Partizipation

Partizipation "… heißt übersetzt Beteiligung, Teilhabe, Teilnahme, Mitwirkung, Mitbestimmung, Einbeziehung. In der Soziologie bedeutet Partizipation die Einbindung von Individuen in Entscheidungs- und Willensbildungsprozesse. Wünschenswert sind vielfältige Partizipationsmöglichkeiten (Beteiligungsformen) und eine hohe tatsächliche Partizipationsrate. Politisch gesehen gibt es einen ganzen Theoriezweig der Partizipatorischen Demokratie, die versucht, die politische Beteiligung zu maximieren und möglichst viele Bürger an dem politischen Entscheidungsprozess teilhaben zu lassen. In der Betriebswirtschaft bedeutet Partizipation die Beteiligung von Mitarbeitern an der Entscheidungs- und Willensbildung einer hierarchisch höheren Ebene der Organisation" (Wikipedia 2004: Partizipation; Internetquelle).
Generell unterscheidet die Literatur bis zu sieben Typen von Partizipation, die von bloßer Information über die Mitwirkung an Entscheidungen bis zur autonomen Selbststeuerung reichen (Pretty et al. 1995). Mit Hilfe partizipativer Ansätze und Methoden soll die Bürgerbeteiligung bzw. im EZ-Kontext die politische Teilhabe von ›Zielgruppen‹ an Entscheidungsprozessen maximiert werden.
In der Bürgerbeteiligung des Nordens ist der Schritt von der formalen Bürgeranhörung zu kommunikativen Beteiligungsformen z. B. mit folgenden methodischen Ansätzen verbunden: Runde Tische / Foren; Zukunftskonferenz; Zukunftswerkstatt; Bürgergutachten/Planungszelle; ›Planning for Real‹ u. a. (vgl. Stiftung Mitarbeit 1998).
In der EZ reichen die Ansätze von RRA, PRA, über GRAAP zu DELTA und werden inzwischen unter dem Label ›Participatory Learning Approaches‹ zusammengefasst (Schönhuth/Kievelitz 1994 Pretty et al. 1995). Allerdings lässt sich aus der Anwendung partizipativer Methoden mit Zielgruppen noch kein Partizipationsanspruch ableiten. Eine Faustregel zur einfachen Bestimmung der Partizipationsform lautet: ›Wer beteiligt wen, wann, woran, in welcher Form und zu welchem Ziel‹ (vgl. Schönhuth 2004c). Eine der wenigen Situationen, in denen die Partizipationsdiskurse im Norden (Bürgerbeteiligung) und für den Süden (EZ-Ansätze) in Deutschland zusammengeführt wurden, war der "Dare to Share Fair" 1995 in der GTZ (vgl. Mabile 1995). Partizipation in der EZ

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Partizipation in der EZ

Die Begriffe ›Partizipation‹ und ›partizipatorisch‹ tauchten Ende der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts erstmals im Fachjargon einzelner, eher selbstkritischer Entwicklungsexperten auf. Mit dem weitgehenden Scheitern der Politik der ersten beiden Entwicklungsdekaden verloren die Begriffe ihren subversiven Charakter. Bis in die Weltbankspitze wurde nun von der angemessenen "Teilhabe" (participation) der Armen am Wachstum gesprochen (McNamara 1973, vgl. Rahnema 1993b: 250). Partizipation wurde wahlpolitisch interessant, galt als effektivitätssteigernd und als wirksames Argument für Spenden und Hilfsgelder.
In der internationalen EZ wurde noch bis weit in die 1990er Jahre Partizipation von Zielgruppen in erster Linie als Mittel zur Erreichung vorher von Experten definierter Ziele verstanden. Spätestens mit der zweiten Auflage der Weltbankpublikation des Sozialwissenschaftlers Michael Cernea "Putting People First" von 1991 und dem drei Jahre später folgenden Partizipationshandbuch der Weltbank (World Bank 1996) wurde eine programmatische Wende hin zu mehr aktiver Beteiligung von Zielgruppen an Entwicklungsprojekten und -programmen sichtbar. Das darin enthaltene Stakeholder-Prinzip forderte eindeutig dazu auf, primär die nicht organisierten, nicht artikulationsfähigen Gruppen auf lokaler Ebene in die Entscheidungsfindungsprozesse von Projekten und Programmen einzubinden. Zumindest formell wurde damit ein Wechsel hin zu einem Konzept vollzogen, das Partizipation politisch verstand und dessen Ziel letztlich eine Veränderung machtpolitischer Konstellationen zugunsten Benachteiligter war. Mit der entwicklungspolitischen Konzeption des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) aus dem Jahr 1996 hat auch die deutsche Bundesregierung diesen Anspruch festgeschrieben. Partizipationskonzept
Anspruch und Wirklichkeit klaffen bei diesem Konzept weit auseinander. Heute werden Formen instrumenteller Partizipation, wie die unverbindliche Konsultation von Betroffenen oder materielle Anreize in food-for-work oder cash-for-work-Programmen ebenso unter dem Begriff gefasst wie Ansätze, die auf von außen nur noch finanziell oder logistisch unterstützte Selbstmobilisierungsprozesse lokaler Gruppen setzen. Partizipation lässt sich begrifflich von jedem einsetzen, andererseits aber praktisch äußerst schwierig einfordern, überprüfen oder sanktionieren. Teilnahme und Teilhabechancen sind bei diesem Begriff deshalb nur unscharf definiert. Im Grenzfall können auch Zwangspartizipation in Massenveranstaltungen (von Einheitsparteien oder Religionsgemeinschaften, Beispiele bei Elwert 2002), Nepotismus (Lauth 1999) oder Patron-Klientstrukturen (Patronage; z. B. Teves 2000) als Partizipation bezeichnet und von den Beteiligten auch so empfunden werden. Elwert plädiert deshalb dafür, eindeutig zur Verrechtlichung von Partizipation zu stehen und Partizipation nicht als Ersatz für den Rechtsstaat zu akzeptieren (Elwert 2002). Partizipation in einem politischen Sinne bedeutet (mit)entscheiden. Partizipation wäre deshalb gerade bei der Gestaltung von Länderprogrammen, Schwerpunktstrategien und Projektentwürfen der EZ wichtig. Auch wäre der mögliche Konflikt von nicht demokratisch legitimierter Partizipation und formeller Demokratie (Kommunalparlament versus Bürgergruppen) im Auge zu behalten (Zivilgesellschaft; vgl. Bliss 2003). Ein nur schwer zu lösendes Problem ist die Partizipation dritter entscheidungsrelevanter Gruppen, die nicht Zielgruppen eines Projektes, aber in erheblichem Umfang in eine Maßnahme involviert sind (z. B. Holz verarbeitende Betriebe im Kontext eines Waldschutzprojektes, Großgrundbesitzer in einem Kleinbauernvorhaben, umweltverschmutzende Betriebe in einem Stadtteilsanierungsvorhaben usw.). Da es sich hierbei z.T. um die Verursacher jener Probleme handelt, die mit EZ-Unterstützung behoben werden sollen, kann Partizipation für sie eigentlich nur Mitwirkung bei der Suche nach Lösungen, nicht aber eine definitive Mitentscheidung beinhalten (vgl. Schönhuth/Bliss 2001).

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Partizipationskonzept

Das deutsche Entwicklungsministerium BMZ hat 1999 in seinem Partizipationskonzept partizipative Entwicklung als einen Prozess definiert, in dem die Menschen eine aktive und maßgebliche Rolle bei allen Entscheidungen spielen, die ihr Leben beeinflussen (BMZ 1999b: 4). Das Partizipationskonzept ist eine entwicklungspolitische Vorgabe für die Gestaltung der bilateralen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit durch das BMZ und die durchführenden Organisationen. Den deutschen Nichtregierungsorganisationen (NRO) soll es als Orientierungshilfe dienen. Es ersetzt die beiden Konzepte "Soziokulturelle Kriterien für Vorhaben der Entwicklungszusammenarbeit" von 1992 und das Sektorübergreifende Zielgruppenkonzept: "Die beteiligten Menschen in der Entwicklungszusammenarbeit" von 1995.
In Anlehnung an die OECD/DAC-Richtlinien von 1995 wird partizipative Entwicklung als Prozess definiert, in dem die Menschen eine aktive und maßgebliche Rolle bei allen Entscheidungen spielen, die ihr Leben beeinflussen. Das vorliegende Partizipationskonzept des BMZ befasst sich in erster Linie mit der partizipativen Gestaltung der EZ, versteht Partizipation aber auch als ein eigenständiges Ziel der EZ. Partizipation ist auch tragendes Prinzip der Armutsbekämpfung sowie der Forderung nach gleichberechtigter Beteiligung von Frauen und Männern am Entwicklungsprozess. Das Partizipationskonzept steht deshalb in engem Zusammenhang mit den sektorübergreifenden Konzepten zur Armutsbekämpfung und mit dem Gleichberechtigungskonzept (vgl. BMZ 1999c; Internetquelle). Gender.
Stets wird hierbei ein grundlegender Zusammenhang zwischen handlungsbestimmenden kulturellen Prägungen und Entwicklung betont: "Für die Bewertung und Umsetzung von Entwicklungszielen spielt Kultur eine herausragende Rolle, denn die kulturellen Prägungen der Menschen bestimmen, was ihnen wertvoll und erstrebenswert ist. Kultur ist außerdem Grundlage und Voraussetzung für Innovation und Kreativität (...). In der Begegnung, im Austausch und der gegenseitigen Beeinflussung der Kulturen, spielt die partizipatorische EZ eine wichtige Rolle. Sie leistet damit einen Beitrag zum kulturellen Dialog" (BMZ 1999b; Internetquelle).
Letztendlich steckt also in diesem Konzept, trotz der starken Stakeholder-Orientierung und des offenen Partizipationsbegriffes noch ein essentialistisches Verständnis von Kultur.

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Patronage

Nach Beer bezeichnet Patronage einen "Austausch zwischen überlegenen (Patron) und unterlegenen (Klient) Partnern, der meist asymmetrisch verläuft, von den Beteiligten jedoch für lohnend gehalten wird. Der Patron verfügt über Ressourcen und Macht, an denen der Klient teilhaben will. Er liefert dafür einen Gegenwert in Form von Dienstleistungen, Gütern und/oder Loyalität. Der Austausch ist nicht formal festgelegt, sondern basiert auf der persönlichen Beziehung zwischen beiden Parteien. Patronageverhältnisse werden aus wirtschaftlichen, politischen und religiösen Gründen eingegangen" (Beer 1999b: 284).
In den Philippinen z. B. treten Patron-Client-Beziehungen vor allem in der Institution der ›geschuldeten Dankbarkeit‹ (›utang na loob‹) auf, die in ein hierarchisches System wechselseitiger und oft lebenslänglicher, nicht kontraktuell abgesicherter Beziehungen von Gunst und Verpflichtungen eingebunden ist. Die Klienten nutzen dieses System als Netz zur Unterstützung und Hilfe in Notzeiten. Neben den lokalen politischen Führern stellen auch andere einflussreiche Gemeinschaftsmitglieder Ressourcen wie Darlehen und Kredite bereit, oder sie verschaffen Zugang zu Patronen, die für die Bereitstellung bestimmter strategischer Ressourcen wichtig sind. In Gemeindeentwicklungsprozessen wird üblicherweise den lokalen politischen Führern die Projektverantwortung zugewiesen. Diese tendieren in der Regel dazu, die Begünstigten von Projekten aus ihrer eigenen Klientel, nach utang na-loob-Prinzipien auszusuchen. Auch die Motivation von ›beneficiaries‹, in Programmen zu partizipieren, hängt stärker an strategischen Entscheidungen innerhalb des utang-na-loob-Systems, als externen Geldgebern und Experten bewusst ist. Ohne es zu wollen, werden diese als moderne ›patrons‹ in das kulturelle System von Abhängigkeit, geschuldeter Dankbarkeit und lebenslänglicher Verpflichtungen eingebunden – mit all den daraus entstehenden Missverständnissen und Enttäuschungen auf beiden Seiten (vgl. Teves 2000).

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Pattern

Kulturmuster

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Pluralismus, kultureller

"Verschiedene Kulturen entwickeln unterschiedliche Lösungen für gleiche oder ähnliche Probleme. Dies erzeugt den kulturellen Pluralismus, wobei jede Kultur davon ausgeht, dass die von ihr gefundene Lösung die natürliche und normale darstellt" (Nicklas 1991: 130).
Der Begriff des kulturellen Pluralismus wurde 2002 von der UNESCO im Rahmen der Deklaration zur Kulturellen Vielfalt in die internationale Entwicklungsdiskussion eingeführt: "In unseren zunehmend vielgestaltigen Gesellschaften ist es wichtig, eine harmonische Interaktion und die Bereitschaft zum Zusammenleben von Völkern und Gruppen mit sehr unterschiedlichen, pluralen und dynamischen kulturellen Identitäten sicher zu stellen. Nur eine Politik der Einbeziehung und Mitwirkung aller Bürger kann den sozialen Zusammenhalt, die Vitalität der Zivilgesellschaft und den Frieden sichern. Ein so definierter kultureller Pluralismus ist die politische Antwort auf die Realität kultureller Vielfalt. Untrennbar vom demokratischen Rahmen führt kultureller Pluralismus zum kulturellen Austausch und zur Entfaltung kreativer Kapazitäten, die das öffentliche Leben nachhaltig beeinflussen" (Artikel 2: Von kultureller Vielfalt zu kulturellem Pluralismus; UNESCO 2002b: Internetquelle).

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Politikdialog

Laut einer GTZ-Definition allgemein "... die Unterstützung von in der Regel bilateralen Projekten und Programmen auf Regierungsebene über die politischen Grundlagen und Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit. Der Politikdialog soll die Voraussetzungen für partnerschaftliche Zusammenarbeit, aber auch für die Durchsetzung von als notwendig erachteten Reformen schaffen (z. B. Einhaltung der Konditionalitätskriterien). In der deutschen EZ: Die deutsche Bundesregierung, vertreten durch das BMZ, führt mit den Kooperationsländern einen partnerschaftlichen Dialog über die Grundlagen sowie über aktuelle Fragen der Zusammenarbeit. Dieser Politikdialog findet meist in Form von Regierungsverhandlungen, Regierungskonsultationen und Arbeitsgesprächen statt. Er zielt vorrangig darauf ab, eine Übereinstimmung beider Seiten hinsichtlich der Ziele und Schwerpunkte ihrer Entwicklungszusammenarbeit herzustellen.
Grundlage des Politikdialoges und des Programms der Zusammenarbeit sind vom BMZ erstellte sogenannte Länderkonzepte, welche die deutsche Position zu den Schwerpunkten und zu den wesentlichen Inhalten der Zusammenarbeit festhalten und auch auf partizipative Fragen eingehen" (GTZ o. J.; Die Begriffswelt der GTZ; Internetquelle).
Auf der Ebene der Kooperationsländer legt die Bundesregierung Art und Umfang der bilateralen fünf Kriterien fest: Partizipation der Bevölkerung am politischen Prozess, Gewährleistung von Rechtssicherheit, Beachtung der Menschenrechte, marktfreundliche und sozial orientierte Wirtschaftsordnung und Entwicklungsorientierung des staatlichen Handelns. Oft ist mit Politikdialog auch ›kritischer Dialog‹ gemeint, das heißt, es sollen problematische Fragen von Governance, Gender usw. angesprochen werden.

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Politische Kultur

"Der Begriff ist amerikanischer Herkunft und wird in der Forschung wertfrei benutzt. Im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich dagegen in Deutschland eine nur positive Verwendung des Begriffs durchgesetzt. Danach beinhaltet politische Kultur einen besonders stilvollen oder moralischen Umgang mit politischer Macht, den man einander zubilligen oder absprechen kann" (Greiffenhagen/Greiffenhagen 2003).
Nach Schubert/Klein bezeichnet politische Kultur "...die konkrete Struktur und die tatsächliche Wirkung der politischen Einrichtungen eines politischen Gemeinwesens auf die Einstellungen und Werte, Forderungen und Leistungen der Bürger und Bürgerinnen gegenüber diesen Einrichtungen sowie im Gegenzug die (verantwortungsbewusste) Teilnahme der Bürger und Bürgerinnen an diesen Einrichtungen (z. B. Einstellung gegenüber Radikalismus, Engagement für sozialpolitische Einrichtungen, Wahlbeteiligung, persönlicher Einsatz für die Grundrechte etc.). Umgangssprachlich bezeichnet Politische Kultur den Stil der politischen Auseinandersetzung (Streitkultur)" (Schubert/Klein 2001).

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Populärkultur

Populärkultur (engl.: "popular culture") wird häufig im Gegensatz zu Elite- oder Hochkultur gebraucht. Im engeren Sinne umfasst sie die Produkte der Kultur- und Unterhaltungsindustrie, in einem weiteren Sinne die nicht streng nach sozialen Milieus unterschiedene Alltagskultur des ›einfachen Mannes‹. Vor allem die Forschungsrichtung der ›Cultural Studies‹ widmet sich der Untersuchung unterschiedlichster Bereiche der Populärkultur als sozial konstruierte Kulturphänomene (von der Verbreitung des Walkman bis zur Rolle der Formel 1 für die Massenfreizeitkultur).
Als Forschungsgegenstand existiert ›Populäre Kultur‹ seit über 40 Jahren. Dennoch ist weder verbindlich geklärt, welche Gegenstände bzw. Aktivitäten dazugehören, noch, wie populäre Kultur zur Gesamtkultur steht. Nach Hügel (2003: 1 ff.) ist das Einzige, worüber Forschung und Teilnehmer an der populären Kultur sich einig sind, dass sie "Spaß macht". Er plädiert deshalb im Widerspruch zu den Cultural Studies auch dafür, die ästhetische Seite populärer Kultur, ihre "Unterhaltungsfunktion " und damit die Differenz zur Alltagskultur wieder stärker zu betonen. Populäre Kultur zeichne sich gerade durch ihren nicht festgelegten "ambigen" sozialen und gleichzeitig ästhetischen Charakter aus. Konzepte einer solchen Populärkultur umfassen neben der Alltags-, Erlebnis- und Freizeitkultur auch die Jugendkultur, Kulturindustrie, die Massen- und die Volkskultur. Orte der Populären Kultur sind z. B. Ausstellungen, Kino, Museum, Konzert, Stadion oder Zirkus (vgl. Hügel 2003: 13 ff.)

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Polyzentrismus

Polyzentrismus ist das "… Gegenteil von Ethnozentrismus: Der Versuch, interkulturelle Handlungszusammenhänge nicht vor dem Hintergrund der eigenkulturellen Erfahrungen zu interpretieren; Anerkennen der Eigenständigkeit anderer Kulturen; Bereitschaft, kulturspezifische Wertungen zu relativieren" (Interkulturelle Kompetenz Online: Internetquelle).

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Poverty Reduction Strategy Papers (PRSP)

Mit der erweiterten Entschuldungsinitiative für die Highly Indebted Poor Countries (HIPC II) der G7-Länder 1999 in Köln verbindet sich die Verpflichtung der Regierungen, im Dialog mit der Zivilgesellschaft eine nationale Armutsminderungsstrategie zu erarbeiten und umzusetzen. Der Gegenwert der dabei erlassenen Schulden sollte zugunsten der armen Bevölkerungsmehrheit verwendet werden. Mit Hilfe der von den Ländern selbst zu erstellenden "Poverty Reduction Strategy Papers" (PRSPs) sollte dabei neben der eindeutigen Armutsorientierung der eingesetzten Mittel eine "Ownership" der lokalen Regierungen bei der Erstellung und Umsetzung der Strategie, aber auch aller zivilgesellschaftlich relevanter Gruppen und vor allem der Ärmsten selbst erreicht werden.
Das Problem bei den PRSPs ist zum einen der Widerspruch zwischen "Ownership und Donorship", d. h. die Tatsache, dass PRSPs einerseits als eigenständige Strategiepapiere der betroffenen Länder konzipiert sind, sie aber anderseits der Qualitätskontrolle ("approvement" bzw. inzwischen abgeschwächter "endorsement") durch die Bretton-Woods-Institutionen und anderer teilweise bilateraler Geber unterliegen (vgl. Wollenzien 2004: 160). Auch wird vielfach kritisiert, dass der PRSProzess häufig mit der Vorlage des fertigen Konzepts, d. h. noch vor der Implementierung abgebrochen wird ("implementation gap"), und dass statt klar priorisierter und operationalisierter Ziele häufig allgemeine "Wunschlisten" die Strategiepapiere dominieren (vgl. Bliss 2004).
Das vielleicht gravierendste Problem betrifft jedoch die Beteiligung der zivilgesellschaftlichen Gruppen. Das Fehlen einer qualifizierten zivilgesellschaftlichen Mitwirkung durch betroffene Armutsgruppen, aber auch legitimierter Massenorganisationen ("participation gap"), führt dazu, dass die Armutsanalyse auf Symptomen stehen bleibt und die strukturellen Ursachen für Armut, d. h. der Ausschluss von Teilen der Bevölkerung vom Zugang zu produktiven Ressourcen, weitgehend ausklammert werden (vgl. Bliss 2004). Hier wird sozial- und kulturwissenschaftlicher Sachverstand in zunehmendem Maße wichtig werden, um diesen in vielen PRSPProzessen nicht wahrgenommenen Gruppen überhaupt erst einmal zur Artikulationsfähigkeit zu verhelfen ("capacity to aspire", Sen 2004).

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Prägungen, kulturelle

Der Begriff gibt die Vorstellung von im Wesentlichen unveränderlichen ›Prägungen‹ durch kulturelle Sozialisationsinstanzen (Eltern, Erzieher, Schule, Kirche, Medien, Peergroups ...) wieder, denen das Individuum in der Phase des Hineinwachsens in eine kulturelle Umgebung unterworfen ist (Enkulturation). Sie ist in den Kultur-Definitionen aller großen Entwicklungshilfegeber (BMZ / staatliche EZ und Kultur; Mondiacult), aber auch in Organisationskulturtheorien und in gängigen interkulturellen Managementtheorien (interkulturelles Management; Kulturdimensionen-Modell; Kulturstandards) zu finden. Sie legt einen statischen Kulturbegriff zu Grunde, der so heute weder theoretisch noch empirisch mehr aufrechtzuerhalten ist.
Kultur; Kultur als geschlossenes System; Kultur als Fluxus; Primordialismus

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Primordialismus

Primordial heißt wörtlich ›von der ersten Ordnung, vom frühesten Ursprung her, schon immer da gewesen‹. In diesem Konzept werden Verwandtschaft, Religion oder Territorium als konstituierende Merkmale für die Ordnung sozialer Beziehungen hervorgehoben. Die mit ihnen verbundenen ›Prägungen‹ gelten als ursprünglich an das Individuum gebunden und von ihm nicht willentlich veränderbar (sog. "givens", vgl. McKay 1982). Diese Prägungen seien der Angelpunkt für das Entstehen von Ethnizität.
Der primordialistische Ansatz ist mit dem Kugelmodell einer statischen Kultur verbunden und erklärt nicht die modernen Kulturprozesse im Rahmen von Migration und Globalisierung (Kultur als Fluxus). Ihm steht der situationale Erklärungsansatz gegenüber, der davon ausgeht, dass ethnische Symbole von Gruppen mobilisiert werden, um soziale, politische und materielle Ressourcen in Konfliktsituationen mit anderen Gruppen sicherzustellen (vgl. Liebscher 1994; Internetquelle).
Allerdings lassen sich nicht alle ethnischen Konflikte über divergierende politische und ökonomische Interessen der Akteure erklären. Die Kritik am radikalprimordialen bzw. radikalsituationalistischen Ansatz hat inzwischen zu einer Synthese beider Ansätze geführt. Ethnizität wird jetzt als ein durch Interessen gesteuertes Konstrukt verstanden, bei dem situationsspezifisch und selektiv auf primordiale Attribute der ethnischen Identität zurückgegriffen wird (vgl. Orywal/Hackstein 1993: 596; vgl. Liebscher 1994; Internetquelle). Ethnizität; Essentialismus.

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Projektarena

Das in der Politikwissenschaft und der Politischen Anthropologie gängige Modell der Arena, in der verschiedene Akteure (Individuen, Gruppen), von jeweils unterschiedlichen Handlungslogiken geleitet, miteinander zu tun haben, wurde von den Sozialanthropologen Olivier de Sardan und Bierschenk auf die Beschreibung von Entwicklungsprojekten angewandt. Die in Projekten entstehenden Konflikte führen sie darauf zurück, dass bestimmte, für Entwickler (développeurs) selbstverständliche Vorstellungen wie Raum, Zeit, Reichtum, Armut, Partizipation etc., nicht von den Entwickelten (développés) geteilt werden. Auch werden Projekte von den NutzerInnen sehr selektiv angeeignet, d. h. sie interessieren sich nur für bestimmte Elemente eines angebotenen Entwicklungspakets, oder sie werden im Sinne eigener, vom Projekt nicht beabsichtigter Interessen "umgewidmet".
Auch eine strategische Einbeziehung soziokultureller Faktoren im Vorfeld verhindert nach Olivier de Sardan diese Prozesse der selektiven Aneignung und Umwidmung nicht, da sie das notwendige und unbeabsichtigte Ergebnis des Ineinandergreifens der in der Projektsituation aufeinander treffenden Handlungsrationalitäten darstellten. Akteure innerhalb der Entwicklungskonfiguration sind in ihrer Rolle eindeutig festgelegt und damit auch bestimmten Logiken und Handlungsrationalitäten verpflichtet. Jeder Versuch, verschiedenen Rollenanforderungen und damit Regelsystemen gerecht zu werden (also z. B. erfolgreicher Projektmanager und gleichzeitig zielgruppennaher Berater zu sein) beinhaltet danach die Gefahr, in beiden Rollen zu versagen (vgl. Olivier de Sardan 1995; Bierschenk/Olivier de Sardan 2000; für eine kurze Zusammenfassung der Argumente: Hutter 1998).
Der Projektarena-Ansatz überlappt sich mit dem der Schnittstellenanalyse, hat aber einen anderen, eher auf das "Spiel der Akteure" bezogenen Analysefokus.

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Begriffe: P

Partizipation
Partizipation in der EZ
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