Nation
"Der Begriff Nation bezeichnet meist eine größere, in der Regel
zusammenlebende Gemeinschaft von Personen, die über gleiche Geschichte,
Sprache, Kultur, politische Strukturen und häufig auch über ein geschlossenes
Territorium und in einfachen Gesellschaften auch über gemeinsame Abstammung
verfügen können (Nationalität)." (
Wikipedia
2005; Nation;
Internetquelle)
Im 18. Jahrhundert in der Folge der Französischen Revolution entstanden,
entfaltete die Vorstellung der Nation eine hohe Dynamik und Flexibilität,
die anfangs gegen feudale Unzulänglichkeiten und absolutistische Misswirtschaft
(Frankreich, Deutschland) oder auch gegen wirtschaftlich und politisch einengende
Kleinstaaterei (Deutschland) gerichtet war. Im 20. Jahrhundert wurde der Begriff
politisch missbraucht und wird im 21. Jahrhundert im Zuge der Globalisierung
mehr und mehr fragwürdig. (vgl.
Bleek/Bala
2000;
Internetquelle)
Nach einer von Ernest Renan schon 1882 vorgenommenen Einteilung können
folgende Nationskonzepte unterschieden werden (vgl.
Wikipedia
2005: Nation;
Internetquelle).
Dabei zeigt sich, wie unterschiedlich der Begriff der Nation je nach Verwendung
gefasst wird, und dass er sowohl erklärende als auch legitimierende und
normierende Aufgaben übernimmt.
1. Nation ist ethnische Homogenität (Volksnation): die in der Geschichte
am häufigsten missbrauchte und wissenschaftlich am wenigsten tragende Definition.
Sie beruhte häufig auf einer Verwechselung von ethnischer (so genannte
völkischer) mit kultureller Zugehörigkeit. Die Verortung in einem
angeblich zugehörigen Lebensraum verletzt häufig Eigentumsrechte anderer
Personen. Aus dem Ideal ethnischer Reinheit erwächst das Risiko
der Diskriminierung anderer Ethnien. Keine der klassischen europäischen
Nationen kann ethnisch begründet werden.
2. Nation ist Homogenität der Sprache und Tradition (Kulturnation): Nation
ist die durch die Geschichte bewahrte Einheit in Sprache, Kultur und Traditionen.
Sie lässt sich nicht durch territoriale Grenzen definieren. Meist beziehen
sich auf diese Definition Gruppen, die keinen gemeinsamen Staat besitzen, sich
aber aufgrund gemeinsamer Abstammungsvorstellungen, gemeinsamer Sprache, Kultur
und Geschichte miteinander verbunden fühlen (z. B. Deutschland im 19. Jahrhundert).
Somit ging die Formulierung einer kulturellen Einheit als Medium zur Vermittlung
eines Gemeinschaftsgefühls der Schaffung einer politischen Einheit voraus.
3. Nation ist ein politischer Zusammenschluss als Staat (Staatsnation): Nation
ist die politisch souverän organisierte und geordnete Gemeinschaft. Territorialer
Zusammenhang kann, muss aber nicht sein. Ethnische Gegebenheiten sind nachrangig.
Fehlen territoriale, ethnische oder kulturelle Klammern, sind solcherlei Nationen
leicht Angriffen von innen und außen ausgesetzt und können häufig
nur durch totalitäre, autokratische oder absolutistische Regierungsformen
existieren. Beispiele (in der Geschichte): Preußen, Osmanisches Reich,
West- und Ost-Pakistan, Jugoslawien, Sowjetunion.
4. Nation als territorialer Zusammenschluss (Territorialstaat): definiert sich
hauptsächlich über das Staatsterritorium. Beispiele bieten die Schweiz
und die Vereinigten Staaten von Amerika.
5. Nation als religiöser Zusammenschluss (Religionsstaat, Staatsreligion):
Gab es in der Geschichte viele Nationen, die sich über die Religion definierten
(Spanien der Reconquista, Frankreich Ludwigs XIV, England Heinrichs VIII), so
war in den absolutistischen Staaten wiederum die Religion des Fürsten ausschlaggebend
(Staatsreligion). Beispiele für Religionsstaaten: Iran des Ayatollah Chomeini,
Afghanistan der Taliban, Saudi Arabien der wahabitischen Saudi-Familie.
In den 1980er Jahren setzte sich in der Sozialwissenschaft die Erkenntnis durch,
dass Nationen weniger natürlich entstanden als politisch konstruiert sind,
und vor allem durch das Appellieren an emotionale patriotische Gefühle
und das Erfinden nationaler Traditionen legitimiert werden ("the invention
of national traditions";
Hobsbawm/Ranger
1983). In diesem Prozess der Herstellung nationaler Kulturdiskurse (durch
Naturalisierung oder
Primordialisierung)
werden andere kulturelle Identitäten marginalisiert und bekommen einen
ethnischen oder rassischen Minderheitenstatus.
Volk
Am Beispiel der italienischen Nationalstaatsbildung zeigten Engelbert/Hain (
2004)
kürzlich, wie kulturell unterschiedlich Regionen auf die gleiche geschichtliche
Veränderung reagieren. Das Entstehen eines gesamtitalienischen Marktes
führte z. B. dazu, dass der Norden prosperierte, der Süden durch das
Wegfallen von Schutzzöllen und die fehlenden infrastrukturellen horizontalen
Verbindungen dagegen massiv zurückfiel. So entwickelte sich eine regionale
Verbundenheit mit mafiösen, ordnend wirkenden Strukturen und eine Abwehr
gegen den Norden, die bis heute wirksam ist. Dieser Regionalismus (Campanilismus
= Kirchturmpolitik) führt dazu, dass die italienische Gesellschaft auch
heute noch als ein Netz lokal orientierter Beziehungen beschrieben
wird. Engelbert/Hain resümieren: "Kulturen sind komplex, die Orientierung
an Nationen als Anhaltspunkt für die Ermittlung von kulturellen Merkmalen
ist fragwürdig, und allgemeine Aussagen über kulturelle Merkmale von
Nationen erweisen sich als problematisch" (
2004:
32). Diese Aussage ist bedeutsam für die meist nationalstaatlich orientierten
interkulturellen
Trainings und die dahinter stehenden
Kulturerfassungsansätze.
In der interkulturellen Wirtschaftskommunikation findet nach Bolten (
1997)
dennoch eine pragmatische Eingrenzung statt, die in der Regel dazu führt,
Kultur und politische Ländergrenzen gleichzusetzen. Sie wird von etlichen
Autoren, die für den Praxisbereich arbeiten, für eine notwendige Operationalisierung
des Kulturbegriffs "als die beste aller schlechten Lösungen"
angesehen (
Wille
2003: Kultur;
Internetquelle).
Hansen betont den Zusammenhang zwischen Nationalkultur und Normalität:
"Eine Nationalkultur definiert Normalität: d. h. die Ansichten
können extrem unterschiedlich sein (Autonome, Grüne, Konservative),
aber das Spektrum ist allen bekannt und durch die Grenzen der Normalität
beschränkt. Der Kitt ist die Vertrautheit (familiarity) mit der Bandbreite
der Diversität" (
Hansen
2000: 225 ff.).
First
Nations
zum
Seitenanfang
Nationalcharakter
Unter dem Begriff "Nationalcharakter" werden gemeinhin jene historisch
gewachsenen individuellen Persönlichkeitsstrukturen verstanden, die bei
den Mitgliedern einer Nation besonders häufig auftreten und eine Determinante
des Sozialverhaltens darstellen.
Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts waren Studien zum Volks- oder Nationalcharakter
ausgesprochen populär, als ein Stück geronnener Geschichte
eines Volkes, "... an dem wir durch Vererbung körperlicher und geistiger
Anlagen sowie durch kulturelle Überlieferung, durch Erziehung und gewohnheitsmäßigen
Umgang mit Menschen gleichartigen Charakters Anteil haben", so der Austromarxist
Otto Bauer.
Heute ist der Begriff wissenschaftlich weitgehend diskreditiert, da er den Konstruktions-
und Legitimationscharakter von
Nationen
völlig verkennt. Auch gilt es für die Mehrzahl der Sozialwissenschaftler
heute als unseriös, ganze Bevölkerungsgruppen zu stereotypisieren
und individualpsychologische Modelle auf ganze Gesellschaften anzuwenden. So
wird heute eher nach soziokulturellen und lebensweltlichen
Milieus
unterschieden. Die spezifisch deutsche Hemmung, den Begriff überhaupt noch
zu benutzen, hängt wohl auch mit den Schatten der Nazivergangenheit zusammen
(eine Ausnahme bildete z. B. der Sammelband von
Blomert
et al. 1993).
Im deutschsprachigen (v.a. Österreich) wie im europäischen Ausland
(z. B. Schweden) gibt es hingegen bis in jüngste Zeit teilweise öffentlich
stark wahrgenommene Studien zum Nationalcharakter oder zur nationalen Mentalität
(vgl. für Schweden z. B. Ake Daun "Swedish Mentality", 2000).
Nationalcharakterstudien gibt es auch im Rahmen der kritischen Nationalstereotypenforschung
(welche nationalen Fremdbilder bestehen in verschiedenen Ländern; vgl.
z. B.
Poortinga/Girndt
1993;
Blomert
at al. 1993). In vielen Bibliothekssystematiken wird der Begriff ebenfalls
noch selbstverständlich geführt. Die Vorstellung vom Nationalcharakter
ist eng verknüpft mit einem
primordialistischen
Kulturverständnis. Sie spielt auch bei populären interkulturellen
Managementansätzen (
Kulturstandards;
Kulturdimensionen)
eine Rolle.
zum
Seitenanfang
Nationalkultur
Nation
zum
Seitenanfang
Naturvolk
Nach Müller ist Naturvolk ein "...ursprünglich zur Vermeidung
von pejorativen Bezeichnungen wie Wilde oder Primitive
in die Ethnologie eingeführter Begriff, der aber durch den impliziten Gegensatz
zu
Kulturvölkern
schnell selbst fragwürdig wurde. Da es tatsächlich keine kulturlose
menschliche Gruppe gibt, versuchte man sich in verschiedenen konzeptionellen
Umwidmungen, so z. B. Richard Thurnwalds Völker geringerer Naturbeherrschung.
Legt man allerdings unter heutiger ökologischer Perspektive den Verbrauch
nichterneuerbarer Energien als Maßstab für den nachhaltigen Umgang
mit Natur an, so erscheinen die Naturvölker in der Regel als
wesentlich effizienter in der Ressourcennutzung als Hochkulturen.
Die Grenzziehung erweist sich somit als künstlich und beruht auf Wertentscheidungen.
Die Unterscheidung zwischen Kultur- und Naturvölkern ist wissenschaftlich
nicht mehr aufrechtzuerhalten" (
Müller
1999: 269).
Hochkultur;
Kulturvölker
Wikipedia ergänzt: "Der romantisierende Begriff Naturvolk wird heute
vor allem in alternativen oder journalistischen Kreisen oft synonym mit
indigene
Völker verwandt, er bezeichnet jedoch nicht dasselbe. Während
indigen ein politisches Konzept ist, rekurriert Naturvolk auf die romantische
Vorstellung des Edlen Wilden, der in vollkommener Harmonie mit der Natur lebt.
Das Konzept indigene Völker bezieht sich auf den Umstand der
Diskriminierung und fordert die Realisierung und Respektierung von Rechten ein.
Anhänger des Naturvolk-Begriffs (im deutschsprachigen Raum
etwa der Verein Freunde der Naturvölker e.V.) fordern dagegen
nicht die Verwirklichung von Rechten, sondern die Konservierung einer vermeintlich
oder tatsächlich naturnahen, nicht-technisierten Lebensweise, wobei sie
zum Paternalismus neigen. Wenn sie nach technischen Errungenschaften oder auch
nur nach europäischer Bildung streben, begehen Naturvölker
nach dieser Überzeugung Verrat an sich selbst. Dagegen impliziert das Konzept
indigene Völker zuallererst das Recht der Betroffenen, selbst
über die eigene Entwicklung zu bestimmen, unabhängig davon, ob das
Resultat dem Klischee vom Edlen Wilden entspricht, oder nicht" (
Wikipedia
2004: Indigene Völker;
Internetquelle)
Völker,
indigene.
zum
Seitenanfang
Netzwerk, soziales
Nach Schweizer ist ein soziales Netzwerk "... eine Menge von Akteuren,
die durch mindestens eine soziale Beziehung verbunden sind. Akteure können
z. B. Individuen, Haushalte, Familien, Lokalgruppen, Regionen, Staaten sein,
und als soziale Beziehungen kommen u.a. Verwandtschaft, ökonomischer Tausch,
politische Unterstützung und Kommunikation in Betracht. Aufgaben der Netzwerkanalyse
sind Beschreibung und Untersuchung solcher Beziehungsgeflechte " (
Schweizer
1999: 270 f.).
Das Nützliche dieses Ansatzes ist, dass soziale Netzwerke gerade
keine Ziele haben, sondern sehr disparate Ziele einzelner Akteure
und Gruppen verknüpfen, und gerade hierfür mangelte vorher ein analytischer
Begriff (vgl.
Wikipedia
2004: Soziales Netzwerk;
Internetquelle).
In der Betriebswirtschaftslehre umschreiben soziale Netzwerke zielbezogene Organisationen
(z. B. informelle Zusammenschlüsse, Verbände) von Menschen, die durch
das Netzwerk einen Vorteil erfahren oder sich erhoffen. Ein derartiges Netzwerk
sind etwa die Summen von sozialen Kontakten zur Erlangung persönlicher
Vorteile, zum Beispiel in der Politik oder im Berufsleben (Karriere). Der Begriff
Netzwerk löst hier sprachlich die eher negativ besetzten Begriffe Seilschaft
und Vitamin B ab. Soziale Netzwerke werden unter anderem in der Ethnologie,
Soziologie, Sozialpsychologie und Kommunikationswissenschaft erforscht. Dafür
existiert eine entfaltete Terminologie (Multiplexität, Netzwerkdichte
etc.; vgl.:
Wikipedia
2004: Soziales Netzwerk;
Internetquelle).
Für die EZ ist das Wahrnehmen sozialer Netzwerke wichtig: In ihnen ruht
oft das
Sozialkapital
von lokalen Akteuren. Netzwerke funktionieren als informelle Sicherungssysteme
dort, wo formale soziale Sicherungssysteme versagen. Durch ihren meist informellen
Charakter werden sie im Rahmen von EZ-Interventionen oft nicht wahrgenommen.
Je nach Interventionsgrad können sie dadurch in ihrer Funktion bedroht
oder sogar ausgehebelt werden (was manchmal gewünscht, aber selten sinnvoll
ist).
zum
Seitenanfang
Nichtregierungsorganisationen
Der Begriff umfasst freiwillige Organisationen, die weder staatlich noch profitorientiert
sind. Ursprünglich stammt der Begriff der Nichtregierungsorganisationen
(NROs) aus der Charta der Vereinten Nationen. Unter den 200 Organisationen,
die 1952 den Status als (i. d. R. in mindestens drei Ländern) international
tätige, nichtstaatliche Organisationen zuerkannt bekamen, waren unter anderem
Kirchen, Berufsverbände, Handelskammern, Gewerkschaften, Pfadfinderorganisationen,
Automobilclubs, das Rote Kreuz, sowie auch wenige nationale große Organisationen
aus den USA und Indien (vgl.
Neubert
2004).
Neubert unterscheidet nach der Art der Aktivität (Hilfe- bzw. Entwicklungsleistung
oder Interessenvertretung) und den Nutznießern (Mitglieder oder Nichtmitglieder)
vier Idealtypen:
- Interessenverbände (Gewerkschaften, Unternehmerverbände, Berufsverbände,
Bürgerinitiativen, lokale Händler oder Handwerkervereinigungen)
- anwaltliche Organisationen (Menschenrechts-, Umweltorganisationen)
- Selbsthilfe (Selbsthilfe-, Spargruppen; Selbsthilfeorganisationen, Genossenschaften)
- Wohlfahrts- und Entwicklungsorganisationen (Caritas, Brot für die
Welt, Welthungerhilfe usw.)
NROs sind zum einen auf die materiellen und ideellen Ressourcen angewiesen,
die sie von Mitgliedern und ihrer Gefolgschaft bekommen, zum anderen erlangen
sie ihre gesellschaftliche Bedeutung durch die von ihnen erbrachte Leistung
in ihrem Wirkungsfeld ("doppelter gesellschaftlicher Anschluss", Glagow
1990: 165, cit. nach
Neubert
2004). Es ist sinnvoll nach dem Sitz der NRO in der Ersten oder Dritten
Welt (Nord- oder Süd-NRO) und nach der Reichweite ihrer Tätigkeit
(nationale im Inland tätige NRO, z. B. Arbeiterwohlfahrt; internationale
auch im Ausland agierende NRO, z. B. Welthungerhilfe; oder globale NRO ohne
eindeutiges Organisationszentrum, z. B. Greenpeace) zu unterscheiden (vgl.
Neubert
2004).
Die Bedeutung der NROs hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Sie sehen
sich als "Stimme der internationalen Zivilgesellschaft" und sie reklamieren
ein Bürgervertretungsinteresse, wie das Regierungen und Parlamente nicht
können. Sie verstehen sich als Form globaler Basisdemokratie, einer "Globalisierung
von unten" (vgl.
Neubert
2004).
Im Entwicklungszusammenhang ist jedoch gerade hier eine kritisch-kulturell informierte
Perspektive wichtig (welche Legitimität und welches Mandat haben zivilgesellschaftlich
in Erscheinung tretende NROs?). Die Unterscheidung zwischen repräsentativen
und nichtrepräsentativen Vertretern der Zunft ist nicht immer leicht (vgl.
Bliss 2003).
Die Übernahme von politischen Forderungen durch Gruppen "mit mehr
Leidenschaft als Repräsentativität" (
Rao/Walton
2004: 24) ist dabei ein Phänomen von reichen wie armen Ländern.
Der Legitimitätsanspruch der NROs wird in letzter Zeit zunehmend wissenschaftlich
(z. B.
Braun
2001;
Neubert
2004), entwicklungspolitisch (
Bliss
2003,
2004;
Nenguié
2004) aber auch aus der NRO-Szene selbst (
Eade/Pierce
2000;
VENRO
2004) kritisiert.
Zivilgesellschaft
zum
Seitenanfang
NROs, Kultur und Entwicklung (BRD)
Ingesamt ist die Thematik Kultur und Entwicklung bei NROs in Deutschland
strategisch und konzeptionell bis heute nur relativ wenig verankert, wie eine
interne BMZ Studie zeigt (
Schönhuth
2004b). Das
soziokulturelle
Rahmenkonzept des BMZ bleibt, wo es bekannt ist, meist ohne Auswirkung
auf die eigene Arbeit. Dies steht im Widerspruch zum überwiegend starken
Interesse an der Thematik in den Institutionen und der anerkannt zentralen Rolle,
die die kulturelle Dimension für die meisten der Befragten in der EZ und
im interkulturellen Dialog spielt.
Allerdings stellt sich die Frage nach dem Umgang mit Kultur für unterschiedliche
NRO-Typen (
NRO)
auch ganz verschieden. Stehen für das BMZ zum Beispiel strategische entwicklungspolitische
Entscheidungen im Vordergrund, und für die GTZ kundenorientierte Dienstleistungen,
so sind für die kirchlichen Organisationen der Solidaritätsgedanke
und die Autonomie des Partners Grundlage der Zusammenarbeit, und als Konsequenz
tragen die Partner die Verantwortung für alle Phasen der Projekte (vgl.
Neubert 1999:
2). Das heißt, für kirchliche Träger stellt sich auch die Frage
nach der Kulturangepasstheit von Projekten und Programmen zumindest theoretisch
gar nicht. Politischen Stiftungen wiederum geht es neben dem Einsatz von interkulturellem
Dialog zur Konfliktprävention und -bearbeitung auch darum, bestimmte Werte
wie Demokratie, kulturelle Vielfalt, soziale Gerechtigkeit, Solidarität
oder auch Liberalismus in Ländern des Südens und Ostens zu
fördern. Es geht also um eine Einmischung in die Kultur der Kooperationsländer.
Für sie ist Kultur ein Interventionsfeld. Im entwicklungspolitischen Bildungsbereich
in Deutschland tätige Organisationen dagegen haben oft gar keinen direkten
Kontakt zu Partnern im Süden, was ihren Umgang mit dem Thema Kultur
und Entwicklung, bzw. inter-kultureller Dialog natürlich beeinflusst.
Von etlichen Organisationen wird Kultur und Entwicklung im Zusammenhang
mit auswärtiger
Kulturpolitik
gebraucht. Da in Deutschland die diesbezügliche Kompetenz bisher ausschließlich
beim Auswärtigen Amt liegt, und das BMZ bei der Mittelvergabe ebenfalls
einen strikten Kurs fährt (keine Unterstützung von Kulturveranstaltungen
in Kooperationsländern), andererseits aber der
Dialog
der Kulturen ein Anliegen des BMZ ist, zeichnen sich hier potentielle
Konfliktlinien ab (vgl.
Schönhuth
2004b).
zum
Seitenanfang
Normalität
"Normalität bezieht sich auf erwartete Normen und Alltagsroutinen;
sie treten ein und werden als solche nicht hinterfragt, weil sie eine Plausibilität
der Handlungskontexte garantieren. Normalitätserfahrungen zählen zu
den Bedingungen, um etwas als kulturell Eigenes deklarieren zu können."
(
Interkulturelle
Kompetenz Online 2004;
Internetquelle)
zum
Seitenanfang