Verwaltungskultur
  
  Verwaltungskultur leitet sich aus dem Konzept der 
Organisationskultur 
  ab. Sie bildet nach Wille (
2003) 
  ein Subsystem der Landeskultur und ist von ihr geprägt: "Die in einschlägiger 
  Fachliteratur diskutierte Kontroverse, ob Organisationen von Landeskulturen 
  geprägt sind, wird begrifflich mit culture bound-These vs. 
  culture free-These gefasst. Ausgehend von der Kulturgebundenheit 
  des Menschen sind auch Organisationen, an denen Menschen partizipieren, geprägt 
  von der sie umgebenden Kultur. Im Gegensatz dazu betrachten Verfechter der culture 
  free-These Organisationen völlig frei von kulturellen Einflüssen: 
  Sie gehen davon aus, dass Organisationen universalen Bedingungen unterliegen, 
  die keine kulturspezifischen Ausprägungen erfahren. Die skizzierten Auffassungen 
  repräsentieren Extrempositionen, die in ihrer Reinform kaum haltbar sind.
  Laut Köppel liegen vor allem in den Wirtschaftswissenschaften empirische 
  Belege dafür vor, dass universale Ähnlichkeiten eher im Makrobereich 
  (Organisationsstrukturen, Technologien) und Unterschiede eher auf der Mikroebene 
  (bspw. Verhalten von Mitarbeitern) zu finden sind (vgl. 
Köppel 
  2002: 35 ff.)" (
Wille 
  2003; Verwaltungskultur; 
Internetquelle).
  
  
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  Vielfalt, intrakulturelle
  
  "Im Gegensatz zu inter verweist die Vorsilbe intra 
  nicht auf ein drittes Dazwischen, sondern auf ein Innerhalb. 
  Im Sinne des weiten 
Kulturbegriffs 
  ist damit folglich die Interaktion zwischen Angehörigen von 
Subkulturen 
  innerhalb eines Lebenswelt-Netzwerkes als intrakulturell zu bezeichnen. Diese 
  Differenzierung ist allerdings notwendig unscharf und muss es auch bleiben, 
  weil die Grenzen zwischen Inter- und Intrakulturalität fließend sind. 
  Erklärbar wird aber, dass und warum z. B. oberflächenstrukturell ein 
  deutscher und ein chilenischer Bäcker mehr Gemeinsamkeiten aufweisen und 
  sich eventuell besser verstehen als der gleiche deutsche Bäcker mit seinem 
  Nachbarn, einem deutschen Mathematiker" (
Interkulturelle 
  Kompetenz Online 2004; 
Internetquelle).
  Gerade die binnenkulturellen Differenzen werden von den an Nationalstereotypen 
  orientierten Ansätzen (
Kulturdimensionen; 
  
Kulturstandards) 
  meist völlig ausgeblendet. Aber auch in der EZ wird intrakulturelle Vielfalt 
  oft vernachlässigt; man denkt in Kategorien, früher in Rassen, dann 
  in Ethnien und Gemeinschaften. Dennoch ist es gerade für EZ-Vorhaben wichtig, 
  die Heterogenität zu beachten. Die Vielfalt bezieht sich z. B. auf unterschiedliche 
  Sprachen oder Dialekte, unterschiedliche Religionen, Traditionen etc., aber 
  auch auf verschiedene Schichten und Generationen.
  
  
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  Vielfalt, kulturelle / Social Diversity / Cultural 
  Diversity
  
  Taylor Cox Jr., einer der führenden Diversity-Wissenschaftler in den USA, 
  fasst den Begriff als den Mix von Menschen innerhalb eines Sozialsystems, die 
  erkennbar unterschiedliche, sozial relevante Gruppenzugehörigkeiten haben 
  (vgl. 
Cox/Beale 
  1997: 1). Wird die Unterscheidung auf der Basis von Sprache, Verhaltensnormen, 
  Werten, Lebenszielen, Denkstilen oder Weltanschauungen vorgenommen, hat sie 
  also kulturelle Relevanz, sprechen die Autoren von kultureller Diversität 
  (vgl. 
Cox/Beale 
  1997: 2).
  Ethnologische Studien zur Vielfalt in Kulturen können für das Verständnis 
  und die Verbesserung formaler Organisationen fruchtbar gemacht werden. "Diversität 
  ist nicht einfach größer oder kleiner: Gesellschaften und Organisationen 
  sind unterschiedlich verschieden! In der öffentlichen Debatte über 
  Kultur wie auch in der Organisationsforschung steht Kultur meist 
  für Unterschiede, für Differenz. Die Betonung der Unterschiede zwischen 
  Kulturen führt jedoch zu blinden Flecken. Erstens bleiben die Gemeinsamkeiten 
  zwischen Kulturen unbeachtet. Zweitens übersieht man die Unterschiede innerhalb 
  von Kulturen" (
Antweiler 
  2003c). 
Vielfalt, 
  intrakulturelle
  Diversity wird fast immer bewertet, meistens positiv (während 
  z. B. Heterogenität oft als negativ gilt). Der englische Begriff 
  umfasst ein Bedeutungspaar, das ganz unterschiedliche normative Setzungen erlaubt: 
  einerseits Unterschiedlichkeit im Sinne von Andersartigkeit (differentness), 
  andererseits Mannigfaltigkeit (biodiversity) im Sinne von Typen- oder Artenvielfalt. 
  Einigkeit besteht in der neueren Diversity-Forschung über folgende Aussagen:
  
  1. dass jedes Attribut / jede Kategorie, die in einer Gruppe unterrepräsentiert 
  ist, potentiell zur Basis für Kategorisierung werden kann;
  2. dass bestimmte demografische Charakteristika (phys. Erscheinung, Geschlecht, 
  Alter) auffälliger sind und deshalb leichter zur sozialen Kategorisierung 
  herangezogen werden;
  3. dass Rasse/Ethnizität, Gender, Klasse und sexuelle Orientierung institutionell 
  wie kulturell konstruiert und deshalb prinzipiell veränderbar sind;
  4. dass jede dieser Dimensionen sozialer Organisation dichotom konstruiert ist 
  (weiß/nichtweiß; Frauen/Männer; usw.);
  5. dass sich jede Dimension auch aus Anteilen der anderen konstituiert (ungeschlechtliche 
  weiße Person);
  6. dass die Ideen und Regeln, durch die soziale Identitäten im Westen konstruiert 
  werden, Teil eines größeren, dem Aufklärungsparadigma verpflichteten 
  Denk- und Organisationsmusters sind (vgl. 
Cox/Beale 
  1997; auch 
Schönhuth 
  2003).
  
  Die UNESCO-Deklaration zur kulturellen Vielfalt von 
2001 
  (
Internetquelle) 
  betrachtet sie als ebenso wichtig wie die Biodiversität; sie stellt einen 
  Nutzen gegenwärtiger und künftiger Generationen dar. Kulturelle Vielfalt 
  wird als eine der Wurzeln von Entwicklung betrachtet, wobei diese nicht allein 
  im Sinne des wirtschaftlichen Wachstums gefasst werden soll, sondern als Weg 
  zu einer erfüllteren intellektuellen, emotionalen, moralischen und geistigen 
  Existenz.
  Pragmatischer geht die Betriebswirtschaftslehre an den Begriff heran. Aus ihrer 
  Sicht stellt Diversität noch keinen Wert an sich dar. Denn meist müssen 
  für vielfältigere Möglichkeiten auch höhere Kosten kalkuliert 
  werden. Andererseits kann es aus strategischen Gründen für ein Unternehmen 
  auch wichtig sein, über mehrere Handlungsalternativen zu verfügen. 
  Im Vordergrund stehen für die Betriebswirtschaftler deshalb die Fragen: 
  Wozu wird Vielfalt benötigt? Was kostet Vielfalt? Welcher Zusatznutzen 
  ergibt sich?
  
UNESCO/Kultur; 
  
Entwicklung; 
  
Intrakulturelle 
  Vielfalt; 
kultureller 
  Pluralismus
  
  
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  Vielfalt, kulturelle 
  und staatliches Handeln
  
  Wicht (
2004) 
  unterscheidet sieben Bedeutungsgehalte von kultureller Vielfalt im modernen 
  Nationalstaat: 
  
  a) im Sinne von Multikulturalität (typisch für die US-Politik der 
  1970er bis 1990er Jahre: "affirmatives Handeln gegenüber Minderheitengruppen"); 
  
  b) im Sinne einer die schöpferische Vielfalt unterschiedlichster Gruppen 
  reflektierenden 
Kulturpolitik 
  (Kanada und Australien als Beispiele, in der dieser Diversity-Ansatz staatliches 
  Handeln bestimmt). 
  c) im Sinne der Ausnahmestellung und dem Schutzwürdigkeit von Kulturgütern 
  im internationalen Warenverkehr (z.B. Schutz /Förderung der einheimischer 
  Filmindustrie); 
  d) im Sinne der Garantie 
kultureller 
  Rechte (als dritte Säule der Menschenrechte neben den politischen 
  und sozialen Rechten; Recht auf kult. Identität und Kulturerbe); 
  e) im Sinne des Schutzes von Minderheiten und Minderheitensprachen (dazu existieren 
  im Europarat bereits Rahmenkonventionen); 
  f) im Sinne des friedlichen Zusammenlebens und -wirkens unterschiedlicher Gruppen 
  unter einem föderalen Dach ("dialogischer Schweizer Ansatz" als 
  Modell); 
  g) im Sinne der Nachhaltigkeits-Beziehung zwischen Kultur und 
Entwicklung 
  ("Our creative diversity"; de Cuellar-Report der UNESCO 1995).
  
  Die UNESCO-Deklaration zur kulturellen Vielfalt von 
2001 
  (
Internetquelle) 
  betrachtet kult. Vielfalt für eine nachhaltige Entwicklung als ebenso wichtig 
  wie die Biodiversität. Kulturelle Vielfalt wird als eine der Wurzeln von 
  Entwicklung betrachtet, wobei diese nicht allein im Sinne des wirtschaftlichen 
  Wachstums gefasst werden soll, sondern als Weg zu einer erfüllteren intellektuellen, 
  emotionalen, moralischen und geistigen Existenz. Die Thematik wird auch im UNDP-Bericht 
  über die menschliche Entwicklung von 2004 ("Kulturelle Freiheit in 
  unserer Welt der Vielfalt") in diesem Sinne fortgeführt. 
  Zwischen kultureller Vielfalt und wirtschaftlicher Entwicklung ist wissenschaftlich 
  kein eindeutiger Zusammenhang herstellbar - weder positiv noch negativ. Der 
  Zusammenhang zwischen schwacher Wirtschaftsleistung und Vielvölkerstaat 
  lässt sich an afrikanischen Beispielen genauso widerlegen (z.B. Mauritius), 
  wie an asiatischen (z.B. Malaysia; vgl. 
UNDP 
  2004: 6; 177ff.). Studien belegen aber auch, dass ethnische Vielfalt Kosten 
  verursacht, weil Regierungen vor dem Hintergrund begrenzter Ressourcen mit Ansprüchen 
  unterschiedlichster, miteinander konkurrierender Gruppen umgehen müssen. 
  Menschen sind anscheinend z.B. bereit, mehr für staatliche Dienstleistungen 
  auszugeben, wenn sie mit Menschen ähnlicher Sozialkategorien (ethnisch, 
  Klasse...) zusammenleben können (
Alesiana/Spola 
  2003).
  Auch für die UNDP ist kulturelle Vielfalt kein Wert an sich. Erst in der 
  positiven Verbindung mit 
kultureller 
  Freiheit, der Möglichkeit, eine Wahl zu treffen gewinnt sie ihre 
  humanistische Qualität (
UNDP 
  2004: 33). 
  
UNESCO/Kultur; 
  
Entwicklung; 
  
Intrakulturelle 
  Vielfalt; 
kultureller 
  Pluralismus; 
Freiheit, 
  kulturelle.
  
  
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  Volk
  
  "Volk ist ein emotional hoch aufgeladener Ausdruck mit stark schwankendem 
  Inhalt. Mal ist er eher 
Ethnie, 
  mal eher 
Nation, 
  dann gar die breite Masse, die einfachen Mitglieder 
  einer Gesellschaft ["wir sind das Volk ..." ms], oder sind Träger 
  der bäuerlichen Kultur gemeint. Der Terminus hat insbesondere im deutschen 
  Sprachraum eine Karriere als asymmetrischer Gegenbegriff zu Staat hinter sich" 
  (
Elwert 1999b: 
  400).
  Für Hansen (
2000) 
  besteht die Kollektivität eines Volkes aus dem Repertoire seiner gemeinsamen 
  geistigen Ressourcen, aus dem sich die Individuen bedienen, unbeschadet der 
  Rasse oder ethnischen Herkunft, Schicht, Geschlecht oder Individualität. 
  Im Gegensatz zur 
Nation, 
  die als eine rein politische im 19. Jahrhundert entstandene staatliche Organisationsform 
  bezeichnet werden könne, fasst er Volk als ein Kollektiv mit "belastbarer 
  innerer Kohäsion" auf, das auch ohne äußeren politischen 
  Zwang zusammenhält. Dieser innere Zusammenhang gründet vor allem auf 
  dem Faktor Zeit, der ein Mehr an kommunikativ entwickelten und dem Mitglied 
  als Verhaltensangebot unterbreiteten Verhaltensweisen ermöglicht. Es bilden 
  sich Gemeinsamkeiten heraus (Sprache, Rituale, Bräuche, Umgangsformen, 
  gemeinsame Diskurse, Mentalitäten), die eine eigene Lebenswirklichkeit 
  schaffen und transgenerationell weitergegeben werden. Dieses kulturelle Gedächtnis 
  ist die Voraussetzung für ein Selbstbild, das bei Solidaritätsbedarf 
  (Abgrenzung gegenüber Fremdbildern) zur Volksidentität heranreifen 
  kann, mit entsprechend konstruierten Mythen der Volksgründung, Geschichte 
  etc. (vgl. 
Hansen 
  2000: 225 ff.)
  
  
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  Völker, indigene
  
  Indigene Völker (im Englischen auch: indigenous peoples, indigenous 
  ethnic minorities, tribal groups, scheduled tribes) 
  ist eine relativ junge Lehnübersetzung, wahrscheinlich vom spanischen Pueblos 
  indígenas. In internationalen politischen Zusammenhängen ist 
  Indigene Völker / Indigenous Peoples / Pueblos 
  Indígenas die übliche Sammelbezeichnung für Ureinwohnervölker 
  aller Kontinente, während in nationalen Zusammenhängen oft andere 
  Sammelbegriffe verwendet werden (z. B. Aborigines, Native Americans, First Nations, 
  Adivasi). Die heute meistgebrauchte Definition diese Begriffs geht auf UN-Sonderberichterstatter 
  José Martinez-Cobo zurück, der diesen 1986 an vier Kriterien knüpfte 
  (hier in der präzisierten Form der Working Group on Indigenous Populations; 
  
WGIP 1996):
  
  1. Zeitliche Priorität in Bezug auf die Nutzung oder Besiedlung eines bestimmten 
  Territoriums: Indigene Völker sind relativ die ersten Bewohner 
  eines Gebiets.
  2. Die freiwillige Bewahrung kultureller Besonderheit (voluntary perpetuation 
  of cultural distinctiveness), die die Bereiche Sprache, Gesellschaftsorganisation, 
  Religion und spirituelle Werte, Produktionsweisen und Institutionen betreffen 
  kann: Indigene Völker sind kulturell deutlich von der Mehrheitsgesellschaft 
  unterschieden.
  3. Selbstidentifikation und Anerkennung durch andere als eine distinkte Gemeinschaft: 
  Die Betroffenen müssen selbst mehrheitlich der Ansicht sein, dass sie einer 
  distinkten Gruppe (einem Volk) angehören und dass dieses als indigen 
  anzusehen ist. Gleichzeitig muss diese Ansicht von anderen, etwa von Angehörigen 
  anderer indigener Völker in nennenswertem Umfang geteilt werden.
  4. Eine Erfahrung von Unterdrückung, Marginalisierung, Enteignung, Ausschluss 
  oder/und Diskriminierung, wobei diese Bedingungen fortbestehen oder nicht: Der 
  Grad der heute fortbestehenden Unterdrückung kann höchst unterschiedlich 
  sein, von struktureller Benachteilung bei Aufstiegsmöglichkeiten bis hin 
  zu Zwangsvertreibung und Ausrottung. Als Gruppe erfahrene Unterdrückung 
  ist in jedem Fall konstitutiv für das politische Selbstverständnis 
  indigener Völker.
  
  Eine exklusive, harte Definition des Begriffs Indigene Völker 
  kann und soll es nach Ansicht ihrer VertreterInnen, aber auch der UNO-Arbeitsgruppe 
  über indigene Bevölkerungen nicht geben. Ein zentrales Element der 
  Unterscheidung indigener Gemeinschaften von der nicht-indigenen Mehrheitsgesellschaft 
  ist oftmals die besonders enge Bindung indigener Kulturen an ihr jeweiliges 
  Territorium sowie die besonders enge Beziehung zu diesem, die zumeist auch spirituelle 
  Dimension besitzt. (Text leicht gekürzt nach 
Wikipedia 
  2004: indigene Völker; 
Internetquelle).
  Die Gruppe indigener Völker umfasst etwa 350 Millionen Menschen in mehr 
  als 70 Ländern der Welt und repräsentiert mehr als 5000 Sprachen und 
  Kulturen. Viele von ihnen leben heute am Rande der Gesellschaft und sind von 
  grundlegenden Menschenrechten und speziell kulturellen Rechten abgeschnitten. 
  International beschäftigen sich Organisationen wie die 1969 gegründete 
  Survival International um die Belange indigener Gruppen (
www.survivalinternational.org). 
  In Deutschland und der Schweiz ist dies vor allem die Gesellschaft für 
  bedrohte Völker (
www.gfbv.org; 
  bzw. 
www.gfbv.ch).
  EZ mit indigenen Völkern setzt oft eine Analyse des rechtlichen Rahmens 
  (etwa den Rechten der Indigenen an dem von ihnen bewohnten Land) voraus. Indigene 
  Völker unterscheiden sich von 
ethnischen 
  Gruppen oder 
Minderheiten 
  durch den historischen Raumbezug, den letztere nicht notwendigerweise haben. 
  (vgl. dazu auch das BMZ-Konzept zur Entwicklungszusammenarbeit mit indianischen 
  Bevölkerungsgruppen in Lateinamerika 1996; BMZ-Konzepte Nr. 73). 
Indigene 
  Völker oder indigene Menschen?
  
  
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  Volksgemeinschaft
  
  Nach einer Definition des Nordrhein-westfälischen Innenministeriums wird 
  darunter "... ein streng hierarchisch gegliedertes Gemeinwesens verstanden, 
  in dem der Staat und ein ethnisch homogenes Volk zu einer Einheit verschmelzen 
  und in dem alle Klassen und Standesschranken aufgehoben sind. Die staatliche 
  Führung handelt intuitiv nach dem einheitlichen Willen des Volkes, der 
  Einzelne ordnet seine Interessen dem Wohl der Volksgemeinschaft unter. (...)
  Bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Volksgemeinschaft als gesellschaftliches 
  Ideal den damaligen sozialen Gegensätzen entgegengehalten. Der individualistischen 
  und allein von wirtschaftlichem und politischem Nutzen dominierten Gesellschaft 
  wurde die durch gewachsene Strukturen gekennzeichnete Gemeinschaft von Familie, 
  Nachbarschaft oder Volk gegenübergestellt (Ferdinand Tönnies, 1887). 
  (...)
  Zur nationalsozialistischen Volksgemeinschaft konnte nur zählen, wer der 
  arischen Rasse angehörte und sich uneingeschränkt zur 
  nationalsozialistischen Weltanschauung bekannte. Somit waren fremdvölkische 
  Menschen vor allem Juden von vornherein ausgeschlossen. (...)
  Das wirkliche Ziel dieser Ideologie war aber nicht eine Gemeinschaft freier 
  Individuen, sondern eine opferbereite Volks und Leistungsgemeinschaft, 
  die mechanisch den Befehlen ihres Führers gehorcht. Bis heute berufen sich 
  Teile des Rechtsextremismus auf die Ideologie der Volksgemeinschaft: (...)
  Unverändert gewinnt die Ideologie der Volksgemeinschaft ihre Attraktivität 
  aus dem Bedürfnis nach Geborgenheit und Zusammenhalt vor allem dann, wenn 
  vorhandene gesellschaftliche Strukturen als anonym und seelenlos empfunden werden. 
  Ein Gemeinwesen nach dem Prinzip der Volksgemeinschaft wäre jedoch zwangsläufig 
  durch eine autoritäre Führung der Eliten ohne hinreichende demokratische 
  Legitimation und die Ausgrenzung von Menschen anderer Ethnien und Andersdenkender 
  gekennzeichnet." (
Innenministerium 
  Nordrheinwestfalen 2004).
  
  
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  Vorurteile
  
  Im Alltagsverständnis bezeichnet ein Vorurteil ausgeprägte positive 
  und negative Urteile oder Einstellungen eines Mitmenschen, wenn diese für 
  nicht realitätsgerecht gehalten werden und der Betreffende trotz Gegenargumenten 
  nicht von seiner Meinung abrückt (vgl. 
Bergmann 
  2001: 3; 
Internetquelle).
  In der wissenschaftlichen Vorurteilsforschung (v.a. Psychologie, Sozialpsychologie 
  und Soziologie) werden darunter nur solche soziale Urteile subsumiert, die gegen 
  anerkannte menschliche Normen verstoßen, insbesondere Normen der Rationalität 
  (d. h. vorschnelles Urteilen), der Gerechtigkeit (Gleichbehandlungsgrundsatz 
  nicht eingehalten) und der Mitmenschlichkeit (Intoleranz und Ablehnung des Anderen 
  als Mitmensch, Fehlen von Empathie). "Vorurteile sind demnach stabile und 
  konsistent negative Einstellungen gegenüber einer anderen Gruppe bzw. einem 
  Individuum, weil es zu dieser Gruppe gerechnet wird" (
Bergmann 
  2001: 3; 
Internetquelle).
  Gordon W. Allport hat in seiner klassischen Arbeit "The nature of prejudice" 
  von 1954 das Vorurteil durch folgende Merkmale charakterisiert:
  
  1. Es ist ein voreiliges Urteil, d. h. ein Urteil, das überhaupt nicht 
  oder nur sehr ungenügend durch Reflexionen oder Erfahrungen gestützt 
  oder sogar vor jeglicher Erfahrung/Reflexion aufgestellt wird.
  2. Es ist meist ein generalisierendes Urteil, d. h. es bezieht sich nicht nur 
  auf einen Einzelfall, sondern auf viele Urteilsgegenstände.
  3 Es hat häufig den stereotypen Charakter eines Klischees und wird vorgetragen, 
  als sei es unwiderlegbar.
  4. Es enthält neben beschreibenden oder theoretisch erklärenden Aussagen 
  direkt oder indirekt auch richtende Bewertungen von Menschen, Gruppen oder Sachverhalten.
  5. Es unterscheidet sich von einem Urteil durch die fehlerhafte und vor allem 
  starre Verallgemeinerung.
  
  Allport empfiehlt, Vorurteile gegenüber Personen durch gemeinsame Tätigkeiten 
  zu überwinden. Seiner Ansicht nach reicht es nicht, nur Informationen über 
  die betreffende Person einzuholen, da Vorurteile stärker als "Voreingenommenheit" 
  seien. (
Wikipedia 
  2004: Vorurteil; 
Internetquelle)
  Bergmann betont, dass die heutige Vorurteilsforschung weniger nach der Struktur 
  und dem Inhalt von Vorurteilen, als vielmehr nach den Funktionen dieses falschen 
  Denkens fragt. Nach Schmalz-Jacobsen/Hansen (
1997: 
  246 ff.) haben Vorurteile folgende Funktionen. Sie dienen: 
  
    - der Orientierung in unübersichtlichen Situationen und Verhältnissen. 
      Damit erlauben sie Verhaltenssicherheit; sichern die Herstellung und Aufrechterhaltung 
      von Selbstwertgefühl.
 
    - der Gruppenbildung durch Ein- und Ausgrenzungen. Sie ermöglichen 
      Diskriminierung ohne Gewissenskonflikt. Vorurteile erlauben Agressionsverschiebung 
      auf Fremdgruppen zur Sicherung der Eigengruppe. Mit diesen Eigenschaften 
      als Ausgangspunkt kommt es zu Ungleichbehandlung.
 
    - der Legitimation und Rechtfertigung von Herrschaftsausübung. Sie 
      helfen, den Status quo der Machtverteilung zwischen Minderheiten und Mehrheiten 
      zu erhalten.
 
    - der Stabilisierung von Herrschaftsverhältnissen durch Bereitstellung 
      von Sündenböcken. Sie führen zu Solidaritätserwartungen 
      innerhalb von Gruppen.
 
  
  Vorurteile werden insbesondere auch im Umgang mit ethnischen Minderheiten im 
  eigenen Land relevant. Sie können durch Aufklärung, Information oder 
  Begegnungen und konkrete Erfahrungen in Urteile verändert werden. Allerdings 
  betonen Schmalz-Jacobsen/Hansen auch, dass einmalige Schulungen oder Trainings 
  zu Vorurteilen nur zu Teilnehmern führen, die keine Vorurteile mehr zugeben. 
  "Die dauerhafte Überwindung eines Vorurteils setzt voraus, dass eine 
  als positiv erlebte Erfahrung mit Angehörigen einer Fremdgruppe nicht als 
  Ausnahme interpretiert, sondern als Erwartung an alle Angehörigen dieser 
  Fremdgruppe gerichtet werden kann" (
Schmalz-Jacobsen/Hansen 
  1997, 246 ff.).
  
  
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