Demokratie, kulturelle

Der Begriff der kulturellen Demokratie ergänzt den der sozialen Demokratie, der vor allem den freien Zugang zu Erziehung und Bildung betont. In diesem Sinne betont Kulturelle Demokratie ganz allgemein den demokratischen Zugang zu allen kulturellen Erscheinungsformen in einer Gesellschaft. Die Forderung nach kultureller Demokratisierung ist eng mit der Soziokulturdebatte der politischen Linken in Europa in den 1960er und 70er Jahren verbunden. Deren Leitmotiv "Kultur für alle" richtete sich dagegen, dass nur noch eine privilegierte Bevölkerungsschicht von den öffentlich finanzierten Kunstangeboten profitierte, sei dies nun aus finanziellen Gründen, oder weil die notwendigen "ästhetischen Codes" zwar innerhalb der gehobenen Bürgerschicht, nicht aber in den allgemeinbildenden Schulen und Bildungsinstitutionen vermittelt wurden. In diesem gesellschaftskritischen Sinne arbeitete auch Pierre Bourdieu in seiner Analyse des kulturellen Konsums eine "Ästhetik der feinen Unterschiede" heraus (Bourdieu 1983 und 1993).
Das mit dem Menschenrecht auf kulturelle Teilhabe verbundene Programm der kulturellen Demokratie ließe sich mit Max Fuchs, Vorsitzender des deutschen Kulturrats heute etwa folgendermaßen bestimmen: "Man sollte sich frei zu jeder kulturellen oder künstlerischen Ausdrucksform bekennen dürfen - dies aber auf der Grundlage einer ästhetischen Entscheidungskompetenz tun können. Und diese muss erworben werden: im Elternhaus, in der Schule, in außerschulischen Angeboten, in Kultureinrichtungen." (Fuchs 2005).
Auch der Europarat stellt sein 1954 unterzeichnetes Kulturabkommen unter das Primat der "kulturellen Demokratie" und beschreibt damit die demokratische und basisnahe Form der Aushandlung und Umsetzung des überaus erfolgreichen Abkommens, das in den letzten 50 Jahren jenseits der Bereiche Denkmalschutz, Bildung und Kultur, Jugend und Sport auch eine Reihe praktischer Empfehlungen zum Schutz nationaler Minderheiten, oder auch einer Charta der Regional- oder Minderheitensprachen für seine inzwischen 48 Mitgliedstaaten verabschiedet hat (vgl. Battaini-Dragoni 2005).
Kulturabkommen

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Demokratie, multikulturelle

Multikulturelle Demokratien bieten nach UNDP-Verständnis wirksame Mechanismen für die Teilung der Macht zwischen kulturell divergieren Gruppierungen in Nationalstaaten. "Solche Regelungen zur Beteiligung spielen eine entscheidende Rolle für die Sicherstellung der Rechte kulturell unterschiedlicher Gruppierungen und Minderheiten und für die Verhinderung von Machtmissbrauch, ob nun aufgrund von Übervorteilung durch die Mehrheit oder aufgrund der Dominanz der herrschenden politischen Elite." (UNDP 2004: 10). In Neuseeland hat sich z.B. durch die Ersetzung des Mehrheits- durch ein Verhältniswahlrecht bei den Wahlen von 2002 der Anteil der gewählten Vertreter der Maori gegenüber 1993 von drei auf 16 Prozent erhöht und entspricht nun ihrem Anteil an der Bevölkerung. Auch in Indien führten reservierte Parlamentssitze und Quoten für in der Verfassung aufgeführten Stämmen und Kasten (scheduled tribes and castes) zu deren besseren politischen Repräsentation.
Sogenannte "asymmetrische föderale Regelungen", denen zufolge die Untereinheiten des föderal organisierten Staates mit unterschiedlichen Befugnissen ("Sonderstatus in Bezug auf kulturelle Autonomie oder Selbstverwaltung") ausgestattet sind, gelten als besonders erfolgreiche politische Lösungen für die Einhegung ethnopolitischer Konfikte (z.B. Sabah und Sarawak in Malaysia, Basken und 14 weitere communidades autonomas in Spanien, die Inuit in Kanada). Werden sie rechtzeitig eingeführt, können sie nach UNDP-Einschätzung gewaltsame Auseinandersetzungen verhindern (UNDP 2004: 10).
Multikulturelle Demokratie ist auch ein Leitbegriff Grüner Integrationspolitik in Deutschland und bezeichnet hier die aktive Integration von MigrantInnen und Flüchtlingen in das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. z.B.: Die Grünen 2002).

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Dependenz

Die Dependenztheorie (von span. dependencia - Abhängigkeit) ist eine Mitte der 1960er Jahre in Lateinamerika entstandene Entwicklungstheorie, die die Existenz hierarchischer Abhängigkeiten (Dependenzen) zwischen Industrie- (Metropolen) und Entwicklungsländern (Peripherien) betont. Sie ist mit den Namen des radikalen Dependenztheoretikers André Gunder Frank (Zentrums-Peripherie bzw. Metropole-Satellit-Modell; vgl. Hein 2002) und des argentinischen Entwicklungsökonomen Raúl Prebisch verbunden.
Es gibt zahlreiche Varianten und unterschiedliche Positionen. Im Wesentlichen wurde die Ursache für Unterentwicklung nicht in den Entwicklungsländern selber, sondern in ihrer außenwirtschaftlichen Abhängigkeit von den Industrieländern gesehen, als Folge des Kolonialismus und einer anschließenden Eingliederung in den von Industrieländern beherrschten Weltmarkt. Die Hauptaussagen sind: Die Dependenztheorie setzt als Lösung der Probleme auf einen vom Weltmarkt abgekoppelten und nichtkapitalistischen Entwicklungsweg. Wichtigster Vertreter im deutschsprachigen Raum war Dieter Senghaas. Dependenz-Ansätze wenden sich teils bewusst gegen ›kulturalisierende‹ Tendenzen, um aufzuzeigen, dass Unterentwicklung nicht durch die Kultur einer Gesellschaft, sondern durch Ausbeutung verursacht wird.
Der Dependenztheorie wird von Kritikern vorgeworfen, Unterschiede zwischen den Entwicklungsländern untereinander und den subjektiven Faktor, das Denken, Streben und Handeln von Menschen als den Subjekten von Geschichte und Entwicklung, nicht oder zu wenig zu berücksichtigen. Eine historisierende Weiterentwicklung der Dependenztheorie ist die
Weltsystemtheorie (World System Theory) von Immanuel Wallerstein. Entwicklung

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Determinismus, kultureller

Theorien zu einem deterministischen Zusammenhang zwischen Kulturellen Faktoren (in einer Kultur vorherrschende Normen, Wertvorstellungen, Verhaltensweisen) und Wirtschaftsleistung sind immer wieder aufgestellt worden. Am bekanntesten ist wohl die These Max Webers vom Zusammenhang zwischen einer protestantischen Ethik und erfolgreichem Wirtschaftswachstum in Nationalstaaten des ausgehenden 19.Jahrhunderts. Webers Idee, wie auch die in den 1980er Jahren propagierte Idee von der ›konfuzianischen Arbeitsethik‹ der zu dieser Zeit am Weltmarkt erfolgreich operierenden Japaner sind bis in die heutige Zeit in vielen Alltagstheorien stilbildend, obwohl beide inzwischen wissenschaftlich fragwürdig geworden sind (vgl. Prisching 1996) für Weber; und Conrad 2004 für den Konfuzianismus). Auch der in der Familienbindung gesuchte Erfolg vieler Auslandschinesen (ein Substitut für die protestantische Ethik) lässt sich nicht verallgemeinern: der ebenfalls ausgeprägte mexikanische Familiensinn führt nicht annähernd zu gleichen Wirtschaftserfolgen. (Wirtschaftsstil).
Die vorherrschende Wirtschaftspolitik eines Staates, geographische Gegebenheiten und die Krankheitsrate sind wesentlich relevantere Faktoren für Wirtschaftswachstum als die vorherrschende Kultur oder Religion (vgl. UNDP 2004: 7). So begründet Samuel Huntington seine Thesen zum "Kampf der Kulturen" am Beispiel von Ghana und Südkorea, deren Wirtschaftsdaten in den 1960ern noch gleich, aber sich angeblich aufgrund der unterschiedlichen Wertvorstellungen (wie Sparsamkeit, Investitionen, harte Arbeit, Disziplin bei Südkoreanern) auseinander entwickelten. Er berücksichtigt aber nicht die damals schon vorhandene unterschiedliche Klassenstruktur, die enge Verknüpfung der koreanischen Wirtschaft mit der Japans und der amerikanischen und vor allem die viel höhere Alphabetisierungsrate und das breiter angelegte Schulsystem im Südkorea der 1960er Jahre gegenüber Ghana (vgl. UNDP 2004: 27).

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Deutungsmuster, kulturelle

Nach Wille sind in kulturellen Deutungsmustern kollektive Erfahrungen sedimentiert, "die für die soziale Handlungsorientierung innerhalb einer Sprach- und Kommunikationsgemeinschaft von zentraler Bedeutung und öffentlich sind. Sie können nicht wie Kulturstandards empirisch erfasst werden (...).
Das Konzept der kulturellen Deutungsmuster lässt sich mit Hilfe des kulturellen Gedächtnisses präzisieren: Die überindividuelle Gemeinsamkeit der im kulturellen Gedächtnis gespeicherten Wissensbestände besteht nicht darin, dass alle Individuen eines Kollektivs über diese Wissensinhalte verfügen, sondern dass die Inhalte des kollektiven Gedächtnisses in Form von rituellen Inszenierungen oder in Form verschiedener Speichermedien (Texte) öffentlich zirkulieren, erinnert und verfügbar gehalten werden" (Wille 2003; Internetquelle; vgl. auch Altmayer 2002).

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DEZA

Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) arbeitet mit einem breiten Kulturbegriff, der nach eigener Aussage vom avantgardistischen Tanzfestival über traditionelles Wissen bis zur Kulturanthropologie reicht. Die DEZA-Kulturarbeit zielt danach auf eine Stärkung der eigenständigen Kulturen ab, ohne deren Abschottung gegenüber neuen Entwicklungen zu fördern. Dabei kommt den kulturellen Minderheiten ebenso ein besonderes Gewicht zu wie der Rolle der Frauen als oft wichtigste Kulturträgerinnen. Kultur ist im Verständnis der DEZA ein System von Verfahrensweisen, Normen, Regeln und Werten, das als expressivsymbolischer Aspekt des sozialen Verhaltens die ganze Gesellschaft umfasst. Kultur ist nie statisch und kaum ›rein‹.
Kultur wird nicht nur als ein Wert an sich, sondern auch als ein Mittel für Entwicklung betrachtet, das gleichrangig zu anderen steht. Kulturverständnis und Kulturentwicklung in Entwicklungs- und Transformationsprozessen in den Einsatzländern sollen verstärkt werden. Wo es möglich und sinnvoll ist, fördert die DEZA auch die Teilnahme und Teilhabe der ärmeren Schichten am kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Prozess. Der Kultur kommt - als Motor oder als Hemmnis und im Norden wie im Süden - eine Schlüsselrolle zu und sie hat eine ebenso große Bedeutung wie etwa eine gute Regierungsführung, die Gleichstellung der Geschlechter oder die Schulbildung. Damit betont die DEZA die Bedeutung der kulturellen Unterschiede im Entwicklungsprozess. Sie weist auch auf "grundlegend verschiedene kulturelle Rahmenbedingungen für Entwicklung" im Norden und im Süden hin, die es zu erkennen und in den Aufbau von Entwicklungsprojekten zu integrieren gelte (vgl. DEZA 2003b: 8).
Mindestens ein Prozent des Gesamtbudgets wird für die Förderung lokaler Kultur eingesetzt. Als Leitlinie für dieses "Kulturprozent" dienen die "Grundsätze der DEZA-Kulturarbeit" vom 4. November 2002. Die DEZA versteht sich in erster Linie als ein Investor in die ›Software‹ und nur ausnahmsweise in ›Hardware‹, d. h. eher in den Aufbau von Wissen, Institutionen und Netzwerken als von Infrastruktur. (Für einen kurzen Überblick zur "Kulturarbeit" der DEZA, vgl. Schärer 2004).
2003 hat die DEZA eine Broschüre herausgebracht, die ganz dem Umgang mit Kultur gewidmet ist (DEZA 2003b). Prinzipiell an einem breiten Kulturbegriff als Rahmenbedingung für EZ orientiert (Kulturbegriff, weit), beziehen sich die meisten Beispiele praktizierter ›Kulturarbeit‹ auf den klassischen Kultursektor. Im gleichen Jahr erschien in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Tropeninstitut eine Publikation zum Zusammenhang zwischen Aids und Kultur, in der Kultur als Ressource und nicht mehr als Hindernis für Gesundheitsaufklärung verstanden wird (DEZA/Schweizer Tropeninstitut 2003; Internetquelle).

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Dialog auf Augenhöhe

Mit diesem vor allem seit dem 11. September 2001 inflationär gebrauchten Begriff ist eine besondere Form des Anspruchs an den kulturellen Dialog zwischen sich als gleichwertige Partner gegenübertretenden Parteien unterschiedlicher Kultur- bzw. Religionszugehörigkeit gemeint. Die deutsche Bundesregierung spricht in diesem Zusammenhang von ›Entwicklungspartnerschaft‹.
Entwicklungszusammenarbeit vollzieht sich im Spannungsfeld zwischen differenten Kulturentwürfen, in denen Kohärenz zwischen unterschiedlichen Vorstellungen zu Weg und Ziel von Entwicklung zwischen den Partnern in einem dialogischen Prozess erst hergestellt werden muss. Sie bewegt sich gleichzeitig auf einem Feld umkämpfter Kulturentwürfe innerhalb von Gesellschaften, in die sie sich als Gesprächspartner auf Augenhöhe mit eigenen Wertestandards respektvoll einbringen kann. Im günstigsten Fall kann daraus ein Kulturdialog entstehen, der auch zu einer produktiven Verunsicherung der eigenen, selbstverständlichen Kulturentwürfe führt und damit die Voraussetzungen für eine kulturelle Bereicherung auf beiden Seiten schafft. In Frage gestellt wird dieser produktive Dialog auf Augenhöhe durch den strukturell im Entwicklungskontext vorhandenen Bias zwischen ›Geber-‹ und ›Nehmerkultur‹, in der im Zweifelsfall die erstere den Diskurs und die Regeln für das Aushandeln festlegt (wer zahlt, bestimmt).
Während der ›Dialog auf Augenhöhe‹ sich in der Projektpraxis meist im alltäglichen Aushandeln von Interessen und Positionen beweisen muss, spielt er auf Tagungen, Kongressen, in politischen Reden, Publikationen, Strategiepapieren, im kulturpolitischen Bereich und dem interreligiösen Dialog in den letzten Jahren eine außerordentlich prominente Rolle. Interkultureller Dialog

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Dialog, interkultureller

Interkultureller Dialog findet zwischen unterschiedlichen kulturellen Gemeinschaften statt. Die Reflexion der Dialogpartnerinnen und -partner über ihren eigenen (kulturellen) Hintergrund, ihre Wahrnehmung der kulturellen Abgrenzung und das In-Frage-Stellen der eigenen Werte ist ein zentrales Element von interkulturellem Dialog. Der Erfolg des Dialogs hängt von der Bereitschaft zu Veränderungen auf beiden Seiten ab (vgl. Holtz 2006; Karkoschka/Woelte 2003).
In der Entwicklungspolitik umfasst der Kulturdialog die Interaktion zwischen Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher Kulturen bei der Vorbereitung, Durchführung und Evaluierung von EZ-Maßnahmen, bei den formalisierten Verfahren zwischen Partnern und Gebern und dem politischen Dialog zwischen Regierungen, die Anwendung des Partizipationskonzeptes in der deutschen EZ, die Austauschprogramme im Wissenschafts-, Bildungs- und Kulturbereich sowie Nachkontaktmaßnahmen etwa der Humboldt-Stiftung, des Goethe-Instituts oder des DAAD. Der Kulturdialog umfasst außerdem die Inlandsarbeit in Deutschland und Fragen der interkulturellen Kompetenz der Dialogpartner, der Personalauswahl, -vorbereitung und Fortbildung, den deutschen Beitrag in der multilateralen EZ und besonders Vorhaben, die direkt die Förderung des interkulturellen Dialogs zum Ziel haben.
Das Spezifische der interkulturellen Kommunikation bei der EZ liegt darin, dass diese etwa im Unterschied zur global agierenden Privatwirtschaft an den Leitideen der Armutsbekämpfung, Partizipation und Partnerschaft orientiert ist. Das BMZ verfolgt zwei Hauptzielsetzungen mit dem interkulturellen Dialog:

1. Er soll zu einem friedlichen Miteinander und zu mehr Verständnis und Verständigung zwischen verschiedenen Kulturen beitragen.
2. das Verständnis der kulturellen Faktoren für Entwicklung stärken.

Als thematischer Schwerpunkt tritt der interkulturelle Dialog in der Entwicklungspolitik bislang allerdings nicht auf (vgl. Holtz 2006).
Konkrete Überschneidungen mit dem Feld der auswärtigen Kulturpolitik ergeben sich vor allem über das Sonderprogramm ›Europäisch-islamischer Kulturdialog‹, für das das Amt des Beauftragten für den Dialog mit der islamischen Welt und den Dialog der Kulturen eingerichtet wurde.
Nach Karkoschka/Woelte lassen sich drei idealtypische Formen unterscheiden:

1. self-centered dialogue, d. h. Kommunikationsteilnehmer gehen für die wechselseitige Beurteilung vollständig von ihrer eigenen Kultur aus;
2. dominant dialogue, d. h. einer der Kommunizierenden nutzt seine Kenntnis der anderen Kultur und der Kulturunterschiede, um sein Gegenüber zu beherrschen
3. equal dialogue, im Idealfall basiert er auf dem gegenseitigen Verständnis der Kulturunterschiede und kulturbedingten Wertvorstellungen.

Das Problem in der Praxis ist, dass es keinen Beurteilungsmaßstab für einen funktionierenden kulturellen Dialog gibt. Wo schon die zweimal im Jahr stattfindenden Besuche eines lokalen Imam bei seinem christlichen Kollegen als erfolgreicher interkultureller Dialog auf Projektebene gefeiert werden, bleibt vom rhetorischen Anspruch in den Konzepten wenig übrig. Dialog auf Augenhöhe; Intrakulturelle Vielfalt

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Dialog, interreligiöser

Eine spezielle Form des >interkulturellen Dialogs in Bezug auf (Kulturen auch übergreifende) Religionsgemeinschaften. Zwischen den Vertretern der großen Glaubensgemeinschaften (v.a. christlicher Denominationen, des Judentums, des Islam) findet dieser Dialog schon lange statt. In der EZ ist damit in erster Linie der Dialog zwischen politischen Vertretern aus islamisch geprägten Staaten und westlichen Entscheidungsträgern gemeint.

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Dialogkompetenz

Dialogkompetenz ist eine wichtige Eigenschaft >interkultureller Kompetenz. Nach einem von Peter Senge und Kollegen am Massachusetts Institute for Technology (MIT) entwickelten Dialogkonzept, gehört zur Dialogkompetenz die Beachtung bestimmter "Kernfähigkeiten": die Haltung eines Lernenden einnehmen; ›radikalen Respekt‹ für den Partner entwickeln; offen sein; von Herzen sprechen und dem Gegenüber sorgfältig zuhören; den Dialogprozess verlangsamen und sich selbst beobachten lernen; Annahmen und Bewertungen zurückstellen (vgl. Hartkemeyer et al. 1998: 78-95).
Die im interkulturellen Dialog auftretenden verschiedenen Kommunikationshaltungen reflektieren dabei auch unterschiedliche kulturelle Kommunikationstypen, die im Laufe eines solchen Dialog-Prozesses wahrgenommen und unter Beachtung der Kommunikationsregeln ausgehandelt werden müssen.

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Diaspora

In einer immer stärker vernetzten Welt bekommen die Begriffe ›Heimat‹ und ›Fremde‹ eine neue Bedeutung. Sie sind nicht mehr territorial an das ›hier‹ oder ›dort‹ gebunden, sondern existieren gleichzeitig am selben Ort. Viele Menschen leben und arbeiten in der Fremde und schaffen sich dort eine ›Heimat fern der Heimat‹, ohne dabei jedoch den Bezug zu ihrer Herkunftskultur zu verlieren. Es kommt sogar vor, dass sich dieser Bezug überhaupt erst in der Fremde herstellt (vgl. Moosmüller 2002).
Der Begriff Diaspora (griech. Zerstreuung) bezog sich ursprünglich auf die von den Römern über das gesamte römische Reich zerstreuten Juden. Später wurde er auf die christliche Diaspora (z. B. in Ost- und Südostasien) bzw. innerhalb der christlichen Kirchen auf die konfessionelle Diasporasituation (z. B. Protestanten in Südeuropa) bezogen. Seit dem späten 20. Jahrhundert bezeichnet der Begriff Menschen oder ethnische Gruppen, die zwangsweise ihre traditionelle ethnische Heimat verlassen mussten und über andere Teile der Welt zerstreut in Minderheitssituationen leben. Die größte Zahl durch Flucht entwurzelter ethnischer Gruppen befindet sich in Afrika.
Diasporakulturen sind Formen transnationaler Kultur (Translokale soziale Praxis; Transnationalisierung), sie überspannen nationale Grenzen und stellen sie damit in Frage (Clifford 1995). "Die Unsicherheit oder Unmöglichkeit einer Rückkehr und die Probleme der Erhaltung kultureller Gemeinsamkeit unter den verschiedenartigen Bedingungen unterschiedlicher Gastländer stellen besondere Anforderungen an eine Kultur der Diaspora (Dabag/Platt 1993)", so Kokot (2003;
"Über die materiellen Probleme hinaus stellt die Diasporasituation die Frage der kulturellen Identität. Freiwillige oder erzwungene Ab- und Ausgrenzung einerseits, Assimilation bis zum Verlust der eigenen Wurzeln andererseits sind die Extreme, zwischen denen Diasporabevölkerungen ihren Weg suchen. Es entsteht eine Dreiecksbeziehung zwischen Herkunftskultur oder wahrgenommener ›Heimat‹, der jeweiligen Umgebung und den übrigen Diasporagemeinden, deren Geschichte und Situation so unterschiedlich sein kann, dass auch sie als ›fremd‹ wahrgenommen werden. (...).
Über die Beziehung zur Heimat bestehen in einer Diasporakultur oft divergierende Vorstellungen, die von verschiedenen Interessengruppen mit dem Anspruch vertreten werden, die eigentliche Identität zu definieren und damit Führungsrollen zu übernehmen. Die seit Jahrhunderten gewonnenen Erfahrungen im Umgang mit Identität können aber auch wertvoll sein für eine Welt, in der kulturelle Vielfalt zur Normalsituation wird" (Wikipedia 2004: Diaspora; Internetquelle).
Das Internet eröffnet ganz neue Wege der Kommunikation für Migranten in den Diasporas. Es verändert nicht nur die persönlichen Verbindungen zwischen den in der Diaspora lebenden Familienmitgliedern und ihren Familien zu Hause, sondern auf vielfältige Weise auch die Beziehungen zwischen Diasporas und ihren Herkunftsstaaten. "Das Internet intensiviert die Beziehung zwischen Staat und Diaspora. Aktivisten und Exilgemeinschaften weltweit nutzen die Macht der neuen Medien im Kampf gegen ihre politischen Gegner. Das Internet hilft zugleich, Regierungen einen engeren Kontakt zu ihren im Ausland lebenden Staatsbürgern zu etablieren." (Breidenbach/Zukrigl 2002a; Internetquelle).
Breidenbach/Nyíri (2002) zeigen in einer ethnographischen Studie, dass es in Diasporakulturen, wie z. B. die der Auslandschinesen in Ungarn, zu einer starken Diskrepanz zwischen der öffentlichen Selbstdarstellung und der veränderten Selbstwahrnehmung kommt: Während das nach außen projizierte Bild noch in großem Maße den auch von interkulturellen Experten stereotyp zugeordneten Merkmalen der dynamischen, hart arbeitenden und familienbewussten "chinesischen Werte" entspricht, verändern sich die tatsächlichen Lebensformen und Werte in der Diaspora durch neue Spielräume und den Kontakt mit fremden Lebensweisen. Die Auslandschinesen schätzen die neu gewonnen sozialen Freiheiten fast noch mehr als die materielle Lebensqualität, die oft hinter den Erwartungen zurückbleibt. "›Hier gibt es keine Parteizellen, keine Arbeitsgewerkschaften, keine Jugendliga, keine Frauenliga, keine Arbeitseinheit, kein Straßenkomitee. Für viele fühlt sich das Leben hier ganz neu an‹. Der geringere soziale Druck bringt es mit sich, dass Chinesen sich Freiheiten nehmen und ein Verhalten an den Tag legen, das in der eigenen Presse als ›typisch amerikanisch‹ beschrieben würde" (Breidenbach/Nyíri 2004: 29). Das Sich-patriotisch-Gerieren in der Öffentlichkeit macht trotzdem Sinn, weil die chinesischen Migranten in Ungarn in hohem Maße von den wirtschaftlichen Netzwerken und dem politischen ›Goodwill‹ ihres Herkunftslandes abhängig sind, das ein solches patriotisches Verhalten erwartet.
Entwicklungspolitisch werden derzeit vor allem die Nachteile (›Brain Drain‹) und die Vorteile (Rücküberweisungen, Impulse für die heimische Volkswirtschaft) der Migration für die Herkunftsländer diskutiert (vgl. Mundt 2004;) und weitere Beiträge in E+Z 10/2004). In der internationalen EZ ist es eine Überlegung, Vertreter der Ausland-Diaspora als in beiden Kulturen kompetente Experten verstärkt für die lokale Expertise im Rahmen von Entwicklungsprozessen zu gewinnen.
Ethnisierung; Ethnizität, politisierte; Exil; Heimat; Third culture

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Differenz, kulturelle

Die Annahme kultureller Differenz zwischen Nationen oder Angehörigen verschiedener Kulturen und die Notwendigkeit dazwischen zu vermitteln, ist ein wichtiger Pfeiler interkultureller Kompetenzarbeit. (Kulturdistanz)
Allerdings bezeichnet der Ausdruck Differenz im Allgemeinen einen Unterschied auf der Grundlage eines expliziten Vergleichsmaßstabs. Dieser explizite Vergleichsmaßstab existiert bei Kulturen nicht, da die Frage, was Kulturzugehörigkeit ausmacht, in hohem Maße Basis von Macht, Dominanz und Aushandlungsprozessen abhängig ist, und gerade heute mit Zunahme von Hybridisierungstendenzen und nebeneinander lebbaren Mehrfachidentitäten immer schwerer objektivierbar ist. (Identity Switching).
Eine ausgesprochen differenztheoretische Position vertrat in der Vergangenheit die interkulturelle Pädagogik (vor allem im Entstehungszusammenhang der "Ausländerpädagogik" der 1960er Jahre). Heute wird dieser Ansatz zumindest mit einer Bejahung und der Anerkennung der Unterschiede ("anerkennungs- oder akzeptanztheoretische Grundhaltung") verbunden. Dies ist bedeutsam, weil in konkreten Konfliktsituationen, die vordergründig kultureller/ethnischer Natur zu sein scheinen, immer auch die Frage wichtig ist, ob die kulturelle/ethnische Konfliktkarte hier nicht nur von einem (oder beiden) Akteuren ausgespielt wird, um einen darunter liegenden sozialen Konflikt zu kaschieren. (Essentialismus, strategischer)
Auch die interkulturelle Kompetenzforschung ist von dieser selbstreflexiven Frage nicht ausgenommen, da es ja für sie äußerst produktiv ist, möglichst an vielen Orten Kulturelle Differenz zu entdecken. Deshalb scheint es empfehlenswert, kulturelle Differenz einerseits als existent und auch im Zunehmen begriffen zu erkennen, gleichzeitig jedoch auch andererseits Sensibilisierungs-Parameter zu entwickeln, die es erlauben, tatsächliche Kulturkonflikte bzw. missverständlich laufende Kulturdialoge von "Camouflage-Kulturkonflikten" zu unterscheiden, und die Problematik von Differenzkategorien immer kritisch mitzudenken, nach dem Motto: Nicht Differenzen zwischen Kulturen führen zu Konflikten, sondern Missverständnisse über Kulturen.
Die neuere Diskussion zu kultureller Differenz lässt sich ganz gut verfolgen z.B. in: Boyacigiller et al. 2003; Mecheril 2002; Düssel et al. 2001.
Kompetenz, interkulturelle; Kulturdistanz

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Dimension, soziale

Soziale, soziokulturelle und sozioökonomische Dimensionen werden in der EZ-Literatur nicht sauber unterschieden und oft synonym verwendet. Sie betonen nur manchmal explizit den in ihrer Begrifflichkeit enthaltenen Fokus. So fällt z. B. vieles, was im deutschsprachigen Kontext unter die soziokulturelle oder kulturelle Dimension subsumiert wird, im anglophonen Raum unter die ›social dimension‹.
Neubert (1999) fasst die soziale Dimension der EZ wie folgt zusammen: "Sozial" bedeutet, "die Ordnung der menschlichen Gesellschaft betreffend" und bezieht sich auf das Verhältnis zwischen Individuen, zwischen Individuen und Gruppen und zwischen Gruppen innerhalb einer Gesellschaft. Nach einer Definition der Weltbank ist mit der sozialen Dimension das Wohlergehen von Menschen gemeint, d. h. ihre Lebensqualität, ihre Bildung und die Qualität und Dauerhaftigkeit ihrer Institutionen und Beziehungen. Im entwicklungspolitischen Zusammenhang stellt die soziale Dimension ein Querschnittskriterium dar, das in einer kulturellen, politischen und ökonomischen Dimension wirksam wird." (Neubert 1999;)
Neubert fährt fort: "Die soziale Dimension wurde bis vor wenigen Jahren als Planungs- und Bewertungsebene der Entwicklungszusammenarbeit vernachlässigt. Erste Ansätze zur Operationalisierung sozioökonomischer Wirkungen wurden von der Wissenschaft zwar bereits im Rahmen des Grundbedürfnis-Ansatzes der 70er Jahre erarbeitet. Als zentraler Aspekt der Projektbewertung gilt die soziale Dimension jedoch erst, seitdem die Wirksamkeit von Entwicklungsprojekten öffentlich diskutiert wird und die Legitimität des gesamten Politikfeldes in Frage steht. (...) Um die Operationalisierung sozialer Entwicklung bemühen sich verschiedene Entwicklungsorganisationen. Während Arbeitskreise der Weltbank und des Department for International Development (DFID) Rahmenkonzepte für die Makro- und Mesoebene entwickelt haben, präsentierte die Overseas Development Administration (ODA) schon einige Jahre früher ein Konzept zu sozialen Schlüsselprozessen, unter die alle relevanten sozialen Kategorien subsumierbar sind und die die Entwicklung des Lebensstandards, den Zugang zu Ressourcen, die Aneignung von Wissen sowie die Beteiligung an Rechten und Macht enthalten" (Neubert 1999;). Neubert selbst hat für die Mikroebene ein eigenes Instrument zur armutsorientierten sozialen Wirkungsanalyse (SWAP) entwickelt (vgl. Neubert 1999).
Die soziale Dimension spielt außerdem als eine der vier Dimensionen von nachhaltiger Entwicklung (soziale, wirtschaftliche, ökologische, politisch-institutionelle Dimension) eine Rolle und könnte auch einen kulturellen Diskurs zu nachhaltiger Entwicklung befördern.

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Diskurs

Diskurse werden als historisch bestimmte Aussageformationen definiert, die festlegen, was gesagt und nicht gesagt werden kann, was überhaupt diskutierbar ist. Ihre Institutionalisierung legt auch fest, wer zu Aussagen, Fragen, Zweifeln befugt ist.
Diskurse gehören nach Foucault immer einem ganz bestimmten Formationsgebiet zu, wie z. B. der Klinik, der Psychiatrie, der Sexualwissenschaft oder der Ökonomie. Diskurse produzieren danach auf geregelte Weise soziale Gegenstände wie Wahrheit, Realität und Normalität bzw. Wahnsinn, Lüge und Abweichung sowie die ihnen entsprechenden Subjektivitäten (Babka 2003b; Internetquelle).
Der Begriff vom ›herrschaftsfreien Diskurs‹ ist eng mit der Philosophie Jürgen Habermas' verknüpft. Demnach sind die beste Versicherung für wahre Erkenntnisse, richtige Normen und wahrhafte Gefühle der herrschaftsfreie Diskurs, der ein rational nachvollziehbares Ergebnis liefern wird (vgl. Wikipedia 2004: Diskurs; Internetquelle).
In der Realität positionieren sich Individuen und Gruppen in gesellschaftlichen Diskursen. Dies steht jedoch immer im Zusammenhang mit >Macht. Wer die Macht hat, definiert den Diskurs. Diskurse sind in diesem Sinne nicht ›unschuldig‹ (Auernheimer 2003: 72).

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Dissenzbewusstsein

Ein voreiliger oder zwanghaft herbeigeführter Konsens wirkt langfristig in der Regel negativ, weil er (kulturelle) Unterschiede nur verdeckt, aber nicht beseitigt. Unterschiedliche Positionen und Standpunkte bewusst zu halten, ist dementsprechend wichtig, um eine Akzeptanz aller Beteiligten herbeiführen zu können (IKO 2004; Internetquelle).

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Divergenz vs. Konvergenz

Angesichts der fortschreitenden Globalisierung werden zwei unterschiedliche Entwicklungen prognostiziert. In der Konvergenzhypothese wird davon ausgegangen, dass die globale Vernetzung von Kulturen, Nationen, Menschen etc. zu einer kulturellen Globalisierung, d. h. einer Nivellierung kultureller Unterschiede führt. In der Divergenzhypothese wird eben diese Option einer Weltkultur bestritten und der Erhalt der kulturellen Differenz bzw. das weitere Auseinanderlaufen unterschiedlicher Kulturentwürfe prognostiziert (Kulturalismus).
Globalisierungstheoretiker wie Beck (1997 u. a.) oder Robertson (1998) entwickeln unter Stichworten wie Glokalisierung Modelle und Theorien, die einen Brückenschlag zwischen den genannten Extrempositionen anstreben (vgl. Wille 2003).

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Diversitätskompetenz

Der Ausdruck stammt aus der Diversity-Forschung. Man unterscheidet fünf Stufen von Diversitätskompetenz: Akzeptanz von Differenzen; Diversitätstoleranz; Diversitätsgestaltung; Diversitätskultur; Koevolution; kulturelle Vielfalt.

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Diversity

Vielfalt, kulturelle

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Dritte Welt

Das Glossar "Internationale Politik, Entwicklung und Frieden" erläutert die Verwendung des Begriffs wie folgt: "Alle Begriffe, die im Vergleich zum ›Westen‹ ärmere, weniger industrialisierte Länder meinen, haben ihre Nachteile. Früher waren mit ›Erster Welt‹ die Industrieländer gemeint, im wesentlichen Westeuropa, Nordamerika, Japan, Australien und Neuseeland. Mit ›Zweiter Welt‹ waren die Ostblock-Länder und mit ›Dritter Welt‹ der ›Rest‹ gemeint.
Zwischenzeitlich wurde der aus dem Französischen stammende Begriff, der 1961 durch Frantz Fanons Schrift "Die Verdammten dieser Erde" als Bezeichnung für die kolonialisierten, unterentwickelten Ländern eingeführt wurde, nur mit einem ›so genannte‹ davor verwendet.
Inzwischen ist auch von ›Vierter Welt‹ die Rede, wenn man die ökonomisch ›am wenigsten entwickelten Länder‹ meint. Schon die Position am Schluss der Aufzählung ließ manchen diese Kategorisierung nicht akzeptieren; des weiteren wird hier der Eindruck einer so nicht vorhandenen Einheit der Länder in ihrer jeweiligen Kategorie erweckt. Der Begriff ›Entwicklungsländer‹ wird ebenso kritisiert, weil er Entwicklung vortäusche, die in Wirklichkeit nicht stattfinde, oder weil er ein Entwicklungsdefizit meint, das eigentlich auch für die Industrieländer gelte, die zwar entwickelt, aber falsch entwickelt seien. Da alle Begriffe ihre Nachteile haben, bleibt festzustellen, dass bei ›Dritter Welt‹ doch zumindest einigermaßen klar ist, was gemeint ist: die ärmeren Länder, die nicht über die Möglichkeit verfügen, ihrer Bevölkerung einen Lebensstandard wie in den industrialisierten Ländern zu sichern" (Internationale Politik, Frieden und Entwicklung (o. J.); Internetquelle).

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Dritter Sektor

Dritter Sektor (nicht zu verwechseln mit "Tertiärer" = Dienstleistungs-Sektor) bezeichnet in Abgrenzung zum Staat (1. Sektor) und der profitorientierten Marktwirtschaft (2. Sektor) die dazwischen liegenden ›intermediären‹ Gesellschaftsformen, die Organisationen der Zivilgesellschaft, genauer die gemeinnützigen "Not-for-Profit"-Organisationen. "Die Besonderheit des Dritten Sektors liegt in der Verknüpfung von freiwilligem Engagement und Erwerbsarbeit, von Dienstleistungserbringung, Partizipation und politischen Aktivitäten und schließlich in der Integration wirtschaftlicher und sozialer Ziele." (Kotlenga/Klute 2004).
Die Gleichsetzung mit Zivilgesellschaft ist gebräuchlich, aber umstritten, weil hierzu auch profitorientierte Gesellschaften gezählt werden. "Der Begriff ist dynamisch zu verstehen, es gibt Überschneidungen und Weiterentwicklungen. Zum Dritten Sektor zählen auf europäischer Ebene auch die Genossenschaften, Gegenseitigkeits-Gesellschaften (z. B. Versicherungen) und Stiftungen, sowie Aktionsgruppen und Initiativen bürgerschaftlichen Engagements ohne eigenen rechtlichen Status" (Weidel 2002: 9; cit. in: Grützke/Boual 2002).
Der Begriff ist durch seine Verwendung in den USA als Gegenmodell zum sozialorientierten Staat ideologisch einseitig belastet. Problematisch wird dies auch in einzelnen Überlegungen in der EZ-Szene, den Staat durch Übertragung von staatlichen Aufgaben (z. B. Bildung) auf den Dritten Sektor von seinen Aufgaben zu ›entlasten‹. Auch sieht sich der Dritte Sektor einer Neubestimmung des ordnungspolitischen Rahmens für die Liberalisierung von Dienstleistungsmärkten durch das Welthandelsabkommen (GATS) gegenüber, was z. B. seine steuerrechtlichen Privilegien in Frage stellt. Dem wird unter anderem in einem: "Memorandum für einen gemeinwohlorientierten Dritten Sektor" entgegengewirkt.
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Begriffe: D

Demokratie, kulturelle
Demokratie, multikulturelle
Dependenz
Determinismus, kultureller
Deutungsmuster, kulturelle
DEZA
Dialog auf Augenhöhe
Dialog, interkultureller
Dialog, interreligiöser
Dialogkompetenz
Diaspora
Differenz, kulturelle
Dimension, soziale
Diskurs
Dissenzbewusst-
sein

Divergenz vs. Konvergenz
Diversitäts-
kompetenz

Diversity
Dritte Welt
Dritter Sektor
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