Die amerikanische Ethnologin Laura Nader stellte bei vergleichenden Studien
in Westeuropa, den USA und Ländern des Mittleren Ostens fest, dass Frauen
im Kampf um gesellschaftliche Gleichstellung häufig mit kulturellen Argumenten
gegeneinander ausgespielt werden. Islamische Frauen gelten in der westlichen
Öffentlichkeit als unterdrückt; sie müssen sich polygamen Familienstrukturen
unterordnen und äußere Zeichen der Keuschheit, zum Beispiel den Schleier,
tragen (aktuell: Afghanistan). Die islamischen Medien wiederum verbreiten ebenso
stereotype Bilder westlicher Frauen als Sexualobjekte, Vergewaltigungsopfer
und ins Altersheim abgeschobene ältere Frauen. Die kulturell bedingte,
vermeintlich weit problematischere Situation von Frauen im jeweils anderen Kulturkreis
wird im öffentlichen Diskurs gerne zur Relativierung der in beiden Regionen
bestehenden gesellschaftlichen Missstände herangezogen (Verglichen
mit den Frauen in anderen Gesellschaften habt ihr es doch gut)" (
Breidenbach/Zukrigl
2002b;
Internetquelle).
"Geht das Szenario einer
Kreolisierung
von einer Vermischung verschiedenster kultureller Elemente aus, so reaktiviert
der Prozess der Kulturalisierung die Vorstellung von kultureller Vielfalt als
Mosaik. Dieses Kulturverständnis teilen die Vertreter eines rechten
Ethnopluralismus,
der von einer Unvereinbarkeit verschiedener Kulturen ausgeht, mit den Multikulturalisten.
Letztere operieren zwar mit einem erweiterten Nationsbegriff (bei dem nicht
nur die Abstammung zählt), gehen aber auch von klar umrissenen Unterschieden
zwischen Kulturen aus, die Minderheiten dazu berechtigen, eigene Medien, Schulen
etc. einzufordern, um gleichberechtigt neben der Mehrheitskultur leben zu können.
In diesem Kulturverständnis stellt jeder kulturelle Wandel unweigerlich
einen Verlust an Identität dar" (
Breidenbach/Zukrigl
2002b). Das Berufen auf Kultur wird von manchen Autoren als
einer der derzeit wohl effektivsten Motoren politischen Handelns gesehen (vgl.
Eller 1999;
vgl.
Antweiler
2003b).
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Kulturalismus
"Kulturalismus bedeutet die Überbetonung der ethnischen Anteile eines
Kulturbegriffes oder die Ersetzung des Wortes Rasse durch Kultur. Da der Begriff
Rasse in diesen Argumentationen in der Regel nicht vorkommt, kann der Kulturalismus
auch als ein
Rassismus
ohne Rassen angesehen werden. Kennzeichen kulturalistischer Ansätze
sind: Ethnische Formulierung: Kultur sei alleine mit der Herkunft verbunden;
Homogenität: Alle Mitglieder einer ethnischen Gruppe sollen die gleiche
Kultur haben; Reduzierbarkeit: einzelne Menschen wären auf die kulturellen
Eigenschaften einer Gruppe beschränkt; Starrheit: Kulturen seien nicht
oder nur über einen langen Zeitraum (im Rahmen von Generationen) veränderbar.
Entsprechende kulturalistische Argumentationen kommen sowohl im Rechtsextremismus
als auch in verkürzten multikulturalistischen Ansätzen vor" (
Wikipedia
2004;
Internetquelle).
In den letzten Jahren wurden kulturalistische Argumente zunehmend auch von ganzen
Staaten funktionalisiert. So nutzten vor allem asiatische Staaten die Erkenntnisse
interkultureller Experten (
Interkulturalisten)
über den Zusammenhang zwischen asiatischen (konfuzianischen) Werten und
Wirtschaftserfolg, um die Forderungen nach
Menschenrechten,
verbindlichen Arbeits- und Umweltstandards und Forderungen nach Netzen sozialer
Sicherheit abzuweisen. "Dank ihres ausgeprägten Familienzusammenhalts
bräuchten Asiaten keine Sozialhilfe; eine natürliche Akzeptanz
hierarchischer Unterschiede mache demokratische Strukturen obsolet und rechtfertige
den autoritären Paternalismus der herrschenden Politiker; um der gesellschaftlichen
Harmonie und einer moralisch sauberen Umwelt willen würden Asiaten aufgrund
ihrer kulturellen Grundausstattung eine eingeschränkte Meinungs- und Pressefreiheit
leicht akzeptieren" (
Breidenbach/Nyíri
2004: 26).
In der wissenschaftlichen Debatte wird der Vorwurf des Kulturalismus oder auch
Kulturessentialismus meist gegenüber Vertretern eines statischen Kulturbegriffs
erhoben. Er meint in diesem Zusammenhang die zu starke Betonung des Kulturellen
gegenüber dem Sozialen, Ökonomischen oder Geschichtlichem. (
Kulturalisierung;
Ethnopluralismus,
Kultur
als abgeschlossenes System). Im Kontext der Entwicklungstheorien ist
der Huntingtonsche
Clash
of Cultures-Ansatz (
Entwicklungstheorie
und Kultur) das Paradebeispiel einer kulturalistischen Argumentation.
zum
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Kulturarbeit
Der kulturwissenschaftlich und ethnologisch geprägte Kulturbegriff (Kultur
ist, wie der ganze Mensch lebt und arbeitet und wie wir leben wollen)
impliziert sowohl die menschliche Arbeit als auch ihre perspektivische Entwicklungsdimension.
Allerdings entwickelte sich in der Moderne ein evolutionäres Leitbild vom
guten Leben mit starker Betonung der materiellen Komponenten, wodurch
es zunehmend schwierig wurde, sich inhaltlich auf das zu orientieren, was die
Standards des guten und richtigen Lebens sind.
Heute, in Zeiten mangelnder Beschäftigung und zunehmender Umweltschäden,
kommt man vom Paradigma der Arbeitsgesellschaft vielleicht bald weg. Gefunden
werden müsse, so Dieter Kramer, ein Paradigma der Gesellschaft der
Lebensplätze, die Sozialkultur einer Gesellschaft ohne Vollbeschäftigung,
die ein neues Wohlstandsmodell beinhaltet und in der zum Beispiel die Nichtintegration
in die Lohnarbeit sowie Subsistenztätigkeiten eine positive Bewertung erfahren.
(Zusammenfassend zitiert aus:
Institut
für Kulturpolitik 2000:
Internetquelle).
zum
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Kulturaudit
Mit dem Kulturaudit, einem Instrument zur Analyse und unternehmensstrategischen
Entwicklung von kulturellen Erfolgsfaktoren in der freien Wirtschaft, sollen
sich u. a. folgende Ziele erreichen lassen: die Gestaltung der soziokulturellen
Integration bei Unternehmenszusammenschlüssen; Ableitung zukünftiger
kultureller Erfolgsfaktoren, Identifikation von Veränderungsnotwendigkeiten;
Identifikation von Stärken und Schwächen der im Unternehmen vorhandenen
Subkulturen
und Entwicklung einer die Unternehmensbereiche verbindenden Unternehmenskultur;
Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit und Entwicklung eines arbeitsproduktiven
Betriebsklimas. (Für die Anwendung vgl. z. B.
Fischer/Steffens-Duch
2003)
Das Culture-Audit, wie es Bettina Schmidt für die Entwicklungszusammenarbeit
vorgeschlagen hat (
Schmidt
1999), dient der Analyse und dem Management der Dynamik (inter)kultureller
Beziehungen eines EZ-Vorhabens. Basis ist die Darstellung des Entwicklungsvorhabens
als "Cultural Web", dessen (organisationskulturelles) Selbstverständnis
("Paradigma") aus der Schnittmenge ihrer kulturellen Teilsysteme (Geschichten,
Rituale, Symbole, Organisations- und Machtstrukturen, technische Ressourcen,
Kontrollsysteme, Kommunikationsformen) besteht. Mit Hilfe des Cultural Web soll
Kultur im Kontext von EZ-Vorhaben operationalisierbar werden.
Kulturverträglichkeit
zum
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Kulturaustausch
Fällt das Stichwort Kulturaustausch oder kultureller
Austausch, wird in der Regel nicht von einem holistischen Kulturbegriff
ausgegangen, sondern von Kultur i. S. von Literatur oder Kunst, oft in Form
von Objekten, die tatsächlich ausgetauscht oder geliehen
werden können (
Kulturbegriff,
eng). Andere Formen von Kulturaustausch sind gemeinsam durchgeführte
künstlerische Aktivitäten (Workshops). Organisationen, die Kulturaustausch
betreiben, beleuchten das Phänomen meist nur aus Sicht des eigenen Landes.
In letzter Zeit wird häufiger das Internet als Chance zum Kulturaustausch
genannt (vgl.
Netz-Forum
2000;
Internetquelle).
Kulturpolitik
zum
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Kulturbegriff, eng
Zu Kultur im engeren Sinne zählen im Wesentlichen die Bereiche Literatur
und Druckerzeugnisse, Musik, darstellende Kunst,
bildende Kunst, Film, Hörfunk und Fernsehen
sowie die Pflege des kulturellen Erbes durch Museen und Denkmalschutz.
Nach dieser UNESCO-Definition richten sich auch das Statistische Bundesamt und
allgemein die Kulturökonomie (vgl.
Bohnet
2002: 326 f.). Der auf Kunst und Geisteskultur bezogene Kulturbegriff steht
gesellschaftspolitisch im Zusammenhang mit der
Kulturpolitik.
Für die auswärtige Kulturpolitik sind in Deutschland prinzipiell das
Auswärtige Amt (und die politischen Stiftungen) zuständig.
Dennoch ergeben sich in der Praxis Überschneidungen mit der Entwicklungspolitik.
Klassischerweise betrifft dies den Schutz von Kulturgütern, Kulturlandschaften
und allgemein von
kulturellem
Erbe (cultural heritage, cultural property:
die
UNESCO
und
Weltbank
als global player), Bereiche, in denen auch die deutsche EZ aktiv ist. Mit dem
Paradigmenwechsel zur
Kultur
als Interventionsfeld der EZ in den 1990ern, entdeckte die EZ
auch die vermarktbare Seite von Kultur. Richtungweisend für diesen kulturpolitischen
Ansatz war der Aktionsplan Kulturpolitik für Entwicklung der
zwischenstaatlichen Konferenz (
Mondiacult)
der
UNESCO
1998 in Stockholm.
Dialog,
interkultureller
zum
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Kulturbegriff, weit
Der weite Kulturbegriff bezieht sich auf die
Lebenswelt,
in der wir uns bewegen, die wir uns durch unser Zusammenleben geschaffen haben
und ständig neu schaffen, und in der wir uns in der Regel unreflektiert
bewegen (geteilte Werte / Anschauungen). Neben dem engen Kulturbegriff wird
in fast allen neueren Kulturdefinitionen internationaler Geber auch auf den
weiten rekurriert. Typisch für diese oszillierende Verwendung ist die Weltbank,
die Kultur einmal als kulturelles Erbe (darunter Künste, indigenes
Wissen über Pflanzen, Architektur und traditionelle Technologien) definiert,
und zum anderen als shared views (gemeinsam geteilte Werte, Normen,
Überzeugungen). Das letztere Kulturverständnis lehnt sich bei fast
ausnahmslos allen Gebern an den von der Weltkonferenz über Kulturpolitik
der Vereinten Nationen in Mexico City 1982 formulierten erweiterten Kulturbegriff
an (
Kultur
als abgeschlossenes System).
In der Praxis gibt es jedoch kaum Projekte und Programme, die den erweiterten
Kulturbegriff systematisch in die strategische oder operationelle Programmpolitik
umsetzen. Kultur im lebensweltlichen Sinne wird noch am ehesten auf den Ebenen
interkultureller
Dialog oder interreligiöser Dialog das
heißt überwiegend auf Tagungen, Konferenzen, Publikationen oder der
Finanzierung von Begegnungsstätten thematisiert.
zum
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Kulturdimensionen-Modell
Die nach wie vor einflussreichsten makroanalytischen Ansätze zur Erfassung
kultureller Unterschiede gehen auf die 1960er Jahre zurück und sind mit
den Kulturdimensionen-Modellen des Anthropologen E. T. Hall und des Sozialwissenschaftlers
Geert Hofstede verbunden. Bei Hall sind diese Dimensionen durch die Pole
high-context-culture
und low-context-culture sowie durch die Einteilung in monochronistische
und polychronistische Kulturen markiert.
Hofstede führte eine groß angelegte Studie in 50 Ländern zur
empirischen Klärung der wirklichen kulturellen Unterschiede
durch, für die er 116.000 Mitarbeiter der Firma IBM befragte. Aus dieser
Studie entwickelte er ein Indexsystem, das unmittelbar handlungsbestimmende
Wertorientierungen unterschiedlicher Kulturen identifiziert, misst und in Zahlenwerten
darstellt. Das Indexsystem definiert vier kulturelle Dimensionen: Machtdistanz
(Machtdistanzindex MDI), Kollektivismus/ Individualismus (KLV/IDV Index), Maskulinität/Feminität
(MAS/FEM Index) und Unsicherheitsvermeidung (UVI-Index). Dazu kommt der zur
Erfassung der konfuzianischen Dynamik in Asien entwickelte Index Langfrist-/Kurzfristorientierung
(LTO-Index).
Hofstede bezeichnet Kultur ausdrücklich als mentales Programm
(
Hofstede
1997: 2) oder mentale Software (vgl.
Hofstede
1997: 3), um ihre normative Kraft zu betonen. Eine
Nationalkultur
versteht er entsprechend als kollektive Programmierung des Geistes
(vgl.
Hofstede
1997: 403). Die Kenntnis der eigenen und fremden handlungsleitenden Software
soll die interkulturelle Kompetenz auf allen Seiten erhöhen und auf diese
Weise Sicherheit für die Planung, Organisation und Steuerung interkultureller
Arbeitsprozesse gewährleisten (vgl.
Hüsken
2003;
Internetquelle).
Das Modell von Hofstede wurde in den letzten Jahren begrifflich-theoretisch
wie methodisch stark kritisiert. Dabei ist die Grundannahme einer homogenen
kulturellen Identität ("a statistical myth";
McSweeney
2002: 11) ebenso problematisch wie die Reduktion auf wenige Dimensionen
("Übergeneralisierung",
Bolten
2002). Das Ausblenden von binnenkulturellen Differenzen (
intrakulturelle
Vielfalt) verstärkt nach Kritikermeinung die kulturelle
Stereotypenbildung
in der interkulturellen Begegnung noch, anstatt sie zu reduzieren ("sophisticated
stereotypes";
McSweeney
2002; weitere Kritik auch bei
Baskerville
2003: "Hofstede never studied culture", und
Bolten
2002).
Stellvertretend für andere sei Hansens vernichtende Kritik an Hofstedes
Kulturerfassungsansatz zitiert: "Alles in allem ist sein Buch für
die moderne Kulturwissenschaft eine Katastrophe. Er versündigt sich an
allen Fortschritten, die seit den sechziger Jahren erzielt wurden, und ausgerechnet
dieses Machwerk hat die Unbelehrbaren, die den Kulturbegriff für Unfug
hielten, belehrt. Jene Psychologen, Soziologen und Wirtschaftswissenschaftler,
die nur empirischen Analysen trauen, wurden durch Hofstedes Statistik davon
überzeugt, daß Kultur aus hard facts bestehe, die man messen und
wiegen kann" (
Hansen
2000: 285).
Beispiele für Kulturdimensionen der vergleichenden Kulturforschung
(nach Apfelthaler in Rathje
2003, Interculture-Online 4/2003; Internetquelle).
Ist wenig kulturelles Verständnis besser als gar keins? Problematik
der
Verwendung von Dimensionsmodellen zur Kulturbeschreibung (Stefanie Rathje, Berlin)
zum
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Kulturdistanz
Unter Kulturdistanz versteht man, den Grad an expliziter und impliziter kultureller
Verschiedenheit zwischen zwei Kulturen. Das Konzept (engl. cultural distance)
stellt einfache quantitative Parameter zur Nähe bzw. Distanz zwischen Nationalkulturen
bereit und hat vor allem im Bereich der interkulturellen Businesskommunikation
und in den Managementwissenschaften breite Anwendung gefunden. Es findet sich
z.B. auch im erfolgreichen
Kulturdimensionenmodell
von Hofstede.
Seine Praxistauglichkeit wird allerdings durch etliche neuere empirische und
systematische Studien erschüttert. Sie belegen, dass z.B. die häufig
erwähnte geographische Nähe zur Heimatkultur nicht notwendigerweise
zu leichterer persönlicher Anpassung führt, und dass die Rate der
abgebrochenen Geschäftsaufenthalte im Ausland weder mit der angeblichen
kulturellen Distanz des Gastlandes noch notwendigerweise mit fehlenden Vorerfahrungen
in diesem Land korrespondiert (
Forster
1997: 422;
O'Reilly
2004: 258). Auch hat das Konzept zahlreiche methodologische uns messtechnische
Schwächen (Illusion der Symmetrie, der Stabilität, der Linearität,
Kausalität und räumlichen Homogenität von Kulturdistanzen; vgl.
Shenkar 2001).
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass das Konzept zwar erklärt, was Kulturen
angeblich trennt, nicht aber, was sie verbindet. Kulturelle Unterschiede müssen
darüber hinaus nicht zu Spannungen und höheren Transaktionskosten
führen. Sie können ebenso gut Synergiepotentiale freisetzen, ein Umstand,
der in Diversity Managementansätzen (
Vielfalt,
kulturelle) in den letzten Jahren zunehmend reflektiert wird.
Differenz,
kulturelle
zum
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Kulturebenen
In der entwicklungspolitischen Diskussion herrscht eine überwiegend unreflektierte
Vermischung unterschiedlichster Kategorien von Gruppen vor, die als "Kulturen"
bezeichnet werden. Es ist deshalb zunächst zu klären, welche kulturrelevanten
Ebenen in Literatur, Papieren oder im sog. "Interkulturellen Dialog"
angesprochen ist. Dabei lassen sich zumindest vier Kulturebenen unterscheiden
(vgl.
Antweiler
2003b):
1. Sprachen, ethnolinguistische Gruppen (Anzahl: 50006000; abnehmend: Spektrum
von wenigen Personen bis zu 1,2 Mrd. (z. B. Han-Chinesen);
2. Ethnien (Anzahl: rd. 5000; nicht immer identisch mit 1; davon sog. indigene
Völker/Gruppen: 250350 Mio. in 70 Ländern;
3. Staaten (Anzahl: 194: stetige Zunahme; viele davon multiethnisch, nur ganz
wenige Kulturnationen im engeren Sinne, z. B. Japan, Korea, Norwegen);
4. Kulturregionen, Zivilisationen,
Kulturkreise
(Anzahl: 220); West vs. Rest bzw. East/Orient (2); Huntington (9);
Geographie, Ethnologie (ca. 20).
Die weltweit ähnlichen Mechanismen und Mustern folgende Projekt- und Expertenkultur
der EZ mit ihrem spezifischen Jargon und den sich gleichenden Ritualen, Regeln
und Abläufen ("der Stamm der Experten",
Hüsken
2003; "The Interculturalists",
Dahlen
1997) sowie die Träger sich herausbildender spezifischer Globalkulturen
(wie die internationale Businesselite, die Thomas L. Berger 1997 nach dem dort
jährlich stattfindenden Weltwirtschaftsforum "Davoskultur" nennt),
die Internationale der einem gemeinsamen Wissenschaftsideal verbundenen Faculty
Club Culture und die Träger einer alternativen oder hybriden
Globalisierung (Pfingstkirchen, Hare Krshna) sind weitere wichtige Kulturebenen
für die EZ.
(
kulturelle
Globalisierung;
Kulturkreis)
zum
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Kulturelle Rechte
Rechte,
kulturelle
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Kulturentwicklung
Der Begriff Kulturentwicklung wird im Allgemeinen zur Beschreibung
der Entwicklung von
Kulturräumen
verwendet. Im entwicklungspolitischen Kontext dagegen gebraucht man ihn meist
im Zusammenhang mit einer systematischen und geplanten Entwicklung der
Kulturpolitik
eines Landes. Der Aktionsplan Kulturpolitik für Entwicklung
der zwischenstaatlichen Konferenz der UNESCO 1998 in Stockholm wird in diesem
Zusammenhang als richtungweisend anerkannt.
Dieses, von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnete Dokument formuliert
für die
Kulturpolitik
Leitsätze, die gemäß der Kompetenzverteilung zwischen dem Bund
und den Ländern nach dem Grundgesetz im Rahmen der Kulturhoheit der Länder
in konkrete Landespolitik umzusetzen sind. Ihm liegt der Kulturbegriff der
Mondiacult-Konferenzen
zugrunde. Für eine Umsetzung auf Landesebene vgl. z. B. das Grundsatzpapier
zur Kulturentwicklung im Land Mecklenburg-Vorpommern (
Landesregierung
Mecklenburg-Vorpommern 2003).
Zudem wird der Begriff auch im Rahmen der Führungskräfte und Unternehmenskulturentwicklung
verwendet (so z.B. bei "Perspektivenwechsel.de":
Internetquelle).
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Kulturerbe / kulturelles Erbe
Als kulturelles Erbe (engl. cultural heritage) bezeichnet man die Gesamtheit
der kulturellen Hinterlassenschaften einer Kulturgemeinschaft. Das Kulturerbe
besteht aus den Aspekten der Vergangenheit, die Menschen aufbewahren, pflegen,
studieren und an die nächste Generation weitergeben.
Das Kulturerbe kann in materieller Form bestehen, wie etwa Bauwerke, oder in
nichtmaterieller Form, wie etwa Schauspiel oder Tanz (
Kulturerbe,
immaterielles). Da das Kulturerbe etwas ist, das in der Vergangenheit
Wert besaß und von dem erwartet wird, dass es diesen in Zukunft noch besitzt,
aber solche Wertungen und Erwartungen sich mit der Zeit ändern können,
ist auch das Kulturerbe einem dynamischen Wandel unterworfen.
Der Begriff der kulturellen Bedeutung (cultural significance) wird genutzt,
um den Wert einer Sehenswürdigkeit einzuschätzen. Er beinhaltet ästhetischen,
historischen, wissenschaftlichen, sozialen und ökonomischen Wert (vgl.
World
Bank 2003). Am bekanntesten sind die dem
Weltkulturerbe
zugerechneten Orte: "To date the 1972 Convention concerning the Protection
of the World Cultural and Natural Heritage protects 754 sites of outstanding
universal value in 129 States Parties, including 582 cultural and 149
natural sites, and 23 mixed sites. The Convention encourages international cooperation
to preserve shared cultural and natural heritage. Its 178 States Parties make
it one of the worlds most widely ratified international agreements. Nations
that join it promise to protect sites on the World Heritage List, as well heritage
of national or regional importance, especially through legal and regulatory
measures" (
UNESCO
1972;
Internetquelle).
Die UNESCO-Liste der Kulturerbe-Typen umfasst: "Cultural Heritage Sites;
Historic Cities; Cultural Landscapes; Natural Sacred Sites; The Underwater Cultural
Heritage; Museums; The Movable Cultural Heritage; Handicrafts ;The Documentary
and Digital Heritage; The Cinematographic Heritage; Oral Traditions; Languages;
Festive Events; Rites and Beliefs; Music and Song; The Performing Arts; Traditional
Medicine; Literature; Culinary Traditions; Traditional Sports and Games"
(UNESCO-Kulturportal;
Internetquelle).
zum
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Kulturerbe, immaterielles / (intangible
heritage)
Der Begriff immaterielles Erbe umfasst laut UNESCO-Definition alle
Formen traditioneller Kultur, d. h. kollektiver Werke, die von einer Gemeinschaft
hervorgebracht werden und auf zumeist mündlicher Überlieferung beruhen.
Dazu gehören orale Traditionen, Bräuche, Musik, Tänze, Rituale,
Feste, traditionelle Medizin und Wissen um Heilpflanzen und alle Arten von Fertigkeiten,
die mit den materiellen Aspekten von Kultur in Verbindung stehen, wie Werkzeuge
und Habitat. Die fortschreitende Globalisierung und der Einbruch von Kultur
und Technik der Industriestaaten in die entlegensten Gebiete haben die Verwundbarkeit
und die Gefahr des unwiderruflichen Verlusts vieler Formen von traditioneller
Kultur und traditionellen Wissens bewusst gemacht.
Die Anerkennung dieser Traditionen und der Respekt vor der kulturellen Vielfalt,
von der sie Zeugnis ablegen, finden ihren Ausdruck im UNESCO-Programm Schutz
des immateriellen Erbes. Auf Projektebene engagiert sich die UNESCO um
die Anerkennung des immateriellen Erbes als fundamentalen Bestandteil des kulturellen
Erbes mittels Auszeichnung der lebenden Schätze der Menschheit
living
human treasures, mittels Zusammenstellung einer Kollektion traditioneller
Musik und Musikinstrumente der Welt sowie mittels Veröffentlichung des
Weltatlas für bedrohte Sprachen (
2001).
Die 32. UNESCO-Generalkonferenz hat am 17. Oktober 2003 ein neues, verbindlicheres
Rechtsinstrument, eine Konvention zum Schutze des immateriellen Kulturerbes,
verabschiedet. Der Schutz des immateriellen Erbes wirft komplexe Rechtsprobleme
auf, die insbesondere Fragen des geistigen Eigentums (
Rechte,
intellektuelle) betreffen. Seit 1997 arbeitet die UNESCO in Kooperation
mit der WIPO (World Intellectual Property Organisation) an einem hinreichenden
Schutz traditioneller Kultur und vor allem traditionellen Wissens vor Enteignung
und ökonomischer Ausbeutung. Als Beispiel für die Relevanz dieser
Probleme sei hier der Versuch von Pharmakonzernen genannt, basierend auf traditionellem
Wissen die Wirkung von Heilpflanzen patentieren und damit einseitig ökono-misch
verwertbar zu machen.
zum
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Kulturerfassungsansätze
Unter diesem Begriff werden Theorien und Methoden zusammengefasst, die Kultur
nach bestimmten Kriterien zu ermitteln und in ihren Unterschieden darzustellen
suchen. Dabei lassen sich analytische und interpretative Kulturerfassungsansätze
(KEA) unterscheiden, die meist mit einer etischen (von außen analysierenden)
bzw. emischen (aus der Sicht der Kulturträger beschreibenden) Herangehensweise
verbunden sind.
Kulturfassungsansätze spielen in interkulturellen Trainings eine mehr oder
weniger explizite Rolle. Am bekanntesten und verbreitetsten ist wohl das
Kulturdimensionen-Modell
von Geert Hofstede. Aber es gibt noch mindestens 20 weitere solcher KEAs, die
für interkulturelle Trainings bisher nur unzureichend oder gar nicht rezipiert
wurden. Köppel, die dazu eine Studie verfasst hat, sieht als Ursache für
diese Entwicklung die fehlende mittlere Wissenschaftlichkeit, die
zwischen den Ansprüchen und Erfordernissen von Wissenschaft und Praxis
vermitteln würde (
Köppel
2002).
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Kulturerhalt
Kulturerhalt beschreibt die Aufgabe der Pflege und Restaurierung von Artefakten
zur Bewahrung der
kulturellen
Vielfalt. Die zugrunde liegende Definition von Kultur beschränkt
sich meist auf materielle Artefakte (materielles
Kulturerbe),
und die damit beschäftigten Fachleute (z.B. Archäologen und Restauratoren).
In den letzten Jahren wird auch zunehmend der Erhalt von Musik, Literatur, Sprache
o.ä. miteinbezogen, also z.B. der Erhalt von Bibliotheken, oder die Dokumentation,
Archivierung und Digitalisierung bedrohter künstlerischer Ausdrucksformen,
(mündliche Überlieferung im Bereich Literatur und Musik
oral
tradition; Filme, Druckerzeugnisse).
Neben den Beiträgen der
UNESCO
(
Weltkulturerbe;
Kulturhauptstadt), haben auch andere Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen
Programme zum Kulturerhalt mit je eigenen Förderkriterien: International
z.B. die Weltbank (vgl.
Cernea
2001); in Deutschland z.B. das "Kulturerhalt-Programm des Auswärtige
Amts" (
Auswärtiges
Amt 2006;
Internetquelle),
oder diverse auf den Erhalt des Kulturerbes bezogene Projekte der GTZ (z.B.
im Bereich Stadtentwicklung). Dabei wird vermehrt das Wechselverhältnis
zwischen Kulturerhalt und
Kulturdialog,
bzw. die Bedeutung des Kulturerhalts für die nationale Identität des
Förderlandes hervorgehoben. Im Gegensatz zu manch anderen Bereichen, in
denen Territorialdenken manchmal vorherrscht, scheint die Zusammenarbeit der
Institutionen im Bereich Kulturerhalt relativ gut zu funktionieren.
Kulturverlust
ist das Gegenstück zu Kulturerhalt. Ersteres wird meist beklagt. Zweiteres
stellt meist eine institutionalisierte Handlungsstrategie von in "Kultur"
investierenden Institutionen dar.
zum
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Kulturessentialismus
Kulturalismus
zum
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Kulturfelder
Menschen werden heute als mehreren Kulturfeldern zugehörig angesehen, z.
B. Nationalität, Organisation, Religion, Geschlecht, Generation, Familie
(multiple and often conflicting identities). Die Organisationswissenschaft
untersucht Kulturfelder konservativer als Teil von
Organisationskultur:
Sie unterscheidet eher klassisch
kulturelle
Prägungen primärer Art (ethnische Herkunft, Nationalität,
Religion, Schichtzugehörigkeit;
Kernkultur,
cultural blueprints, vgl.
Wheelan
1994) und sekundärer Art (funktionale Gruppen, Hierarchieebenen,
Subkulturen),
wie sie aus der Sicht der Organisationsmitglieder selbst wahrgenommen und erfahren
werden.
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Kulturgut
"Als Kulturgut werden materielle und immaterielle Erscheinungs- und Ausdrucksformen
von Kultur bezeichnet. Der Begriff ist ebenso wie der
Kulturbegriff
selbst unscharf und dient sowohl zur Bezeichnung einzelner Objekte oder Inhalte
(Kulturgüter), als auch zur Bezeichnung einer Gesamtheit kulturell
relevanter Gegenstände, das Kulturgut schlechthin. Kulturgüter
oder Kulturgut können sowohl Gebäude und Gegenstände
von kultureller Bedeutung sein (zum Beispiel Baudenkmäler wie Kirchen,
Klöster, Schlösser) als auch die Bestände von Bibliotheken, Archiven
und Museen. Meist wird der Begriff verwendet, wenn es um den erfolgten oder
drohenden Verlust oder umgekehrt um den Erhalt von bewahrens-
oder schützenswerten Kulturgütern geht" (
Wikipedia
2004: Kulturgut;
Internetquelle).
Für die Weltbank beziehen sich Kulturgüter auf Sehenswürdigkeiten,
Strukturen, Objekte und Landschaften, die archäologische, paläoontologische,
architektonische, historische, religiöse, ästhetische oder eine andere
kulturelle Bedeutung haben. Das seit 1986 gültige Policy Papier (OPN 11.03)
wird derzeit überarbeitet. Darin sollen über die bisherige Safeguard
Politik des Do-no-harm hinausgehend Länder proaktiv
bei der Bewahrung ihres vergangenen Kulturerbes und der Würdigung von dessen
gegenwärtiger Vielfalt unterstützt werden (vgl.
World
Bank 2001).
Die UNESCO-Kommission sieht angesichts des aktuellen wirtschaftlichen und technologischen
Wandels, der umfassende Möglichkeiten für Kreation und Innovation
eröffnet, die Notwendigkeit, der Vielfalt des Angebots an kreativer Arbeit
besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Gleichzeitig müssten auch die Urheberrechte
von Autoren und Künstlern sowie die Besonderheit kultureller Güter
und Dienstleistungen anerkannt werden. Als Träger von Identitäten,
Wertvorstellungen und Sinn können sie nicht als einfache Waren oder Konsumgüter
betrachtet werden (vgl.
UNESCO
2002: 2).
Eine besondere Diskussion entspinnt sich um die Frage, ob Kulturgüter im
Rahmen des internationalen Handels einen besonderen Schutz genießen sollen.
Es hat sich dabei gezeigt, dass eine Subventionierung der einheimischen Kulturindustrie
oft sinnvoller ist, als der Ruf nach Einführung von Handelsbarrieren. Ein
erfolgreiches Beispiel ist Frankreich, das mit Subventionierung der einheimischen
Filmindustrie seit Mitte der 1990er Jahre nicht nur den Einfluss der US-amerikanischen
Blockbuster zurückgedrängt, sondern gleichzeitig Frankreich zum größten
Filmproduzenten in Europa gemacht hat (
UNDP
2004:16; 122).
zum
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Kulturimperialismus
Imperialismus bezeichnet die zielstrebige Erweiterung und den systematischen
Ausbau des wirtschaftlichen, militärischen, politischen und kulturellen
Macht- und Einflussbereiches eines Staates in der Welt (
Schubert/Klein
2003). Der politische Imperialismus fällt im Wesentlichen mit der Expansionspolitik
der europäischen Staaten zwischen 1870 und 1918 zusammen. Der Vorwurf des
Kulturimperialismus wird heute meist gegen die expansionistische
Kulturindustrie
des Westens und insbesondere der USA erhoben.
Globalisierung,
kulturelle
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Kulturindikatoren
Der Versuch der Ableitung messbarer Kulturindikatoren im Rahmen
von kulturentwicklungspolitischen Aktionsplänen (Stadt, Regionalentwicklung)
wird vor allem in der Kulturökonomie in den letzten Jahren verstärkt
untenrommen (vgl.
Mercer
2002,
Matarasso
2001 und die Arbeit von
Comedia
o. J.).
Kulturindikatoren-Cluster, wie sie von Mercer beschrieben werden, bemessen z.
B.:
- wirtschaftliche Stärke und Dynamik des
kulturellen
Sektors;
- Möglichkeiten für und Widerstände gegen ein kulturelles
Engagement der Nutzer, Konsumenten und Teilnehmer;
- den Umfang, in welchem kulturelle Ressourcen und Kapital genutzt werden,
um einen spezifischen Lebensstil und Identität zu bilden.
Sie sollen zu einer umfassenden partizipativen Kulturplanung beitragen. Mercer
will mit seinem Ansatz die Kulturpolitik aus dem traditionellen Kultursektor
befreien und als ein Menschenrecht auf Kultur und treibende Kraft für
menschliche Entwicklung verstanden wissen. Allerdings wird in Entwicklungskreisen
dieses ursprünglich für die britische Stadtentwicklung entworfene
Konzept im Entwicklungskontext als nur bedingt übertragbar eingeschätzt.
Auf der Beraterliste von klassischen Entwicklungsorganisationen finden sich
inzwischen vermehrt Consultants, die in diesem Sinne kulturberatend tätig
sind (Beispiele: Weltbank, aber auch GTZ). Das hängt unter anderem damit
zusammen, dass Entwicklungspolitik in den Transformationsländern des
Ostens stark an der Förderung der lokalen Kulturpolitik orientiert ist.
Verwendet wurde der Begriff Kulturindikatoren auch von Müller
et al. 1991 (vgl. auch Müller
1996), die im Auftrag des BMZ den Versuch unternahmen, den soziokulturellen
Faktor: kulturelles Erbe zu operationalisieren; ausgearbeitet z. B.
im Atlas vorkolonialer Gesellschaften: Die soziokulturellen Gruppierungen
eines Landes sind im Atlas als analytische Grundeinheiten (AGE) kartiert.
Die AGE sind in den Länderprofilen des Atlas mit einem Satz von 52 Variablen
und Indizes beschrieben. Der Ansatz blieb nicht unwidersprochen und kam in
der EZ-Praxis nicht zum Tragen.
soziokulturelle
Schlüsselfaktoren (vgl. Müller
et al. 1999)
zum
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Kulturindustrie
Kulturindustrie besteht im Wesentlichen aus den Medien der Massenkommunikation
(Printmedien, Musikindustrie, audiovisuelle und elektronische Medien, Videospiele,
Internet) und den zu kommerziellen Zwecken fabrizierten Kulturgütern.
Ihre internationale Dimension verleiht den Kulturindustrien eine bestimmende
Rolle im Bereich der freien Meinungsäußerung, kultureller Vielfalt
und wirtschaftlicher Entwicklung. Sie enthalten neue Möglichkeiten, aber
auch neue Gefahren der Schaffung von Ungleichheit. Deshalb fordert die UNESCO
die Schaffung von"... local capacities and facilitating access to global
markets at national level by way of new partnerships, know-how, control of
piracy and increased international solidarity of every kind" (UNESCO
Kulturportal).
Die Kulturindustrie in der EU (Kino und audiovisueller Bereich, Verlage, Musik
und Kunsthandwerk) ist eine wichtige Quelle von Einkommen und Arbeitsplätzen
und beschäftigt etwa sieben Millionen Menschen. Kultur 2000,
eines der Vorzeigeprogramme der EU, verfügt für sechs Jahre (bis
Ende 2006) über 236 Millionen €. Ihr Ziel ist es, "zur Errichtung
eines europäischen
Kulturraums
beizutragen, die künstlerische und literarische Schöpfung zu fördern,
das Wissen in europäischer Geschichte und Kultur innerhalb und außerhalb
der EU zu fördern; kulturelle Denkmäler und Sammlungen von Bedeutung
für Europa zu erhalten und den Dialog zwischen den Kulturen und die soziale
Eingliederung zu stimulieren" (Bohnet
2002: 327 f., vgl. auch Kulturportal der Europäischen Union: Internetquelle).
Außerdem soll die kulturelle Entwicklung in ärmeren Regionen gefördert
werden (Wahren regionaler Identität, Tourismus, Arbeitsplätze im
Online-Dienstleistungs- und Medienbereich. Das Programm MEDIA, das die Wettbewerbsfähigkeit
des audiovisuellen Sektors in Europa stärken soll, und ebenfalls vorläufig
bis Ende 2006 läuft verfügt über derzeit 513 Millionen €.
Aufgrund der enormen Geschäftspotentiale stellt die Kulturindustrie auch
ein mögliches neues Geschäftsfeld der Entwicklungszusammenarbeit
dar. Eine bildhafte Definition dazu gibt Bohnet: Kulturindustrie ist"...
die Summe der Verarbeitungsindustrie, in die an einem Ende Kreativität
eingefüttert wird, und bei der am anderen Ende vermarktbare Ware herauskommt"
(Bohnet
2002: 327 f.).
zum
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Kulturkompetenz
Kulturkompetenz ist die Fähigkeit, von der eigenen Kultur und Situation
zu abstrahieren, die fremde Kultur in ihrer Besonderheit und im Vergleich
zu der eigenen zu betrachten und die dabei gemachten Beobachtungen und Annahmen
in einer bestimmten (kommunikativen) Situation ziel- und kulturgerecht anwenden
zu können (Ammann
1995: 79).
Kompetenz,
interkulturelle
zum
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Kulturkreis
"Als Kulturkreis bezeichnet man eine Ansammlung von Völkern oder
Nationen, die die gleiche oder zumindest eine ähnliche Kultur haben.
Den Kulturkreis kann man unterschiedlich groß ziehen, je nachdem wie
eng man die Unterschiede misst. So kann man von einem skandinavischen Kulturkreis
sprechen, aber man könnte diese Nationen ebenso gut zum europäischen
Kulturkreis zählen oder zu beiden. Eine größere Einteilung
wäre in Westlicher Kulturkreis, Fernöstlicher Kulturkreis oder in
Arabischer Kulturkreis. Ähnlich ist es mit dem christlichen Abendland
und dem islamischen Orient. Wenn man die Religion als Unterscheidungsmerkmal
weglässt, hat man die durch ihre gemeinsame Geschichte verbundene Alte
Welt, also diejenigen Länder und Erdteile, die seit dem Hellenismus als
zum (griechisch) zivilisierten Kulturkreis (Ökumene) gehörend angesehen
werden" (Wikipedia
2004: Kulturkreis; Internetquelle).
Früher wurde eine Vielzahl von zum Teil sogar transozeanische Räume
umspannenden Kulturkreisen und entsprechend extreme Formen von räumlicher
Ausbreitung (Diffusion) angenommen. Kulturkreistheorien waren Anfang des 20.
Jahrhunderts sehr populär. So unterschied Toynbee 21 Zivilisationen.
Oswald Spengler sprach von acht, von denen die westliche, als Vollendung des
Kulturzyklus, kurz vor dem Untergang stünde ("Der Untergang des
Abendlandes").
Heute werden in Ethnologie und Geographie je nach Schwerpunktsetzung ca. 20
historisch, räumlich und kulturell begrenzte Kulturkreise angenommen,
teilweise aber wegen der völlig unterschiedlichen Konnotationen (sprachliche,
räumliche, politische, kulturell-historische, religionsbezogene Definitionen)
auch völlig darauf verzichtet.
Kulturebenen;
Kulturraum.
Im Alltagssprachgebrauch ist der Ausdruck als Ausdruck der Fremdartigkeit
eines Gegenübers ("er/sie kommt aus einem anderen Kulturkreis")
jedoch sehr verbreitet.
Huntingtons Kulturkreise beziehen sich explizit auf Matthew Melkors Zivilisationstheorie
von 1982 und fügen den dort genannten Kulturkreisen (sinischer, japanischer,
westlicher, hinduistischer, islamischer) noch den lateinamerikanischen, orthodoxen
Kulturkreis" und möglicherweise die afrikanische Kultur" hinzu
(Huntington
2002: 57).
Kampf
der Kulturen
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Kulturlandschaft
Kulturlandschaften sind natürliche Landschaften mit kultureller Bedeutung
wie auch vom Menschen bewusst gestaltete Landschaften. Es geht also um Landschaften,
die von natürlichen Prozessen wie Klimaveränderungen ebenso geprägt
sind wie durch die Aktivität von Menschen, oder die durch Assoziation
mit historischen Ereignissen, Aktivitäten oder Personen Bedeutung gewonnen
haben (vgl. World
Bank 1998). Die Kulturlandschaft beeinflusst die Entstehung und Ausprägung
der dort lebenden Gesellschaften und umgekehrt beeinflussen die Individuen
und Gruppen durch die Aktivitäten die Kulturlandschaft.
Kulturraum
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Kulturmaterialismus
Die theoretische Richtung des Kulturmaterialismus wurde vom amerikanischen
Ethnologen Marvin Harris begründete. Sie misst der Umwelt, den Produktionsmitteln
und den materiellen Voraussetzungen bei der Determinierung gesellschaftlicher
Teilbereiche (etwa Religion) einen höheren Stellenwert bei als der geistigen
Ebene der Werte, Ziele, Normen und Glaubensvorstellungen. Ihr Motto lautet:
Das (materielle Da)Sein bestimmt das Bewusstsein in Kulturen. So versuchte
Harris, für Phänomene wie Nahrungsvorschriften, Tabu (Meidung) und
Kannibalismus materialistische Erklärungen zu finden (vgl. Beer
1999a: 24).
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Kulturmuster
Die Organisation einzelner Kulturelemente zu charakteristischen Ganzheiten
oder Mustern wird als Kulturmuster oder "patterns"; bezeichnet.
Der Begriff wurde von Ruth Benedict eingeführt (Patterns of Culture,
1934) und ist eng mit einer anthropologischen Denkschule der 1930er Jahre
verknüpft (Cultureand-Personality-Schule; vgl. Stagl
1999b: 284). Wegen seines Schematismus findet der Begriff heute in der
Wissenschaft keine Verwendung mehr.
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Kulturnation
Nation
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Kulturökonomie
Kulturwirtschaft
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Kulturoptimismus
Der Kulturoptimismus unterstellt, dass Veränderung im Regelfall eine
Verbesserung ist. Daraus resultiert eine positive Bewertung des Neuen
sowie eine negative Bewertung des Alten, also Überholten.
Entsprechend diesem Denken wird unsere heutige Zivilisation als besser als
frühere bewertet und es wird angenommen, dass zukünftige Zivilisationen
besser als unsere heutige sind (Wikipedia
2004: Fortschritt; Internetquelle).
Fortschritt;
Kulturpessimismus
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Kulturpessimismus
Unter Kulturpessimismus wird nach Wikipedia eine Anschauung verstanden, die
den gegenwärtigen Tendenzen und zukünftigen Entwicklungen einer
Kultur mit Pessimismus gegenübersteht. Der Begriff war ursprünglich
auf die Kultur als Gesellschaftsordnung bezogen und sollte einen Gegenpol
zum
Fortschrittsglauben
und dem
Kulturoptimismus
beschreiben. Heute wird Kulturpessimismus vor allem hinsichtlich der kulturellen
Erzeugnisse einer Gesellschaft verwendet. Der Kulturpessimist erwartet den
nahen Niedergang und Untergang von Kunst, Kultur und Gesellschaft, nach dem
Motto: Es wird alles immer schlimmer. Er ist von den Erzeugnissen
der Kulturindustrie und der Medien enttäuscht, weil sie tatsächlich
oder vermeintlich den eigenen Ansprüchen nicht genügen. Die
wesentlichen Gedanken zum Thema finden sich bereits bei Sigmund Freud in seinem
Text Das Unbehagen in der Kultur von 1930. (Wikipedia
2004: Kulturpessimismus; Internetquelle)
Kulturoptimismus
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Kulturpolitik
Kulturpolitik kann je nach zugrunde liegendem
Kulturbegriff
auf jegliche Form gesellschaftlicher Beziehungen bezogen werden oder nur die
traditionellen Künste (bildende Kunst, darstellende Kunst, Musik, Literatur)
einschließen. Vor allem auf Letztere bezogen, bezeichnet Kulturpolitik
alle politischen und verbandlichen Aktivitäten, die zur Förderung
(Bildung, Ausbildung, Verbreitung) und Erhaltung kultureller Güter und
Leistungen (z. B. Denkmalschutz) und zur Sicherung der künstlerischen
Rechte (z. B. geistiges Eigentum, Verwertung) dienen. Kulturpolitik soll Bedingungen
schaffen, die die Produktion und die Verbreitung von unterschiedlichen
Kulturgütern
und kulturellen Dienstleistungen durch
Kulturindustrien
fördern.
Bis in die Mitte der 1960er Jahre galt Kulturpflege als eine politische Leitvorstellung
des westdeutschen Staates, so Metzlers Lexikon zur Kultur der Gegenwart. Seither
gibt es eine Diskussion um Kulturpolitik als Pflichtaufgabe oder als freiwillige
Leistung zur Gestaltung der kulturellen Versorgung durch den Bund, die Länder
und die Kommunen. Grundlage einer öffentlichen Kulturpolitik ist der
Artikel 5 des Grundgesetzes, in dem die Freiheit der Kunst proklamiert wird.
Darauf aufbauend ist das Recht auf Kultur auch in den verschiedenen Länderverfassungen
verankert. Auch im Einigungsvertrag der Bundesrepublik mit der DDR wird ein
gemeinsamer Kulturauftrag festgeschrieben. (vgl. Schnell
2000)
Kulturpolitik in Deutschland ist in erster Linie Kommunalpolitik. Rahmenbedingungen
setzen die Kulturausschüsse der Kommunen und der Länder sowie in
zunehmendem Maße auch die Künstler und Kulturschaffenden mit ihrer
Lobbytätigkeit. Der Deutsche Kulturrat arbeitet als Dachverband von mehr
als 200 Bundesverbänden und versteht sich als kulturpolitisches Forum
der Kunst und Medienberufe, der Kulturwirtschaft, der Kunstwissenschaft, der
kulturellen Bildung und der Kulturvermittlungen. Auf Bundesebene wird die
Kulturpolitik seit 1998 in einem Bundestagsausschuss für Kultur und Medien
diskutiert und durch den Bundesbeauftragten für Angelegenheiten der Kultur
und der Medien im Bundeskanzleramt umgesetzt. (vgl. Schnell
2000)
Scheytt (2003)
sieht im öffentlichen Diskurs drei Begründungsebenen für Kulturpolitik:
Zum einen wird Kulturpolitik von der öffentlichen Hand her
begründet: Kultureinrichtungen sind danach auch bei knapper werdenden
Mitteln zu erhalten. Es geht um die Aufrechterhaltung des Kulturbetriebs.
Zum zweiten werde Kulturpolitik von den Bürgern her fundiert.
Freiwilligenarbeit, bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement
können und sollen danach die öffentliche Förderung ergänzen,
wenn nicht gar ersetzen. Drittens werde Kulturpolitik von der Ökonomie
her gedacht. Dieses Argumentationsmuster setzt auf Kultur als Standortfaktor,
auf die volkswirtschaftliche Bedeutung von Kunst und Kultur, auf Arbeitsplätze
und das effektive Wirtschaften mit öffentlichen Geldern im Rahmen der
Kulturbetriebe. (
Kultur
als Sektor;
Kulturwirtschaft)
Opielka (2003)
plädiert dagegen für einen ganzheitlichen, an der
UNESCO-Definition
orientierten Kulturbegriff innerhalb der Kulturpolitik (
Kulturpolitik,
auswärtige). Kulturpolitik als wissenschaftliche Disziplin ist
an Hochschulen bisher kaum verankert. Zur bislang einzigen deutschsprachigen
Gesamtdarstellung vgl. Fuchs
1998.
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Kulturpolitik, auswärtige
Es obliegt jedem Staat selbst, unter Berücksichtigung seiner internationalen
Verpflichtungen, seine Kulturpolitik zu definieren und sie durch Maßnahmen
umzusetzen, die ihm dafür sinnvoll erscheinen. Der Aktionsplan
Kulturpolitik für Entwicklung der zwischenstaatlichen Konferenz
der UNESCO 1998 in Stockholm wird für diesen Zusammenhang als richtungweisend
anerkannt. Kulturpolitik soll danach eine der Schlüsselfaktoren in Entwicklungsstrategien
werden. Kreativität und Teilhabe am kulturellen Leben, das kulturelle
Erbe und kulturelle Industrien sollen ebenso wie sprachliche Vielfalt im Informationssektor
gestärkt werden.
Dieses, auch von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnete Dokument formuliert
für die Kulturpolitik Leitsätze, die gemäß der Kompetenzverteilung
zwischen dem Bund und den Ländern nach dem Grundgesetz im Rahmen der
Kulturhoheit der Länder in konkrete Landespolitik umzusetzen sind. Der
von der Weltkonferenz über Kulturpolitik der Vereinten Nationen in Mexico
City (
Mondiacult)
1982 formulierte erweiterte Kulturbegriff ist mit seinen sachlichen und rechtlichen
Auswirkungen methodische Grundlage (vgl. UNESCO
2002: 3).
Einen regelmäßig aktualisierten bibliographischen Überblick zur deutschen
auswärtigen Kulturpolitik gibt das Institut für Auslandsbeziehungen in Stuttgart
(vgl. IFA 2006;
Internetquelle).
Weitere Informationen zum Thema Auswärtige Kulturpolitik gibt auch das gemeinsame
Internetportal der Mittlerorganisationen auswärtiger Kulturpolitik der BRD:
www.deutsche-kultur-international.de.
Kulturentwicklung
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Kulturpolitik, (auswärtige)
in Deutschland
Die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) ist integraler Bestandteil
der Außenpolitik der deutschen Bundesregierung. Sie setzt sich insbesondere
für Völkerverständigung, Friedenssicherung, Konfliktverhütung
und Verwirklichung der
Menschenrechte
ein. Dabei ist nationale Selbstrepräsentation kein Ziel, sondern Völkerverständigung
und Frieden durch Dialog und Kooperation.
In einer Selbstdarstellung zur AKBP hält das Außenministerium dazu
fest: "Die internationalen Konflikte der vergangenen Jahre haben den
Bedarf an Verständigung zwischen unterschiedlichen Kulturen nachdrücklich
demonstriert. Die Auswärtige Kultur und Bildungspolitik unterstützt
diesen Dialog durch die Förderung von Jugendbegegnungen, Hochschul- und
Wissenschaftsaustausch, Stipendien, deutschen Auslandsschulen, Theater-, Musik-
und Filmprojekten sowie Sprachkursen. Wichtigste Bereiche sind das Auslandsschulwesen,
Hochschulstipendien und Wissenschaftleraustausch und Betriebs- und Programmmittel
für das Goethe-Institut Inter-Nationes. (...)
Konkrete Überschneidungen mit dem Feld der Entwicklungspolitik ergeben
sich vor allem über das Sonderprogramm Europäisch-islamischer
Kulturdialog, für das das Amt des Beauftragten für den Dialog
mit der islamischen Welt und den Dialog der Kulturen eingerichtet wurde. Eine
weitere Schnittstelle ist die wesentlich vom Auswärtigen Amt finanzierte
Arbeit der deutschen UNESCO-Kommission.
Menschenrechte,
Demokratie, Bildung und Kultur gelten hier als wesentliche Bestandteile einer
umfassenden und kooperativen Friedenssicherung. (zusammenfassend zitiert aus:
Auswärtiges Amt 2002)
Zum Schutz des
immateriellen
Kulturerbes hat die
UNESCO
2002 unter deutscher Mitwirkung mit der Ausarbeitung eines Internationalen
Abkommens begonnen, das am 20.Oktober 2005 als "Übereinkommen zum
Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen"
mit überwältigender Mehrheit der Mitgliedstaaten verabschiedet wurde.
Das Übereinkommen schafft unter anderem eine völkerrechtlich verbindliche
Grundlage für das Recht aller Staaten auf eigenständige Kulturpolitik,und
wird jetzt schon als die Magna Charta der Internationalen Kulturpolitik
bezeichnet (vgl. Deutsche
UNESCO-Kommission 2006).
Einen regelmäßig aktualisierten bibliographischen Überblick zur deutschen
auswärtigen Kulturpolitik gibt das Institut für Auslandsbeziehungen in Stuttgart
(vgl. IFA 2006;
Internetquelle).
Weitere Informationen zum Thema Auswärtige Kulturpolitik gibt auch das gemeinsame
Internetportal der Mittlerorganisationen auswärtiger Kulturpolitik der BRD:
www.deutsche-kultur-international.de.
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Kulturpolitik, (auswärtige) in Europa
Die Europäische Union hat bis heute keine konsistente Kulturpolitik formuliert.
Artikel 151, 3 des EG-Vertrages ("Die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten
fördern die Zusammenarbeit mit dritten Ländern und den für
den Kulturbereich zuständigen internationalen Organisationen, insbesondere
mit dem Europarat";) wie auch Artikel 151, 4 ("Die Gemeinschaft
trägt bei ihrer Tätigkeit aufgrund anderer Bestimmungen dieses Vertrags
den kulturellen Aspekten Rechnung, insbesondere zur Wahrung und Förderung
der Vielfalt ihrer Kulturen";) würden es aber schon heute erlauben,
"eine dynamische Kulturinnenund Kulturaußenpolitik zu definieren
und zu entwickeln"; (Weber
2002).
Für Weber ist europäische Außenkulturpolitik" zugleich
Kulturinnenpolitik, Interkultur, Wissenschafts-, Kommunikations-, Bildungs-
und Zukunftspolitik, Gesellschaftspolitik, Sicherheitspolitik und Entwicklungspolitik.";
Eine so weit gefasste Kulturpolitik versteht sich nicht mehr nur angebotsorientiert
(Kulturinstitute, Export nationaler Kultur), sondern zunehmend dialog- und
nachfrageorientiert (Beratungs-, Vermittlungs- und Vernetzungsangebote zwischen
zivilgesellschaftlichen Bewegungen). Sie zielt in diesem Sinn auf eine prozess-
und projektorientierte Kooperation, "in der die Zivilgesellschaft über
ein weltweites Netzwerk von Lernorten der Weltkultur, Dialogräumen der
Interkultur und Kunstund Kulturwerkstätten eine tragende Rolle spielt";
(Weber 2002).
Eine solche Kulturpolitik die derzeit noch in den Anfängen steckt
versteht sich auch als werte- und rechtsorientiert, indem sie "klar
formulierte und einklagbare kulturelle Rechte"; in den Mittelpunkt ihrer
Arbeit stellt (Weber
2002).
Als Entwicklungspolitik müsste die europäische Außenkulturpolitik
nach Weber "vom kurzfristigen Kulturaustausch zur langfristigen Kulturkooperation
übergehen";, in der Kulturentwicklungspolitik zur Querschnittsaufgabe
einer zukunftsfähigen Weltordnungspolitik, einer Art global
und cultural governance wird, und Kultur Basis für eine Entwicklung
ist, die nachhaltig und ganzheitlich angelegt sein muss (Weber
2002).
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Kulturraum
Kulturraum lässt sich laut IKO (2004)
je nach Perspektive auf ganz unterschiedlichen Ebenen definieren:
1. politisch (Nation). Vorteil: gute Handhabbarkeit und Orientierungsfunktion;
Nachteil: ohne historische Tiefe; Kulturen könnten per Dekret entstehen
und vergehen (z. B. DDR);
2. geographisch (Länderregion, z. B. Ostasien). Vorteil:
genaue Lokalisierung; Nachteil: zufällige und historisch evt. zusammenhanglose
Bestimmung, die überdies perspektivenabhängig ist (z. B.: Deutschland
zählt für Frankreich zu Zentraleuropa, aus deutscher
Sicht zu Westeuropa);
3. sprachlich (Sprachgemeinschaft, z. B. frankophon). Vorteil:
historische Tiefe, Nachteil: Gefahr der Überdeterminierung und -generalisierung;
4. kulturanthropologisch (ideen- und religionsgeschichtlich kompatible Gemeinschaften,
z. B. romanisch) Vorteil: historisch und geistesgeschichtlich
sensibel; Nachteil: Gefahr der Überdeterminierung; ist nicht sensibel
für moderne translokale Prozesse;
5. soziologisch (
Lebenswelten
im Sinne identitätsstiftender Wir-Gruppen unterschiedlicher Größe).
Vorteil: keine Übergeneralisierung; wenig Stereotypisierung; Nachteil:
Der Kulturbegriff ist hier zwar vielschichtig, aber gleichzeitig relativ beliebig
und unscharf und deshalb schwer handhabbar.

Die wichtigsten Sichtweisen zur Kulturraum-Bestimmung mit
Vor- und Nachteilen
(Quelle: IKO
2004; Internetquelle)
Auch besteht das Problem der territorialen Eingrenzung der eigenen lebensweltlichen
Kultur: Geht es um aktuelle regionale Lebenswelt, um den Bezug auf die Geburtsregion,
auf deutsche Kultur? Wird der Begriff Sprachraum politisch verstanden
und in welcher historischen Realisationsform? So besitzt jegliche räumliche
Eingrenzung lediglich Orientierungsfunktion und beinhaltet letztlich einen pragmatischen
Kompromiss, da die faktischen Überlappungen und Vernetzungen von Kulturen
ebenso wie die Dynamik des lebensweltlichen Kulturbegriffs im Grunde genommen
jedwede Eingrenzung ausschließen: Kulturen sind keine Container, sie sind
nicht klar voneinander abgrenzbar, sondern als Zeichen ihrer Vernetzung an den
Rändern mehr oder minder stark ausgefranst zu denken. Die tabellarische
Übersicht fasst noch einmal die wichtigsten Sichtweisen zur Kulturraum-Bestimmung
zusammen und nennt die Vor- bzw. Nachteile der jeweiligen Begriffsverwendungen
(vgl.
Interkulturelle
Kompetenz Online 2004).
Kulturlandschaft;
Kulturkreis;
Kulturebenen
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Kulturrelativismus
Kulturrelativismus bezeichnet die Doktrin, nach der kulturelle Phänomene
nur in ihrem eigenen Kontext verstanden, beurteilt und bewertet werden können
(emisches Verstehen). Die Einzigartigkeit und das Besondere jeder
Kultur werden also betont.
Kulturrelativismus als Methode ist mit einer möglichst wertfreien, eher
aus dem kulturellen Kontext Hypothesen generierenden induktiven Herangehensweise
an fremde Kulturen verknüpft.
In seiner Extremform verzichtet der Kulturrelativismus auf jede Bewertung fremdkultureller
Phänomene und damit in der Praxis auf jede Rechtfertigung für handelndes
Eingreifen in fremde Kulturen (vgl.
Stagl
1999c: 226). Allerdings führt sich ein ganz strenger Relativismus selbst
ad absurdum. Er erklärt interkulturelle Verständigung bzw. gelungene
interkulturelle
Kommunikation letztlich für unmöglich.
Universalien;
Ethik
zum
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Kulturschmelze
"In der Diskussion über kulturelle Globalisierung gibt es eine sehr
populäre Auffassung, nach der eine sich immer stärker ausbreitende
USamerikanische bzw. westliche Kultur die Kulturen in den anderen Ländern,
Regionen und Kontinenten verdränge und alles zum großen Einheitsbrei,
der
McDonaldisierung
(George Ritzer), einer Cocacolaization (Zdravko Mlinar) oder der
McWorld
(Benjamin Barber) zusammenschmelzen würde"; (
Wagner
2002;
Internetquelle).
Mehrere Autoren verwenden dafür den Begriff "Kulturschmelze";.
Dagegen stellen sich Vertreter, die mit teils sehr eindrücklichen Beispielen
eine aktive und z.T. umgestaltende Gegenbewegung gegen diese Kulturhegemonie
des Westens belegen. So hat der weltweit ausgestrahlte Musiksender MTV schon
früh von seinem einheitlichen Sendekonzept"...und den für alle
gleichen Videoclips Abstand nehmen müssen und erreicht seine Zuschauer
von Brasilien bis Japan, Großbritannien bis Indien inzwischen mit 28 regionalspezifischen
MTV-Sendern, welche die lokalen Besonderheiten berücksichtigen und die
einheimischen Stars und Hits in entsprechender Zahl in das Programm einbauen";
(
Wagner 2002;
Internetquelle).
Globalisierung,
kulturelle;
Glokalisierung;
Hybridität.
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Kulturschock
Kulturschock wird heute alltagssprachlich für alle möglichen Formen
der Verunsicherung im Ausland benutzt (vgl. einschlägige Buchreihen mit
dem gleichnamigen Titel). Psychologisch gesehen ist er ein tief greifender Orientierungsverlust,
angesichts massiver Fremdheitserfahrung beim Aufenthalt in einer fremden kulturellen
Umgebung, der einen aber auch nach erfolgreicher
Akkulturation
in der Gastkultur bei der Rückkehr treffen kann. Der Kulturschock kann,
muss aber nicht auftreten, ist somit stark persönlichkeits- und situationsabhängig.
Der Kulturschock kann als Abfolge verschiedener Phasen beim Aufenthalt in einer
anderen Kultur beschrieben werden. Dabei geht es um den Umgang mit störenden
Umwelteinflüssen wie körperlich wahrnehmbaren Unterschieden (Speisen,
Hygiene, Tierwelt etc.), sinnlich wahrnehmbaren Unterschieden (Anblicke, Geräusche,
Gerüche etc.) und kulturellen Unterschieden (Sitten, Traditionen, Einstellungen,
Sprache, Religion etc.), die meist zu Stress führen (vgl.
Röbke/Wagner,
2002: 1924).
Der Erfinder dieses Begriffs, Kalvero Oberg, hat bereits 1960 verschiedene
Phasen des Kulturschocks beschrieben, die sich idealtypisch in einem U-förmigen
Verlauf anordnen. Sie lassen sich wie folgt beschreiben:
1. Euphorie: Man freut sich auf das Neue und reagiert anfangs überschwänglich,
weil man nur das (positiv) Erwartete wahrnimmt.
2. Missverständnisse: Man erkennt die Normalitätsregeln der Zielkultur
teilweise nicht und erzeugt Missverständnisse, weist sich aber als Neuankömmling
die Schuld selbst zu.
3. Kollisionen: Die Ursachen der Missverständnisse bleiben einem verborgen,
man weist den anderen die Schuld zu, resigniert teilweise und neigt zu einer
starken Aufwertung der eigenen Kultur.
4. Unterschiede werden akzeptiert und Widersprüche ausgehalten. Man bemüht
sich um ein Verstehen.
5. Akkulturation: Man versteht die Unterschiede weitgehend und tendiert zur
Übernahme fremdkulturspezifischer Verhaltensmerkmale" (weitgehend
nach:
Interkulturelle
Kompetenz Online 2004).

Die Kulturschock-Kurve (Quelle: IKO
2004; Internetquelle)
Der Kulturschock verläuft nicht bei allen Menschen in gleicher Weise.
Der sog. Assimilationstyp übernimmt problemlos die Werte und Normen der
Fremdkultur. Der Kontrasttyp erlebt die kulturellen Unterschiede besonders
deutlich und lehnt die Gastkultur radikal ab. Der Grenztyp erfährt beide
Kulturen als Träger bedeutungsvoller Werte und Normen und schwankt zwischen
ihnen. Der Synthesetyp verschmilzt die für ihn bedeutsamen Elemente zu
einer neuen Einheit. Ein weiterer Typ wird zum Einheimischen (ging
native) und gibt die Bindung an die eigene Kultur auf (vgl. Röbke/Wagner,
2002: 19–24).
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Kultursektor
Der Wirtschaftsbereich, in dem die
Kulturindustrie
angesiedelt ist. In ihm findet die Schaffung, Verbreitung und Erhaltung von
künstlerischen Werken statt. Künstler/Kunsthandwerker geben mit
ihrer Kreativität Anstöße für die gesamte Kulturindustrie
(Verlage, Theater, Tonträgerindustrie, Film, Hörfunk, Fernsehen,
Museen), die ihre künstlerischen Impulse der Öffentlichkeit zugänglich
macht. Der Kultursektor ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor (20 Mrd. €
Bruttowertschöpfung; 680.000 Beschäftigte; vgl. Bohnet
2002). Der Staatsanteil an der Kulturproduktion liegt je nach Berechnung
bei etwa 20 % (vgl. Opielka
2003; Internetquelle).
Der von der BRD unterzeichnete Aktionsplan Kulturpolitik für Entwicklung
der
Mondiacult-Konferenz
1998 in Stockholm formuliert zwar in erster Linie Leitsätze für
die nationalen Kulturpolitiken, er beeinflusste aber auch die Politik der
nationalen und internationalen Entwicklungshilfegeber. Die Interventionsfelder
"dieser spezifischen Form des cultural turn in der multilateralen
Entwicklungszusammenarbeit" (Hüsken
2004) werden durch fünf Politikziele umrissen:
1. Kulturpolitik als Schlüsselkomponente von Entwicklungsstrategien (Integration
aller Politiken, die dem Ziel der kulturellen Entwicklung dienen (wie der
interkulturelle Dialog; die Förderung der
Menschenrechte);
2. Die Förderung von Kreativität und Teilhabe im kulturellen Leben
(d. h. besonders die Förderung benachteiligter Gruppen wie Frauen, Kinder,
Jugend, Alte, Minoritäten);
3. Einleitung von Politiken und Verfahren zur Sicherung und Verstärkung
des kulturellen Erbes (nicht nur des Weltkulturerbes, sondern aller möglichen
Formen) und die Förderung der Kulturindustrie (auswärtige Kulturpolitik;
Ausbildung von Fachkräften, sanfter Kulturtourismus);
4. Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt innerhalb und
für die Informationsgesellschaft (besonders Aufbau von multimedialen
Kommunikationssystemen und die Einrichtung moderner Informationstechnologien
wie Radio, TV, PC-Ausrüstung und -ausbildung);
5. Sicherstellung größerer humaner und finanzieller Ressourcen
für die kulturelle Entwicklung (vgl. UNESCO
1998: 48 und Claus
2001: 316 f.).
Auf der Methodenebene wird in Entwicklungskreisen jüngst häufig
auf die von der schwedischen Entwicklungsagentur Sida in Auftrag gegebene
Studie "Towards Cultural Citizenship. Tools for Cultural Policy and Development"
von Colin Mercer (Mercer
2002) hingewiesen. Mercer will mit seinem Ansatz die Kulturpolitik aus
dem traditionellen Kultursektor befreien und als ein Menschenrecht auf Kultur
und treibende Kraft für menschliche Entwicklung verstanden wissen.
Rechte,
kulturelle.
Zur Steuerung dieses umfassenden Kulturansatzes, auf den inzwischen auch die
Weltbank bei ihren Kulturerbe- und Stadtentwicklungsprojekten sowie die schweizerische
EZ zurückgreift, hat Mercer Sets von quantitativen und qualitativen
Kulturindikatoren
entwickelt, mit denen lokale kulturelle Ressourcen und lokales
(soziales)
Kapital zur Potentialentwicklung von Stadtteilen erhoben werden können.
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Kultursensibilität
Die zunehmende Globalisierung und Internationalisierung der Märkte führt
unsere Gesellschaft zu einer immer wieder neuen kulturellen Zusammensetzung
der Bevölkerung. Ziel einer kultursensiblen Sicht sollte es sein, die
Wahrnehmung für die eigenen Norm und Werthaltungen zu schärfen und
den Blick für das Fremdverstehen zu öffnen. Dies bedeutet einen
respektvollen, feinfühligen, aber auch auseinandersetzenden, distanzierenden
Umgang mit der eigenen und der anderen Kultur. Kultursensibilität ist
ein wichtiger Teil
interkultureller
Kompetenz.
Die GTZ erwähnt den Begriff erstmal 2003 in einem Strategieworkshop.
Zuerst wurde der Begriff kulturdifferenzierte Dienstleistungen
gewählt. Da dies zu direktiv klingt (als wolle die TZ von sich aus festlegen,
welche kulturelle Anpassung von Beratungsleistungen für ein bestimmtes
Land vorgenommen wird, was jedoch nur in enger Abstimmung mit dem Dienstleistungsempfänger
erfolgen kann), ersetzte man es durch den Ausdruck kultursensibel.
Kulturverträglichkeit
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Kulturstandards
Von dem Regensburger Sozialpsychologen Thomas popularisiertes Modell für
die Erklärung und Bearbeitung interkultureller Unterschiede, das neben
Hofstedes
Kulturdimensionen
in Deutschland am bekanntesten ist. Kulturstandards bezeichnen" (...)
alle Arten des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handelns (...), die von der
Mehrzahl der Mitglieder einer bestimmten Kultur für sich persönlich
und andere als normal, selbstverständlich, typisch und verbindlich angesehen
werden. Eigenes und fremdes Handeln wird auf der Grundlage dieser Kulturstandards
beurteilt und reguliert" (Thomas
1996: 112).
Nach Thomas verfügt ein Individuum nach erfolgreicher Sozialisierung
in eine Monokultur, d. h. ein abgegrenztes, einzigartiges Handlungsfeld mit
überwiegend homogener ethnischer und kultureller Identität, über
spezifische normkonforme Wahrnehmungs-, Denk und Verhaltensschemata. Diese
Kulturstandards" ... besitzen innerhalb der Monokultur eine
routinisierte, für den Handelnden nicht mehr bewusstseinspflichtige Sinnhaftigkeit
und Handlungsrelevanz, deren Gültigkeit von ihren Trägern in (ethno-)zentristischer
Weise generalisiert wird. Interkultureller Kontakt oder
Überschneidungssituationen
sind Sonder- und Grenzsituationen, in denen inkompatible Kulturstandards
in einem
clash
of cultures aufeinanderprallen. Es kommt zu kritischen Interaktionserfahrungen
critical
incidents, bei denen die Dramatik des gegenseitigen Unverständnisses"
(Thomas
1999: 106) im Extremfall zur Handlungsunfähigkeit führen kann.
Letztlich stellt Thomas Modell Kultur und Natur gleich. Der Kultur wird
eine Wesenhaftigkeit unterstellt, die mit dem organischen Weltbild der deutschen
Romantik korrespondiert. Kultur gilt nicht als menschliche Konstruktion, sondern
als vorbewusste natürliche Gemeinschaft. Zudem sind Standardisierungen
stets kritisch zu betrachten, da eine Monokultur sicher selten anzutreffen
ist.
Breidenbach/Nyíri (2004)
weisen darauf hin, dass die meisten professionellen
Interkulturalisten
die Datengrundlage für ihre Erkenntnisse über Fragebögen und
Interviews schaffen. Vor dem Hintergrund der Tatsache, "dass nicht einmal
die Hälfte dessen, was Menschen über sich sagen, ihren Handlungen
entspricht" (Miller
1998: 68 ff.), ist die Aussagekraft und Reichweite solcher Forschungsergebnisse
begrenzt. (Kritik am klassischen Kulturstandardansatz z.B. bei Hüsken
2003; Internetquelle).
Sie sollten in jedem Fall durch situationale, akteurs- und handlungsorientierte
Erhebungsformen ergänzt werden.
In letzter Zeit wird versucht, den Kulturstandards durch eine konstruktivistische
Umdeutung als quasi spielerisches Erkenntnismittel in der Kulturbegegnung
ihren stereotypenhaften Charakter zu nehmen: "Kulturstandards werden
in diesem Sinn als eine Form gesellschaftlicher und individueller Wirklichkeitsdeutung
gesehen, die Optionen in
kulturellen
Überschneidungssituationen [...] bieten, erlebte Wirklichkeit
in bestimmter Weise wahrzunehmen, zu interpretieren und gleichzeitig (sprachlich)
zu (re)konstruieren" (Mayer
2004: 22; Internetquelle).
Kugelmodell
von Kultur;
Kultur
als abgeschlossenes System
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Kulturtourismus
Kulturtourismus bezieht sich auf alles Reisen von Menschen zu kulturellen
Attraktionen, die sich nicht an ihrem Wohnort befinden, mit der Absicht, neue
Informationen und Erfahrungen zur Befriedigung ihrer kulturellen Bedürfnisse
zu sammeln. Dies kann sich auf Kulturerbestätten, künstlerische
und kulturell bedeutsame Monumente, aber auch Kunst-Events beziehen (vgl.
Richards
1996: 24).
Erst seit wenigen Jahren (in Folge der Stockholmer
Mondiacult-Konferenz
von 1998) wird in der (bilateralen und multilateralen) Internationalen Zusammenarbeit
diskutiert, inwieweit gezielte Tourismusförderung eine Möglichkeit
zur regionalen Entwicklung in Dritte-Welt-Ländern darstellt.
Herdin/Luger (2001)
stellen dazu in einem Überblicksartikel fest: "Von einer kulturwissenschaftlichen
Perspektive aus wäre zu fragen, ob es durch Urlaubsreisen in die Dritte
Welt tatsächlich zu einem
Dialog
der Kulturen kommt und inwieweit der Tourismus als Bestandteil
der globalen Unterhaltungsindustrie bzw. in Verbindung mit anderen Faktoren
Modernisierungseffekte bewirkt, damit kulturelle Eigenarten einer Vermarktung
aussetzt, die zum Verlust dieser Eigenart führen könnte. (...) Während
Weltbank und die Welttourismusorganisation WTO durch ihre Tourismusförderpolitik
eine Verbesserung der Wirtschaftsentwicklung und vielleicht auch Völkerverständigung
erzielen möchten, wird von tourismuskritischer Seite in Zweifel gezogen,
dass Tourismus zum Abbau von Vorurteilen und Aufbau von Toleranz beitragen
kann. Insbesondere kurzzeitige Aufenthalte verstärken eher noch Vorurteile
bzw. Ablehnung" (Herdin/Luger
2001; Internetquelle).
Auch die UNESCO hat ein eigenes Programm zur kultursensiblen Förderung
des Kulturtourismus in seinen 190 Mitgliedsstaaten (vgl. UNESCO Kulturportal).
In Abhängigkeit vom jeweiligen Kulturbegriff (z. B.
Hochkultur,
Popularkultur,
Kultur als Lebensform etc.) existieren zwischen den europäischen Ländern
naturgemäß Unterschiede in Verständnis und Definition des
Kulturtourismus. Seit kurzem wird Kulturtourismus als ein mögliches neues
Geschäftsfeld der deutschen Entwicklungszusammenarbeit genannt (vgl.
Dümcke
2002; Internetquelle).
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Kulturtransfer
Zu den Prozessen des Kulturtransfers gehören die Übertragung und
Vermittlung von Artefakten zwischen kulturellen Systemen, die in drei strukturelle
Komponenten unterschieden werden können: Selektionsprozesse, Vermittlungsprozesse
und Rezeptionsprozesse (vgl. Lüsebrink
2003, nach Wille
2003: Kulturtransfer; Internetquelle).
Anhand von Selektionsprozessen wird untersucht, welche Praktiken, Artefakte,
Stile von einer Kultur in eine andere übertragen und vor allem in welcher
Intensität diese übernommen werden. Die jeweiligen Vermittlungsinstanzen
bzw. -prozesse stellen nach Wille einen zentralen Aspekt des Kulturtransfers
dar.
"Die Typologie interkultureller Vermittler unterscheidet zwischen individuellen
Vermittlern (Touristen, Austauschschüler, Entwicklungshelfer), professionellen
Vermittlern (Übersetzer, Fremdsprachenlehrer, Auslandskorrespondenten),
institutionellen Vermittlern (Kulturinstitute der auswärtigen Kulturarbeit,
Auslandsabteilungen der Kommunen, Regierungen und Medien) und interkulturellen
Vermittlungssituationen, in denen formelle oder informelle Kontakte zwischen
den jeweiligen Kulturen entstehen (vgl. Lüsebrink
2003). Eng verbunden mit Selektionsprozessen sind Rezeptionsprozesse;
Rezeption beschränkt sich hier nicht auf die Wahrnehmung, Aufnahme fremdkultureller
Phänomene, sondern schließt deren produktive Aneignung mit ein"
(Wille 2003:
Kulturtransfer; Internetquelle).
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Kulturverlust
Der Begriff bezieht sich in der Regel auf den schützenswerten Kulturbesitz
(kulturelles Erbe) einer Gemeinschaft, der in Teilen oder vollständig
zerstört werden bzw. unersetzbar verloren gehen kann. Er hat meist normativen
Charakter. Kulturverlust wird beklagt oder er droht. Kulturen werden dabei
als abgrenzbare Einheiten mit gemeinsamer Sprache, religiösen Vorstellungen,
Ritualen, Symbolen, Wertekanon, Traditionen und daraus entstehenden Artefakten
verstanden (
Kultur
als abgeschlossenes System;
Tradition).
Der Begriff wird aber auch für Verluste in Teilbereichen des öffentlichen
Raums (z.B. im
Kultursektor)
gebraucht.
Während
Kulturerhalt
überwiegend Artefakte im Auge hat, bezieht sich Kulturverlust viel stärker
auf die nichtmateriellen kulturellen Errungenschaften. Am häufigsten
wird er heute verwendet zur Kennzeichnung bei:
- drohendem Verlust der eigenen kulturellen Traditionen und Gepflogenheiten:
bei indigenen Gruppen z.B. durch die Mehrheitsgesellschaft (
Ethnozid)
oder durch den Massen-Tourismus (z.B. Herdin/Luger
2001)
- drohendem Verlust der eigenen kulturellen Traditionen und Gepflogenheiten:
bei Migrantengruppen in einer Mehrheitsgesellschaft (Angst vor Zwangs-Assimilation;
bzw. eigene Tendenzen zur "passiv-imitativen
Assimilation"),
aber auch als Argument bei der Mehrheitsgesellschaft selbst (fremdenfeindlich
gefärbte "Überfremdungs"-Ängste)
- empfundenem Niedergang oder Verlust von Teilbereichen kultureller Errungenschaften
Kulturerbe;
negative Erscheinungen der
Kulturindustrie,
bzw. passivem
Kulturkonsum);
- Verlustwahrnehmung einer verfeinerten Lebensart (z.B. Hörkultur;
Sprachkultur) bzw. Entzivilisierung ("Verrohung") der Umgangsformen
im öffentlichen Raum
- Verlust von Künstlern und Kulturschaffenden durch Verfolgung oder
Migration (brain drain; z.B. durch diktatorische Regime)
- verlorenem kulturellen Wissen durch Nichtweitergabe (
"living
human treasures") bzw. Verlust von Speichermedien (unwiederbringliche
Zerstörung von Bibliotheken oder digitalen Medien)
- Verlust lokaler kultureller
Vielfalt
durch Zentralisierungsprozesse (Nationalisierung;
Globalisierung)
- Auseinanderdriften unterschiedlicher, die "gemeinsame Kultur"
tragenden gesellschaftlicher Bereiche (Säkularisierung; vgl. Mertin
1999; 'Subkulturen;
Multikulturalismus).
Für eine interessante Diskussion des Begriffes am Beispiel Sibiriens vgl
z.B.
Habeck
2005:
Internetquelle.
Eng mit dem Begriff verbunden sind Bemühungen zum
Kulturerhalt.
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Kulturverträglichkeit
Der im Bereich der
Kulturpolitik
verwendete Begriff der Kulturverträglichkeit bezieht sich analog dem der
Umweltverträglichkeit auf die Auswirkungen eines Vorhabens. Es wird bestimmt,
inwieweit sich diese mit der bestehenden Kultur (im engeren Sinn!)
im Projektgebiet in Einklang bringen lassen. Während man bei der Umweltverträglichkeit
jedoch leichter positive und negative Folgen bestimmen kann, ist das in kulturellen
Kontexten oft wesentlich schwieriger, da Kultur ja in einem größeren
Maße dynamisch sein kann.
Der deutschen Staatsministerin für Kultur und Medien Christina Weiss zufolge,
heißt Kulturverträglichkeit, dass die Beauftragte der deutschen Bundesregierung
für Kultur und Medien an der Abfassung aller Gesetze beteiligt wird. Beziehungen
zum
Kulturaudit
könnten hergestellt werden, bestehen aber de facto nicht (
Deutscher
Bundestag 2002;
Internetquelle).
Kultursensibilität
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Kulturvölker
Der Begriff entstand im Bemühen einer evolutionär begründeten
Trennlinie zwischen verschiedenen menschlichen Populationen (
Naturvölker).
Die Teilung zwischen von der Ethnologie erforschten sog. Naturvölkern und
von der Geschichtswissenschaft und der Soziologie untersuchten sog. Kulturvölkern
wurde im 19. Jahrhundert zur Grundlage der Wissenschaft vom Menschen. Heute
ist diese Unterscheidung als weitgehend wertbestimmt entlarvt und wissenschaftlich
obsolet, auch wenn sie in Fachbüchern und Fachlexika teils noch auftaucht
(
Müller
1999: 269).
Hochkultur
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Kulturwandel
Kulturwandel ist nach Stagl (
1999a:
227) ein qualitativer Wandel der Gesamtkultur oder eines Teilbereichs. Es spielen
dabei externe (
Akkulturation,
Diffusion) und interne Faktoren (Innovationen, Anpassungen an Umwelt) eine Rolle.
Andere Faktoren (Gewohnheits- und Traditionsbildung, Sozialisierung und soziale
Kontrolle, Abgrenzungsbedürfnis und
Ethnozentrismus)
sorgen demgegenüber für die Konstanz, die die Voraussetzung für
das Identitätsbewusstsein jeder Kultur ist.
Bestimmte Wandlungsprozesse können einen ganzen Kulturbereich transformieren
und wieder neu in das Kulturganze integrieren, das heißt, es wandelt sich
die Struktur der Kultur selbst. Andere Kulturphänomene können dabei
auch lange unverändert bestehen bleiben (Survivals). Manche Wandlungsvorgänge
sind peripher und haben keine sichtbaren Auswirkungen auf das Kulturganze. "Aufgrund
der Vielzahl solcher oft gegenläufigen Prozesse ist keine Kultur oder Gesellschaft
jemals ein vollständig integriertes System" (
Stagl
1999a: 227).
Die Übertragung oder Übernahme von Kulturelementen einer Kultur in
eine andere bezieht sich primär und oft ausschließlich, auf die Form
des Elementes. Bedeutung, Nutzen und Funktion können sehr verschieden sein,
da das Kulturelement in bereits bestehende und überlieferte Bedeutungszusammenhänge,
Hintergründe usw. eingebettet wird (
Thiem
1994: 63). Bei der Übernahme eines Kulturelements ändert sich
also oftmals seine Bedeutung, die vom normativen System der adaptiven Kultur
bestimmt wird, auch wenn die Form gleich bleibt (vgl.
Thiem
1994;
Internetquelle).
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Kulturwirtschaft
Kulturwirtschaft umfasst grob gesagt den privatwirtschaftlichen Teil des
Kultursektors.
Derzeit gibt es noch keine allseits anerkannte Definition des Begriffs, weder
auf nationaler, noch auf europäischer Ebene.
Nach einer Definition der AG Kulturwirtschaft von 1998 umfasst Kulturwirtschaft
"alle Wirtschaftsbetriebe und Selbstständigen, die für die Vorbereitung,
Schaffung, Erhaltung und Sicherung von künstlerischer Produktion, Kulturvermittlung
und/oder medialer Verbreitung Leistungen erbringen oder dafür Produkte
herstellen oder veräußern." Folgende Teilmärkte lassen
sich unterscheiden: Musikwirtschaft, Literatur-, Buch- und Pressemarkt, Kunstmarkt
(einschließlich Design und Kunsthandwerk), Film und TV und Videowirtschaft,
Darstellende Kunst und unterhaltungsbezogene Kunst, aber auch Betriebsteile
von Kulturinstitutionen, die kulturelle Güter produzieren, vermarkten,
verbreiten, damit handeln sowie Kulturgüter bewahren. Sie sind auf Gewinnerzielung
ausgerichtet und überwiegend in einer privaten Rechtsform organisiert.
(vgl. AG Kulturwirtschaft;
Internetquelle).
Je nach Kulturnähe kann "zwischen der Kulturwirtschaft
im engeren Sinne (z. B. selbstständige Künstler oder Privattheater),
im weiteren Sinne (z. B. Designbüros, Antiquitätenhandel
oder Buchbindereien) und nach ergänzenden Branchen (z. B. Kunsthandwerk,
Werbung) unterschieden werden". Auch lassen sich weitere angrenzende Branchen,
etwa der
Kulturtourismus,
mit in eine solche Rahmendefinition von Kulturwirtschaft einbeziehen (AG Kulturwirtschaft).
Der Gesamtumsatz der Kulturwirtschaft belief sich nach der Umsatzsteuerstatistik
im Jahr 1999 auf über 70 Mrd. Euro, derjenige der Kulturwirtschaft im engeren
Sinne auf immerhin 40,8 Mrd. Euro (vgl.
Opielka
2003;
Internetquelle).
Neuere Zahlen zur Beschäftigtenstruktur in Deutschland (820.000 - 1,35
Mio. Erwerbstätige in der Kulturwirtschaft je nach Defintion - Stand: 2004)
sowie eine Standortbestimmung und ein Gesamtüberblick zur gegenwärtigen
Situation der Kulturwirtschaft in Deutschland in:
APuZ
2006 (
Internetquelle).
Nicht im engeren Sinne zur Kulturwirtschaft gehört danach das breite Themenfeld
"Kultur und Wirtschaft" ("Kultur als Standortfaktor" oder
"Kultursponsoring"). Während der Begriff
Kulturindustrie
historisch vor allem auf kulturkritische Aspekte massenmedialer Kulturprodukte
hinweist und alltagssprachlich gleichzeitig als Synonym für minderwertige
bzw. eher unterhaltende Kulturware verwandt wird, versteht sich die Kulturwirtschaft
breiter und neutraler in ihrer Definition und bezieht sich auf die Akteure selbst,
die in Kultur Mehrwert erwirtschaften.
Der Kulturwirtschaft kommt in Folge der Stockholmer
Mondiacult-Konferenz
von 1998 mit ihrem Schwerpunkt auf Kulturpolitik und Medien auch in der Internationalen
Entwicklungszusammenarbeit vor allem auf der Ebene der Entwicklung von Regionen
eine gewachsene Bedeutung zu (
Kultursektor;
Kulturindikatoren).
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Kulturwissen
Wissen primär nicht über kulturelle Fakten und "Normen"
als vielmehr über deren Hintergründe und die Systemzusammenhänge
der eigenen und der fremden Kultur.
Kapital,
kulturelles;
Bühne,
kulturelle
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Kunst
Kunst kann in Entwicklungskontexten verschiedene Aufgaben erfüllen: Sie
kann kreatives Potential fördern, das kulturelle Selbstbewusstsein stärken,
aber auch i. S. der
Kulturindustrie
Beschäftigungsmöglichkeiten bieten. Vor allem im Rahmen auswärtiger
Kulturpolitik
spielt die völkerverbindende Kunst eine tragende Rolle (z. B. innerhalb
von Kulturaustauschprogrammen).
In der Schweiz und vielen anderen Geberländern ist sie ein wichtiger Teil
kulturbezogener EZ. In der BRD gehört der Bereich Kunst und Kultur eher
in den Zuständigkeitsbereich des Auswärtigen Amts bzw. vorgelagerter
Institutionen (z. B. Goethe-Institute).
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