Welt(kultur)erbe
"Die UNESCO-Liste des Welterbes besteht aus dem Weltkulturerbe und dem
Weltnaturerbe. Insgesamt umfasst sie 788 Denkmale in 134 Ländern (Stand
2004). Davon sind 611 Kulturdenkmale (K) und 154 Naturdenkmale (N), weitere
23 Denkmale gehören sowohl dem Kultur- als auch dem Naturerbe an (K/N).
Die UN-Sonderorganisation unterstützt bei den auf der Liste geführten
Objekten, deren Schutz und/oder die Restaurierung durch fachliche und materielle
Hilfe.
Grundlage dafür ist eine 1972 in Stockholm verabschiedete UNESCO-Konvention
zum Schutz des Kultur und Naturerbes der Welt. Sie ist 1975 in Kraft getreten.
Um in die Liste aufgenommen zu werden, genügt das Vorhandensein mindestens
eines von sechs definierten Merkmalen. Das schutzwürdige Objekt muss: von
einzigartigem künstlerischeM Wert sein; starken kulturellen Einfluss auf
eine Region oder Epoche ausüben; von großem Seltenheitswert oder
Alter sein; für eine bestimmte künstlerische Entwicklung beispielhaft
sein; für eine bestimmte Architekturepoche stehen; bedeutungsvoll im Zusammenhang
mit herausragenden Ideen oder historischen Gestalten sein.
Den Anstoß zum Übereinkommen gab zuvor der Aufruf der UNESCO vom
8. März 1960, die durch den Bau des Assuan-Staudammes vom Nil bedrohten
Denkmäler in Nubien für die Nachwelt zu retten. Einmal im Jahr, normalerweise
Anfang Juli, trifft sich das UNESCO World Heritage Committee, um über die
Aufnahmeanträge der Staaten für neue Denkmäler zu entscheiden.
Bei diesen Sitzungen wird auch über den Zustand bereits aufgenommener Denkmäler
beraten. In die Rote Liste des Welterbes werden besonders gefährdete Objekte
aufgenommen und zwar selbst dann, wenn der zuständige Unterzeichnerstaat
keinen Antrag an die UNESCO stellt.
Seit 2004 befinden sich 35 Denkmäler auf dieser Liste. So ist beispielsweise
der Kölner Dom im Juli 2004 auf die Rote Liste des Welterbes genommen worden,
nachdem die Stadt Köln entschieden hatte, ihre Hochhauspolitik, die den
Blick auf den Dom einschränkt, fortzusetzen." (vgl. für den gesamten
Eintrag:
Wikipedia
2004: Welterbe;
Internetquelle)
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Weltanschauung
Philosophisch auf Wilhelm von Humboldt zurückgehender, seit der Romantik
vielfach verwendeter Begriff, der heute "eine in sich einheitliche, nicht
notwendig vollständig bewusste Gesamtauffassung von Struktur und Wesen,
Ursprung und Sinn der Welt und des menschlichen Lebens in ihr darstellt"
(
Höffe
1997: 328).
Weltanschauungen sind das charakteristische, umfassende Bezugsystem des Erkennens
für Kulturen, aber auch für Gruppen und Bewegungen. In Absetzung zum
Weltbild
einer Gesellschaft ist Weltanschauung eher vorwissenschaftlich und beinhaltet
auch immer eine wertende Stellungnahme. Sie hat also normativen Charakter und
ist rationalen Argumenten oder Kritik gegenüber nicht unbedingt zugänglich.
Sie kann dann leicht zur dogmatisch verteidigten Doktrin werden (vgl.
Höffe
1997: 328 f.).
Eine Weltanschauung gibt einen Begriff davon, wie die Welt funktioniert und
strukturiert ist (was ist die Natur der Welt, welches Menschenbild haben wir).
Sie gibt eine Erklärung dafür, warum die Welt so funktioniert und
strukturiert ist, und sie gibt eine Extrapolation in die Zukunft (wie wird sich
die Welt entwickeln, was geschieht nach dem Tod?). Weltanschauungen beinhalten
ethische Werte, die Vorstellung von einem guten Leben und eine Erkenntnistheorie
(vgl.
Wikipedia
2004; Weltanschauung;
Internetquelle).
Weltbild
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Weltbank
Soziokulturelle Aspekte im Sinne eines "Social development" spielten
bei der Weltbank schon seit den 1980er Jahren eine, wenn auch bescheidene, Rolle.
Aktivitäten der Weltbank im Bereich Kultur und Entwicklung
bezogen sich in den letzten Jahren unter anderem auf den Respekt für Kulturen
und indigene Gruppen, auf
"social
capital", auf den wachsenden Gebrauch partizipativer Forschung
in länderbezogenen Armutsanalysen und auf Kultur als "wichtigen Aspekt"
des Entwicklungsprozesses. Wichtige Meilensteine waren der groß angelegte
partizipativ erhobene Baseline Survey "Voices of the Poor" (
Narayan
2001a und
2001b;
Armut)
und der Millenniums-Entwicklungsbericht der Weltbank zu Armut (
World
Bank 2000), der erstmals den
Empowerment-Begriff
als maßgeblichen Pfeiler für eine armutsorientierte Entwicklung einführte.
Trotz dieser zahlreichen Aktivitäten ist die ausgesprochen optimistische
Conclusio von Rao/Walton (
2004)
in ihrem Sammelband zur Weltbankkonferenz zu Kultur und Armut von 2002 nicht
nachzuvollziehen, dass Kultur im Design von Entwicklungsstrategien in der Weltbank
ebenso bedeutenden Stellenwert einnehmen könnte wie die Ökonomie (
Rao/Walton
2004: 13). So verfügt die Weltbank weder über ein einheitliches
Konzept zum Verhältnis von Kultur und Entwicklung noch gibt es zu einem
spezifischen Thema "culture and development" zentrale Ansprechpartner
oder Fachleute in den Sektor- und Fachabteilungen. Elemente dessen, was in Deutschland
unter soziokulturellen Kriterien der EZ und in der EZ subsumiert wird, werden
unter verschiedenen, sich laufend ablösenden Schlagworten behandelt, von
denen gegenwärtig "cultural heritage" und "social capital"
am häufigsten Verwendung finden.
Die Weltbank kann bezüglich der konzeptionellen Arbeit und ihrer Außenwirkung
durchaus als Keyplayer im Bereich Kultur und Entwicklung betrachtet
werden. Sie hat jedoch andererseits bezüglich der soziokulturellen Qualifikation
ihrer Mitarbeiter/innen und der Verankerung des Themas in der konkreten Projekt-
und Programmarbeit für die deutsche EZ letztlich keinen Vorbildcharakter.
Die Berücksichtigung (sozio)kultureller Faktoren bei der Weltbank dient
weniger der Adaptation von Vorhaben an kulturelle Gegebenheiten, sondern ist
primär dem Safeguard- Gedanken untergeordnet. Da unterstellt wird, dass
die Weltbank selbst keine Projekte durchführt, spielt auch die soziokulturelle
Kompetenz von Projektmanagern und Sektorfachleuten innerhalb der Weltbank eine
eher untergeordnete Rolle.
Mit dem Social Analysis Sourcebook der Social Analysis Thematic Group von 2002
versucht die Weltbank seit neuestem, komplexere soziale Zusammenhänge ("what
goes into making a society function well?"; "what makes for countries
that have a history of inclusivity and equity?") zu erfassen. Ob mit diesem
Instrument soziale Wirklichkeit in weltbankfinanzierten Projekten und Programmen
besser abgebildet werden kann, steht noch offen. Das Instrument befindet sich
gerade in der Erprobungsphase (vgl.
Schönhuth
2004b).
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Weltbild
Philosophisch der im Gegensatz zur
Weltanschauung
für Kritik und rationale Argumente zugängliche Teil der Weltdeutung.
In der kulturwissenschaftlichen Literatur aber weitgehend synonym mit Weltanschauung
verwandt, als meist nicht bewusst reflektiertes erkenntnis- und handlungsleitendes
Weltdeutungsmodell. In demographisch kleinen und isoliert lebenden Gemeinschaften
entwickeln sich vergleichsweise geschlossene Weltbilder mit interner Logik (common
sense), die allgemein unhinterfragt bleibt. (Vgl.
Illius
1999: 407)
Mit dem Weltbild bestätigt sich eine Gesellschaft den eigenen rechten Weg
und richtigen Standort. Die damit häufig verbundene positive Verabsolutierung
des Eigenen führt vor allem in agrarischen Gesellschaften zum Phänomen
des "konzentrischen Dualismus": Im Zentrum herrscht ein Höchstmaß
an Ordnung und positiven Werten. An der Peripherie wohnen Mängelwesen oder
Unterentwickelte, dahinter droht das Chaos ("Barbarei").
Bewusst gemacht und in einer Art Horizonterweiterung relativiert werden Weltbilder
erst in Kulturkontaktsituationen (vgl.
Streck
2000: 291 ff.;
Illius
1999: 407).
Weltanschauung
Sinnsytem
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Weltethos
Die Frage nach einem "Weltethos" geht zurück auf eine Programmschrift
von Hans Küng, 1990. In ihr wird programmatisch die Idee entwickelt, dass
die Religionen der Welt nur dann einen Beitrag zum Frieden der Menschheit leisten
können, wenn sie sich auf das ihnen jetzt schon Gemeinsame im Ethos besinnen:
auf einen Grundkonsens bezüglich bestehender verbindender Werte, unverrückbarer
Maßstäbe und persönlicher Grundhaltungen.
1993 verabschiedete das Parlament der Weltreligionen die "Erklärung
zum Weltethos", mit der sich Vertreter aller Religionen über Prinzipien
eines Weltethos verständigt und sich auf vier unverrückbare Weisungen
verpflichtet haben:
1. Verpflichtung auf eine Kultur der Gewaltlosigkeit und der Ehrfurcht vor allem
Leben,
2. der Solidarität und eine gerechte Wirtschaftsordnung,
3. der Toleranz und ein Leben in Wahrhaftigkeit,
4. der Gleichberechtigung und Partnerschaft von Mann und Frau. (vgl.
Küng/Kuschel
1993).
Der UNESCO-Report formuliert als "Global Ethics":
1. Human rights and responsibilities,
2. democracy and the elements of civil societies,
3. the protection of minorities,
4. commitment to peaceful conflict-resolution and fair negotiations,
5. equity within and between generations.
Er orientiert sich damit, ähnlich wie die Positivliste des BMZ, weitgehend
an der Essenz der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.
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Weltgesellschaft
Politisch ist die Weltgesellschaft mit dem Modell einer globalen Gesellschaftsordnung
(Weltföderalismus) und einer tragfähigen Weltinnenpolitik verbunden
(vgl. z. B.
Mögle-Stadel,
1996;
Gosepath/Merle
2002). Kulturell wird die sich globalisierende Welt zwar durch ein globales
Referenzsystem einer wachsenden Anzahl universeller Kategorien, Konzepte und
Standards sowie überall verfügbarer Waren und Geschichten im Rahmen
gehalten (vgl.
Breidenbach/Zukrigl
1998: 206;
Globalkultur),
eine uniforme Weltgesellschaft entsteht dabei aber nicht.
Glokalisierung
So ist es nach Neubert "zweifelhaft, ob Verwaltungsbeamte in China, Viehzüchter
in Niger, Bauern in den Anden, europäische Industriearbeiter und Börsenmakler
an der Wallstreet sich als Teil einer Weltgesellschaft begreifen
und dies in irgendeiner Weise auf ihr Handeln Einfluss nimmt. Der Verweis auf
Nationalstaaten übergreifende Netzwerke hebt diese Fragmentierung nicht
auf. Es gibt zwar Gruppen, die weltweit agieren, sich als Teil einer Weltgesellschaft
begreifen, aber sie stellen bislang nur eine Minderheit dar. Die Weltgesellschaft
ist bislang eine Utopie" (
Neubert
2004).
Globalisierung,
kulturelle
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Weltkultur
Mit dem Begriff der
Weltgesellschaft
ist auch die Vorstellung einer gemeinsamen Weltkultur verbunden. Je nach ideologischer
Grundausrichtung oder wissenschaftlichem Lager, wird diese entweder als bedrohliches
Szenario kulturkritisch bekämpft oder modernistisch euphorisch begrüßt.
Auch wird offen diskutiert, ob sie schon da ist, oder ob sie sich erst noch
entwickeln muss. Mehrheitlich wird heute jedoch das Konzept einer
globalen
Referenzkultur favorisiert, die unterschiedlich stark auf lokale Konzepte
einwirkt, diese aber nicht ersetzt, bzw. auch Gegenentwürfe (
Glokalisierung)
generiert.
Nach Kiel (
2001;
Internetquelle)
lassen sich grob fünf Grundkonzepte von Weltkultur unterscheiden:
1. Dominanzkonzepte: Weltkultur wird hier als die Ausdehnung von Herrschaft
verstanden, als Unterdrückung von Einzelkulturen. In vielen Übergangsgesellschaften,
aber auch zunehmend in Europa (vor allem Frankreich) bestehen Befürchtungen
vor und Strategien gegen eine Ausbreitung einer "US-amerikanischen Dominanzkultur".
2. Konvergenzkonzepte: Konvergenzkonzepte haben als Fernziel eine Weltkultur,
auf die sich andere Kulturen im Zuge der Modernisierung oder auch im Zuge einer
umfassenden Antimodernisierung zwangsläufig hinentwickeln.
3. Integrationskonzepte: Weltkultur wird hier als ein System verstanden, in
dem verschiedene Einzelkulturen miteinander in Kontakt treten. Sie erscheint
als eine regional nicht begrenzte multikulturelle Gesellschaft, in der Kulturen
auf der Basis und Bewahrung ihrer kulturellen Eigenarten miteinander kommunizieren
und interagieren.
4. Transkulturelle Konzepte: Weltkultur erscheint in diesen Konzepten ebenfalls
als ein Kommunikations- und Interaktionsideal. Allerdings ist hier die Bedingung
der Möglichkeit von Interaktion und Kommunikation zunächst die Betrachtung
der Gemeinsamkeiten zwischen Kulturen. Lebensformen, so die Grundannahme, sind
heute zu einem erheblichen Teil nicht mehr regional und kulturell gebunden (
Transkulturalität).
5. Kulturökologische Konzepte: Weltkultur wird hier als Notwendigkeit verstanden,
global zu kooperieren, um globale Probleme wie etwa eine Klimakatastrophe oder
die Verschmutzung der Weltmeere zu lösen. Weltkultur ist in diesem Sinne
nicht nur eine Problemlösegemeinschaft, sondern auch ein Biotop, in dem
die Einzelkulturen selbstverständlich ihre Existenzberechtigung haben.
Eine so verstandene Weltkultur schafft einen einheitlichen Rahmen für die
Existenz der kulturellen Vielfalt. Solche Konzepte finden sich mit verschiedenen
Akzentsetzungen beim Club of Rome (Grenzen des Wachstums), bei global agierenden
Umweltorganisationen, aber auch im Nachhaltigkeitskonzept der UNESCO (Brundtlandreport).
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Weltsystem
Weltsystem ist ein Begriff aus der Weltsystemtheorie von Immanuel Wallerstein.
Aus der Perspektive der Weltsystemtheorie "stellt sich Globalisierung als
langfristiger Prozess der kapitalistischen Penetration der Welt dar, der im
16. Jahrhundert beginnt und im einheitlich integrierten kapitalistischen Weltsystem
der Gegenwart kulminiert" (
Sucharewicz
2004;
Internetquelle).
Kultur wird hier vor allem als ideologisches Feld begriffen, das sich in den
Dienst der globalen Kapitallogik stellt. Für den Anthropologen Eric Wolf,
so Fernand Kreff "... liegt das Verdienst der Weltsystemtheorie darin,
dass sie es erlaubt, die ökonomische und politische Bedingtheit des Verknüpftseins
von Kulturen zu verstehen (...) Wichtig an den Arbeiten von Frank und Wallerstein
sei, dass sie die fruchtlosen Modernisierungs-Debatten überwunden
haben durch eine differenzierte, theoretisch orientierte Darstellung, wie sich
der Kapitalismus herausgebildet und ausgebreitet hat: als Entstehung und Ausbreitung
untereinander verflochtener und doch voneinander unterscheidbarer Beziehungen.
(...)
An Wallerstein kritisiert Wolf, ... dass es in dem von ihm konzipierten
Weltsystem scheinbar getrennte Gesellschaften gibt, die im Zuge gegenseitiger
Aktion und Reaktion geformt und umgeformt werden. (...) Angesichts des neuen
flexiblen Kapitalismus sei es Aufgabe einer globalen Anthropologie einen Weg
zu finden, Kultur so zu konzipieren, dass es möglich wird, sich mit den
Realitäten einer politischen Ökonomie zu befassen, innerhalb der diverse
und sich verändernde kulturelle Arrangements immer neue Verknüpfungen
miteinander eingehen. Diese Arrangements sind ihrerseits bedingt und schaffen
neue Macht- und Produktionskonstellationen." (
Kreff
2002;
Internetquelle
Repertoires,
kulturelle
Im Rahmen der nationalen Desintegration und globalen Fragmentierung nehmen gleichzeitig
kulturelle Ähnlichkeiten nach bestimmten Milieus oder professionellen Zugehörigkeiten
über nationale Grenzen hinweg zu. So klaffen zwischen einem deutschen Entwicklungsexperten
und seiner Zeitungsfrau unter Umständen Welten, während er mit seinen
Kollegen aus Entwicklungsagenturen in Schweden, Kanada oder USA große
kommunikative Schnittmengen hat.
Globalisierung,
kulturelle
zum
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Werte
Neben Kultur kommt kaum ein Wort in diesem Glossar häufiger vor. Das hängt
damit zusammen, dass eine Vielzahl von Autoren Kultur mit der "Gesamtheit
der Werte, Normen, Einstellungen, Glaubensüberzeugungen und Orientierungen
einer Gesellschaft" gleichsetzen (
Kultur
als geschlossenes System).
Nach Kuckhohn sind Werte die von der Mehrheit der Gesellschaftsmitglieder verinnerlichten
Orientierungsmaßstäbe, die Individuen Verhaltenssicherheit geben
und Rollennormen für das Alltagshandeln begründen. Diese relativ stabilen
"Werteorientierungen" bestimmen, was "gut" ist, und sie
geben die Richtung für "das Wahre" und "das Schöne"
(vgl.
Pfeffer
1999: 409). Die Integration in ein soziales Gebilde (Gemeinschaft, Gesellschaft,
soziale Gruppe, Staat) hat die Anerkennung eines Minimalkonsenses bezüglich
der gemeinsamen Grundwerte, Verhaltens- und Orientierungsmuster zur Voraussetzung.
Werte leiten Identität, Bewertungen und das Handeln von der gesellschaftlichen,
über die Gruppen- bis zur Personenebene. Der Wertebegriff ist derzeit in
der öffentlichen Debatte mit Attributen wie "Verfall der Werte",
Wertewandel
oder Wertepluralismus verbunden. Im Zusammenhang mit der
Leitkulturdebatte
streiten sich politische Vertreter über die Frage, ob ausländische
Mitbürger einen deutschen/europäischen Wertekonsens mit vertreten
müssen oder ob es genügt, sich unter die Verfassung des Landes zu
stellen.
Werthaltungen
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Werteorientierungen
Werte
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Wertewandel
Der Begriff des Wertewandels beschreibt den Prozess der Veränderung der
Wertvorstellungen im Laufe der Zeit. Wertewandel ist kein neues Phänomen.
Er hat im Laufe der historischen Entwicklung zu allen Zeiten stattgefunden.
Bei der wissenschaftlichen Untersuchung des Wertewandels werden unterschiedliche
Positionen vertreten: Nach Ronald Inglehart findet heute eine begrüßenswerte
Gewichtsverlagerung von materiellen (Streben nach materiellem Wohlstand, Sicherheit,
hohes Einkommen, Karriere) zu immateriellen Werten statt (Selbstverwirklichung,
Selbstentfaltung). Andere Autoren konstatieren im Westen einen kontinuierlichen
Werteverfall. Als Symptome werden Bedeutungsverluste von Kirche und Religion,
Autoritätsverluste, Erosion der Sekundärtugenden, abnehmender Gemeinsinn
und sinkendes politisches Engagement genannt (vgl.
Hepp
2001;
Internetquelle).
Als Gegenbewegung auf Globalisierungsprozesse ist lokal oft eine Rückbesinnung
zu beobachten: Gerade weil weltweit die Kulturangebote immer ähnlicher
zu sein scheinen, erleben kulturelle Werte eine Renaissance. Lokale Bezüge
und nationale Traditionen werden aufgewertet und dienen der Identitätswahrung.
(
Glokalisierung)
Das In-Frage-Stellen der eigenen Werte ist ein zentrales Element von
interkulturellem
Dialog. Der Erfolg des Dialogs hängt von der Bereitschaft zu Veränderungen
auf beiden Seiten ab. Die gegenwärtige Entwicklungszusammenarbeit zielt
allerdings eindeutig auf die Förderung und Sicherung gemeinsamer Werte
und Überzeugungen einer internationalen Zivilgesellschaft. (
Good
Governance;
Menschenrechte)
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Werthaltungen
Werthaltungen beschreiben relativ stabile Präferenzen in den
Werten.
Es gibt nach Rokeach (
1973)
grundlegende "Zielwerte", von denen sich eine Person nur wenige als
"Lebensziele" auswählt und daneben instrumentelle Werte oder
"Sekundärtugenden" (wie Ehrlichkeit, Pünktlichkeit etc.),
die zum Erreichen der Zielwerte beitragen sollen. Werthaltungen sind gegenüber
"Einstellungen" abstrakter, stabiler und situationsübergreifend.
Zu Einstellungen gehört immer ein "Einstellungsobjekt"; d. h.
Personen haben positive oder negative Einstellungen jeweils zu einer konkreten
politischen Idee, einem Produkt, einer sozialen Gruppe oder zu sich selbst.
Werte beeinflussen Einstellungen und Einstellungen beeinflussen Verhalten. (vgl.
Graumann/Willing
1986)
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Wir-Gruppe
Sozialtypus, der seine Identität aus der (subjektiven) Zuschreibung von
Eigen- und Fremdbildern schöpft, also erst in Abgrenzung zu Mitmenschen,
den "Anderen", zu gemeinschaftlichem bzw. solidarischem Wesen findet.
Wir-Gruppen- Formulierungen bezeichnen weniger eine soziale Realität, sondern
fordern vielmehr vom Einzelnen ein Verhalten, das seiner Zugehörigkeit
zur Wir-Gruppe würdig sei (
Elwert
1999c: 414).
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Wirtschaft
Gängige Wirtschaftstheorien lassen sich bezüglich Kultur grob vereinfachend
in zwei Grundströmungen einteilen: die klassischen oder neoklassischen
"kulturfreien" Theorien, die allen Menschen kulturunabhängig
als Grundeinstellung eine ökonomische Rationalität unterstellen wie
die formalistischen, aber auch die marxistischen Ansätze; andererseits
die innerhalb der Wirtschaftswissenschaft in der Minderheit befindliche substantivistische
Richtung, die kulturelle Aspekte mit in ihre Modelle einbezieht.
- Für die Formalisten ist die kleinste wirtschaftliche Handlungseinheit
der homo oeconomicus. Losgelöst von kulturellen und sozialen
Bindungen nimmt er Wahlakte im Sinne ökonomischer Rationalität
vor und strebt vor dem Hintergrund unbegrenzter Ziele und knapper Mittel
nach der Maximierung des eigenen Vorteils. Mit einem Minimum an Aufwand
versucht er ein Maximum an Nutzen zu erreichen. Da dies nach Auffassung
der Formalisten eine menschliche Grundeinstellung darstellt, sind strukturelle
Unterschiede zwischen vorkapitalistischen und marktwirtschaftlichen Wirtschaftsformen
eher marginal, Kultur eine Folge von Wirtschaft. Sie spielt in den Wirtschaftsmodellen
höchstens als Randbedingung eine Rolle. (Kultur
als Restkategorie)
- Auf der anderen Seite stehen Substantivisten und Vertreter der institutionellen
Wohlfahrtsökonomie wie der Nobelpreisträger Amartya Sen. Sie sehen
das Individuum als moralisch und kulturell gebundenen Sinnsucher, dessen
ökonomische Handlungen in ein Netz von Bedeutungen und Regeln eingebettet
sind, welche nicht ausschließlich ökonomischer Gewinnmaximierung
folgen. Sie untersuchen Produktion, Zirkulation und Distribution materieller
Güter im jeweiligen sozialen und kulturellen Kontext. Ökonomie
ist ein institutionalisierter Prozess. Wirtschaftliches Handeln folgt kulturspezifischen
Wertökonomien.
Der Streit zwischen den Formalisten und den Substantivisten geht schon auf Mitte
des 20. Jahrhunderts zurück, als der Ökonom Polanyi die Frage aufwarf,
ob die klassische ökonomische Theorie auf nichtwestliche Gesellschaften
übertragbar ist. Polanyi kam in seinem Werk "The great transformation"
1944 zu dem Schluss, dass nur im Kapitalismus die formalen Prinzipien über
Markt und Geldfluss unauflöslich an das ökonomische System gekoppelt
sind. In traditionalen Gesellschaften sind sie in andere soziale Institutionen
eingebunden. Sie funktionieren deshalb nicht nach Marktprinzipien, sondern folgen
Regeln der Reziprozität (Gegenseitigkeit) und Redistribution (Umverteilung).
Auch wenn in etlichen Definitionen dieses Glossars entsprechend der gegenwärtigen
konzeptionellen Debatte bezüglich Kultur tendenziell eine substantivistische
Grundtendenz erkennbar ist, müssen Vertreter einer modernen InstitutionenÖkonomie
z. B. folgende Fragen beantworten:
- Menschen maximieren nicht nur mittels Geld oder Markt. Auch weniger materiell
tauschbare Güter wie "Liebe" oder "Sicherheit",
ja selbst "Fitness", also die Investition in die Chancen der nächsten
Generation ("nachhaltiges Denken") können im Prinzip maximiert
werden.
- Alle Gesellschaften haben rationales Verhalten sowie Ziele und Mittel,
die sie dafür einsetzen. Sonst hätten sie die Herausforderungen
dramatischer Umweltveränderungen (Umweltkatastrophen, Kriege etc.)
nicht überlebt. Auch wäre eine Kommunikation oder gar Handel zwischen
Markt und Nichtmarktgesellschaften ohne eine gemeinsame "ökonomische
Sprache" (und das dazu gehörige Denken) nicht vorstellbar.
- Das Individuum ist nicht ausschließlich Funktionsträger eines
nach unsichtbaren Gesetzen funktionierenden kulturellen oder ökologischen
Regelsystems. Es ist Akteur mit freien Willensakten, auch wenn seine Durchsetzungschancen
durch das System und seine Position darin eingeschränkt sind.
- Der Austausch über einen gemeinsamen Markt depersonalisiert Beziehungen
und lockert Gruppenidentitäten. Prinzipiell erhöht dies die Wahlfreiheit
des Individuums.
- Selbst wenn für vormarktliche Tauschgesellschaften andere Regeln
gelten sollten, wäre die Diskussion heute überflüssig, da
alle heutigen Gesellschaften, zentral oder peripher, in die globale Geldökonomie
eingebunden sind.
Jüngere Studien, wie die Arbeit von Erika Dettmar (
2000)
zu deutsch-nigerianischen Wirtschaftskooperationen zeigen, dass wir mit beidem
rechnen müssen: dem "rational man" auf der einen und seinem Eingebundensein
in historischkulturelle Deutungssysteme auf der anderen Seite; mit dem vorhandenen
strukturellen Korsett und den Institutionen, die die Strukturen lokalisieren
und handelbar machen. Dettmar zeigt in ihrer Studie insbesondere, dass der Austausch
über einen gemeinsamen Markt vorhandene Gruppenidentitäten nicht zum
Verschwinden bringt, sondern im Gegenteil Prozesse der symbolischen Abgrenzung
bewirkt, und dass nicht die rein ökonomische Ausbeutung das größte
Entwicklungshindernis für Afrika darstellt, sondern der Verlust der kulturellen
Identität, das Auseinanderfallen und der Widerstreit der das gesellschaftliche
und wirtschaftliche Leben regulierenden Institutionen.
Dettmar schlägt am Ende ihrer Untersuchung drei Stufen der Verwirklichung
eines integrierenden soziokulturellen Rahmens vor (
2000:
430 ff.):
1. Stufe: "Integrative Persönlichkeiten" auf beiden Seiten, die
aus vor allem zweckrationalen Erwägungen langfristige soziale Bindungen,
kulturelle Anpassungen und Reziprozitätsbeziehungen in so genannten personalisierten
Handelspartnerschaften eingehen.
2. Stufe: Darauf aufbauend vermittelte Unternehmenskulturen. Sie entstehen dann,
wenn Erfahrungen in der interkulturellen Vermittlung sich in Verfahren der Personalauswahl
und Personalentwicklung niederschlagen (interkulturelle Kompetenzentwicklung)
oder wenn firmenübergreifende Kommunikationsund Informationskanäle
eingerichtet werden, die soziale Integration, Vertrauen und Loyalität fördern.
3. Stufe: Die Schaffung institutioneller Rahmenbedingungen für symmetrische
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Staaten und Staatengemeinschaften, z. B. über
Abkommen zwischen der EU und den AKPStaaten.
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Wirtschaftskultur
Die moderne Wirtschaftswissenschaft kommt auf den ersten Blick ohne Kultur aus.
Kultur spielt außer im
Organisationskulturansatz
kaum eine Rolle. Die Erfahrungen mit den Transformationsländern in den
letzten Jahren haben allerdings gezeigt, dass die Einführung privatwirtschaftlicher
Institutionen, Marktliberalisierung und monetäre Stabilisierung nicht ausreichen.
Es geht nach Prisching (
1996)
inzwischen auch wieder um Kultur als Vorbedingung des Wirtschaftens.
Von einer Verbindung zwischen Kultur und Wirtschaft kann nach Triebel (
2004:
77) zwar mit Sicherheit ausgegangen werden; die Art ihrer Korrelation jedoch
und die Richtung der Abhängigkeit sind alles andere als geklärt. Im
Alltagssprachgebrauch wird eine Verbindung von Kultur und Wirtschaft klischeehaft
ständig hergestellt. So gilt aus einer westlichen Perspektive "der
liberale Konkurrenzkapitalismus womöglich gepaart mit protestantischer
Arbeitsethik als Ideal und Modernisierungsnorm für erfolgreiches
Wirtschaften schlechthin" (
Triebel
2004: 77).
Wirtschaftsstil
In Anlehnung an den Begriff der
Politischen
Kultur definiert Prisching Wirtschaftskultur als "... Glaubenshaltungen,
Symbole und Werte, welche die Art und Weise bestimmen, in der die Menschen innerhalb
des Rahmens wirtschaftlicher Institutionen handeln; sie inkludiert wirtschaftliches
Wissen: also Art und Umfang wirtschaftlicher Kenntnisse der Individuen; Legitimität:
also die emotionale Bindung an das Wirtschaftssystem und die Bewertung der Vorgänge
und Resultate dieses Systems; die Art und Intensität des wirtschaftlichen
Handelns selbst. (...) Wirtschaftskultur verweist somit auf den soziokulturellen
Kontext, in dem wirtschaftliche Tätigkeiten und Einrichtungen existieren.
Man erkundet hierbei den sozialen, politischen und kulturellen Nährboden
für wirtschaftliche Aktivitäten, die Verhältnisse, unter denen
sich wirtschaftliche Prozesse vollziehen. Der Begriff setzt keine feste Relation
zwischen Gesellschaft oder Kultur einerseits und der Wirtschaft andererseits
voraus, insbesondere kein einseitiges Determinationsverhältnis. Er lenkt
vielmehr die Aufmerksamkeit auf die zu erforschenden Zusammenhänge."
(
Prisching
1996)
Vertreter einer institutionellen Wohlfahrtsökonomie wie der Nobelpreisträger
Amartya Sen wenden sich gegen die simplifizierenden "culture matters"-Aussagen
vieler Interkultureller Experten (
Interkulturalisten).
Sen zeigt in seinen Studien, dass sich Gesellschaften mit ganz unterschiedlichem
kulturellem Hintergrund erfolgreich an die neuen Erfordernisse des Globalisierungsprozesses
angepasst haben. Kultur spielt auch für Sen eine wichtige Rolle. Da er
aber Kultur als dynamisches Produkt des Handelns unterschiedlicher Akteure und
ihrer Umfeldbedingungen sieht, kann sich dasselbe kulturelle Setting je nach
Konstellation positiv oder negativ auf Entwicklung auswirken. Das gilt für
Investitionen im Bereich der Bildung prinzipiell ebenso wie für die Rolle
von Kulturgütern. (vgl.
Sen
2004; vgl. auch
Wagner
2000).
Wirtschaftsstil;
Kultur
als Fluxus
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Wirtschaftsstil
Wirtschaftsstil ist wie
Wirtschaftskultur
ein im Rahmen der Modernisierungsdebatte im 19. Jahrhundert in den Sozialwissenschaften
entstandener Begriff, der heute eine Renaissance erlebt. Die Idee ist, dass
der Stil des Wirtschaftens eng mit dem Erfolg in einer bestimmten Umwelt zusammenhängt.
Der deutsche Soziologe Max Weber (18641920) versuchte um die Jahrhundertwende
nachzuweisen, dass besonders der calvinistische Protestantismus in seiner Selbstdisziplinierung
eine neue ökonomische Ethik geschaffen habe, die die Voraussetzung für
den abendländischen rationalen Kapitalismus darstellte. Weber erkannte
eine Art "Wahlverwandtschaft" zwischen einer nicht auf Konsum bzw.
Anhäufung von Kapital ausgerichteten Glaubenshaltung und der kapitalistischen
Berufsethik. Webers Idee, wie auch die in den 1980er Jahren propagierte Idee
von der konfuzianischen Arbeitsethik der zu dieser Zeit am Weltmarkt
erfolgreich operierenden Japaner sind bis in die heutige Zeit in vielen Alltagstheorien
stilbildend, obwohl beide inzwischen wissenschaftlich fragwürdig geworden
sind (vgl.
Prisching
1996
für Weber; und
Conrad
2004 für den Konfuzianismus). Auch der in der netzwerkartigen Familienbindung
gesuchte Erfolg vieler Auslandschinesen (gewissermaßen das Substitut für
die protestantische Ethik) lässt sich nach Prischins nicht verallgemeinern:
der ebenfalls ausgeprägte mexikanische Familiensinn führt nicht annähernd
zu gleichen Wirtschaftserfolgen.
Polanyi (
1944)
hat die "Einbettung" des Wirtschaftslebens in kulturelle und soziale
Beziehungen beschrieben. Allerdings bezog er sich dabei auf vorindustrielle,
traditionelle Gesellschaften, in denen eine solche Einbettung noch gegeben gewesen
sei. Mark Granovetter hat diesen Gedanken der "embeddedness" aufgegriffen
und für die jüngste Wirtschaftssoziologie populär gemacht. Er
betonte: "... dass Märkte grundsätzlich nur auf einer starken
sozialkulturellen Grundlage funktionieren. Die Leute suchen sich ihre Arbeitsplätze
über soziale Kontakte; Firmen brauchen und nützen ein Netz von sozialen
Beziehungen und Kommunikationskanälen; Märkte sind keine anonymen
Austauschstätten, sondern soziale Orte (...) In allen diesen
Fällen geht es nicht, entsprechend dem reinen Marktmodell, nur um Preis
und Mengeninformationen, sondern um Informationen, die von Freunden, Kollegen,
Verwandten, Kontaktpersonen und Massenmedien bezogen werden, um Unternehmen
und Geschäftspartner, die man kennt und deren Ratschläge, Güter
oder Dienstleistungen man akzeptiert" (
Prisching
1996).
In diesen Argumenten ist schon die Nähe zum
Sozialkapitalansatz
zu erkennen, der in den 1990er Jahren in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit
allerdings nicht unwidersprochen für Furore sorgte.
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Wissen, indigenes
Die Wissenssysteme, die um die spezifischen Konditionen von in einer Region
ursprünglich beheimateten Frauen und Männern herum aufgebaut wurden.
Indigenes Wissen ist lokal und meist mündlich weitergegeben. Es ist eher
empirischer als theoretischer Natur, funktional und in die Kultur eingebettet
(zur Rolle von indigenem Wissen in der EZ z. B.
Antweiler
2003a;
Internetquelle).
Mit Ellen (
1998)
können wir indigenes Wissen als Wissen beschreiben, "... that is local,
orally transmitted, a consequence of practical engagement, reinforced by experience,
empirical rather than theoretical, repetitive, fluid and negotiable, shared
but asymmetrically distributed, largely functional, and embedded in a more encompassing
cultural matrix" (
Ellen
1998: 238;
Ellen/Harris
1997).
In Bezug auf Umsiedlungen ist
kulturelle
Identität manchmal an spezifische symbolische Plätze in der
alten Region gebunden, d. h. Betroffene sind unter Umständen nicht bereit,
sich an eine vergleichbare physische Umgebung anzupassen (vgl.
Sillitoe
1998 für indigenes Wissen in Situationen rapiden Wandels).
Lokales
Wissen.
Jürgen Wolters, Geschäftsführender Vorstand und Referent für
Indigenenfragen der Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Artenschutz in Bielefeld,
ergänzt zur ökonomischen Bedeutung indigenen Wissens: "Die aktuelle
politische Diskussion von Indigenenfragen beschränkt sich (...) längst
nicht mehr auf originäre Menschenrechtsanliegen, sondern schließt
zunehmend auch komplizierte ökonomische Fragen ein. Dass es sich hierbei
nicht um Marginalien handelt, verdeutlicht die Tatsache, dass derzeit weltweit
allein im Pharmabereich über 40 Milliarden Dollar mit den Ursprungskenntnissen
indigener Völker verdient werden. Zwei Drittel der Welternährung hängt
nach wissenschaftlichen Schätzungen von indigenem Wissen über die
Nutzung genetischer Ressourcen ab. Die Internationale Ethnobotanische Gesellschaft
schätzt gar, daß sich mehr als 99 Prozent des gesamten Wissens der
Menschheit über die Nutzung biologischer Ressourcen im Besitz indigener
Völker befinden" (
Wolters
1997).
Rechte,
intellektuelle;
traditionelles
Wissen;
indigene
Völker
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Wissen, traditionelles
Traditionelles Wissen entspricht in etwa
"indigenem
Wissen". Der Begriff wird in letzter Zeit vor allem im Rahmen der
Biodiversitätskonvention und der Debatte um
intellektuelle
Rechte, bzw. traditionelle Ressourcenrechte benutzt.
Hansen/van Fleet haben in einem einschlägigen Handbuch traditionelles Wissen
wie folgt definiert: "Traditional knowledge (TK) is the information that
people in a given community, based on experience and adaptation to a local culture
and environment, have developed over time, and continue to develop. This knowledge
is used to sustain the community and its culture and to maintain the genetic
resources necessary for the continued survival of the community. Traditional
knowledge includes mental inventories of local biological resources, animal
breeds, and local plant, crop and tree species. It may include such information
as trees and plants that grow well together, and indicator plants, such as plants
that show the soil salinity or that are known to flower at the beginning of
the rains. It includes practices and technologies, such as seed treatment and
storage methods and tools used for planting and harvesting (...).
TK also encompasses belief systems that play a fundamental role in a peoples
livelihood, maintaining their health, and protecting and replenishing the environ-
ment. TK is dynamic in nature and may include experimentation in the integration
of new plant or tree species into existing farming systems or a traditional
healers tests of new plant medicines. The term traditional
used in describing this knowledge does not imply that this knowledge is old
or untechnical in nature, but tradition based. It is traditional
because it is created in a manner that reflects the traditions of the communities,
therefore not relating to the nature of the knowledge itself, but to the way
in which that knowledge is treated, preserved and disseminated. Traditional
knowledge is collective in nature and is often considered the property of the
entire community, and not belonging to any single individual within the community.
It is transmitted through specific cultural and traditional information exchange
mechanisms, for example, maintained and transmitted orally through elders or
specialists (breeders, healers, etc.), and often to only a select few people
within a community" (
Hansen/van
Fleet 2003;
Internetquelle).
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Writing Culture-Debatte
In den späten 1970er Jahren begann innerhalb der Ethnologie eine Debatte,
die 1986 in dem Sammelband "Writing Culture" kulminierte. Problematisiert
wurde der Anspruch in Ethnographien, wie in den Naturwissenschaften objektives
Wissen zu produzieren, ebenso die Methode, dieses Wissen zu erheben und vor
allem die autoritative Darstellungsform im Rahmen einer Monographie.
Writing Culture bezieht sich dabei auf die Betrachtung von Ethnografien als
literarische Gattung, die mit Hilfe stilistischer Hilfsmittel Bilder produziert,
die uns das Gefühl, die dortige Realität zu kennen, objektiv vermitteln
sollen. Die Reduktion einer Kultur auf die vom Autor geschaffenen Bilder ist
nach Clifford&Marcus (
1986)
jedoch eine subjektive Repräsentation, nie ein objektives Abbild einer
Kultur.
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